FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2016

in gewissen Marktphasen eindimensional unter- wegs zu sein und zu glauben, dass der Markt nur eine Richtung kennt. Aber jede Marktentwick- lung hat natürlich auch einen Gegenpol. Die Innenstädte werden gerade in den absoluten Top- zentren zu teuer, also geht es ein Stück weit wie- der nach draußen. Warum nicht! Endlweber: Droht nicht auch eine gewisse Sät- tigung in den Nischenmärkten, die ja kleiner als die Kernmärkte sind, aber im Moment mit sehr viel Kapital überflutet werden? Bei den Seniorenresidenzen gibt es vielleicht kein demografisches Risiko, dafür aber bei den Studenten, die mittelfristig weniger werden. Besteht nicht die Gefahr, dass die Risiken in den Nischenmärkten unterschätzt werden? Beyerle: Die Briten kennen das Thema studen- tisches Wohnen schon 25 Jahre. In Deutschland haben wir es nicht einmal geschafft, den Begriff richtig zu definieren. Im Moment bedienen Investoren einen Markt, der genau in Richtung Urbanisierung läuft. Ich sehe nicht unbedingt ein Abflachen der Nachfrage nach urbanen Wohn- gegenden. Es gibt immer ein Auf und Ab. Die Frage ist nur, wie weit die Mietsteigerungs- potenziale ausreizbar sind, und ich bin der Mei- nung, sie werden noch ausreizbar sein, weil viele bereit sind, wenn auch viel- leicht nur mit der Faust in der Tasche, mehr für das Wohnen in der Stadt zu bezahlen. Endlweber: Von Ihnen weiß man ja, dass Sie ein Verfechter der Nischen sind. Beyerle: Ich kämpfe für die Nischen- märkte, auch weil sie die taktischen Renditeanforderungen befriedigen. Mi- kroapartments sind fantastisch, solange sie in der Innenstadt liegen. Lemli: Aus Investorensicht stehen wir am Anfang. Die Nischenmärkte ent- wickeln sich gerade als Investitionsthe- ma. Hier werden wir in den nächsten Jahren Wachstum sehen. Heuser: Politische Entscheidungen, zum Beispiel der schon erwähnte Brexit, spielen auf Kapitalmärkten eine Rolle. In Deutschland und ande- ren europäischen Ländern stehen Wahlen an. Manche sehen den Zu- sammenhalt der Eurozone in Gefahr. Spielen die politischen Entscheidungen, die für die normalen Kapitalmärkte relevant sind, auch bei Immobilien eine Rolle? Beyerle: Pointiert formuliert werden wir auch mit dem Volksvotum 2018 und einer rot-rot- roten Regierung umgehen können. Archner: Das spielt immer eine Rolle. Es geht insbesondere um Rechtssicherheit, die besonders für institutionelle Investoren sehr wichtig ist. Deshalb geht kaum einer in den russischen oder chinesischen Markt. Ansonsten werden generell schon Szenarien durchgespielt und danach even- tuell Anpassungen zum Beispiel in den Mietver- trägen gemacht. Trotzdem wird investiert. Sehen Sie sich Spanien an: Es gibt dort immer noch keine Regierung, die Wahl eines Regierungs- chefs ist zum dritten Mal gescheitert, und trotz- dem werden spanische und portugiesische Immobilien gekauft. Politische Entscheidungen haben bei Immobilien wesentlich kürzere Beine als an den Kapitalmärkten. Lemli: Die Brexit-Entscheidung wurde von den Investoren mit Zurückhaltung quittiert. Bei Ihrem Beispiel Spanien stimme ich Ihnen zu. Archner: Zurückhaltung ist etwas Neutrales. Da staut sich gegebenenfalls wieder ein Investment- bedarf auf. Wir haben keine Marktevidenzen, wie sich der Brexit auswirken wird. Lemli: Die Preise fallen, und das Investitions- volumen geht runter. Archner: Man muss abwarten, auch auf die Reaktionen auf der Mietseite. Es ist alles noch sehr prognostisch. Das Euro-Thema würde we- sentlich dramatischer einschlagen als der Brexit. Das heißt: Wer glaubt, dass der Brexit schon gra- vierende Auswirkungen hat, dürfte auch nicht in Spanien oder Portugal kaufen. Dann dürften Sie im Zweifel nur in Deutschland kaufen, vielleicht noch in Österreich. Alexander Endlweber, FONDS professionell: „Bei den Senioren- residenzen gibt es vielleicht kein demografisches Risiko, dafür aber bei den Studenten, die mittelfristig weniger werden.“ Marcus Lemli, Savills: „Wir beobachten ein gestiegenes Interesse an Immobilien mit höheren laufenden Renditen, die man aktiv managen muss.“ 156 www.fondsprofessionell.de | 3/2016 roundtable I immobilien Fotos: © Christoph Hemmerich » Wir neigen dazu, in gewissen Marktphasen eindimensional unterwegs zu sein und zu glauben, dass der Markt nur eine Richtung kennt. « Oliver Weinrich, Drescher & Cie.

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