FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2016

unter den Ankaufsrenditen, sondern auch relativ nahe am Zero-Bond liegen. Dieses Geschäfts- modell ist für den Anleger uninteressant. Heuser: Können die Immobilienfonds denn nichts mehr verdienen? Archner: Es ist gut, wenn man mit aktivem Asset Management im bestehenden Portfolio Potenziale heben kann. Aber wenn Sie heute kaufen müssen, sieht die Welt schon ein biss- chen anders aus. Immobilien werden momentan als Krisengewinner gesehen, das sind sie aber nur partiell. Ich sehe das ähnlich wie bei den Banken, dass nämlich die Ertragsseite erodiert. Das ist nicht unkritisch. Das Thema ist: Wo wol- len Sie in einem Immobilienfonds Potenziale heben? Der Fehlerspielraum ist verdammt klein geworden und fast nicht mehr existent. Es darf nichts mehr passieren. Wir werden zwar bei Immobilien nominal keine negativen Renditen sehen, aber möglicherweise auf Fondsebene. Knorr: Bei den Bestandsfonds hat man auch andere Ankaufsjahre und eventuell Bewertungs- reserven. Und die Zurückhaltung der Publikums- fonds ist auch dadurch zu erklären, dass sie eine viel höhere Kostenstruktur haben als Spezial- fonds. Die hohe Liquiditätsquote ist regulatorisch vorgegeben, weil die Pu- blikumsfonds Liquidität vorhalten müs- sen. Damit haben sie eine ganz andere Ausgangssituation als der Spezialfonds, der jetzt frisch aufbaut, und zwar mit einer geringeren Kostenstruktur und einer geringeren Liquiditätsquote. Archner: Der Spezialfonds hat aber eine höhere Renditeanforderung als der Pu- blikumsfonds. Beim Privatanleger hat der offene Publikumsfonds im Prinzip zwei Benchmarks: die zehnjährige Staatsanleihe und die Inflationsrate. So- lange die nominale Ausschüttungsren- dite bei den Immobilienfonds höher ist, haben wir kein Problem. Und deswegen wollen die Anleger in die Immobilien- fonds hinein, die zumachen müssen, weil zu viele Anleger hineinwollen. Knorr: Der Immobilienfonds wird als Substitutprodukt genutzt, obwohl es jetzt eine zweijährige Mindesthaltedauer und eine einjährige Kündigungsfrist gibt. Das ist dem Anleger immer noch lieber, als zum Beispiel in den Geld- markt zu gehen. Weinrich: Das Zeitfenster, ein neues diversifi- ziertes Produkt auf den Markt bringen, ist zu. Das kann man konstatieren. Mit den heutigen Marktparametern ist am Ende eine attraktive Rendite nach Kosten für den Privatanleger eher fraglich. Wir sehen unterdessen neue Fonds mit Spezialimmobilien, wobei das keine breit diver- sifizierten Produkte sind. Otto: Versetzen wir uns die Lage eines Anlegers: Was möchte er? Die Vermögensvermehrung, die ihm früher versprochen wurde, ist nicht mehr leistbar. Heute will der Anleger das Versprechen „Wir bewahren Ihr Vermögen“ hören. Endlweber: Was meinen Sie damit? Otto: Viele fragen, was sie tun sollen, um ihr Vermögen abzusichern. Es wird nicht mehr nach drei oder vier Prozent Rendite gefragt. Nehmen Sie das Wiener Zinshaus her, das alt ist und bei dem Sie auch immer wieder in die Erhaltung investieren müssen: Wenn sich dort am Ende des Jahres die Erhaltung des Hauses mit den Miet- einnahmen ausgeht, ist das wunderbar. Damit sind sehr viele – vielleicht eigenwillige Öster- reicher und Wiener – schon zufrieden. Endlweber: Nach der Bestandsaufnahme drängen sich zwei Fragen auf. Wo lohnt sich noch der Einstieg, in welchen Märkten sollte man sich zurückhalten? Mit welchen Im- mobilien kann man überhaupt noch Geld verdienen, und wie viel Risiko ist dafür not- wendig? Wachter: Ich persönlich hätte am liebsten einen globalen Mischfonds über alle Nutzungsarten und für jedes Land und für jede Nutzungsart einen Spezialisten dazu. Es droht doch die Gefahr, dass man in Immobilien investiert, von denen man keine Ahnung hat. Der Manager muss die Immobilien wirklich im Griff haben Thomas Beyerle, Catella Property Valuation: „Die Investoren halten sich inzwischen zwölf Wochen in der Due Diligence auf, weil gerade bei den Bestandsobjekten tief gebohrt wird.“ Oliver Weinrich, Drescher & Cie. Immo Consult: „Für einen Analysten ist der Brexit toll. Endlich ist wieder etwas los an den Märkten.“ 150 www.fondsprofessionell.de | 3/2016 roundtable I immobilien Fotos: © Christoph Hemmerich » Die Zurückhaltung der Publikumsfonds ist auch dadurch zu erklären, dass sie eine viel höhere Kostenstruktur haben als Spezialfonds. « Sonja Knorr, Scope Analysis

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