FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2016

160 www.fondsprofessionell.de | 3/2016 sachwerte I crowdinvesting Foto: © Fotolia | Richard Carey B is vor Kurzem genoss die Crowdfun- ding-Szene das Image, jung, dyna- misch und innovativ zu sein. Ent- sprechend groß fiel auch die politische und mediale Unterstützung aus. Doch die Zeiten ändern sich: Auch für die Initiativen, die via Internet Produkte finanzieren („funding“), Kapital für unternehmerische Projekte ein- sammeln („investing“) oder Kre- ditgeber und Kreditnehmer zu- sammenbringen („lending“), wird die Regulierung zum Thema. Der Sachverständigenrat für Ver- braucherfragen (SVR) beschäftigte sich im Juli mit Crowdinvesting und kritisierte die dafür vorgesehenen Aus- nahmen im Kleinanlegerschutzgesetz. Das Gesetz ist seit Sommer 2015 in Kraft und macht partiarische Darlehen, Nachrangdarlehen, Genussrechte, Na- mensschuldverschreibungen und Direkt- investments zu Vermögensanlagen. Und wer solche Finanzierungsvehikel emit- tiert, muss sich seither an die Regeln des Vermögensanlagengesetzes halten. Allerdings bleiben spezielle Plattformen davon unter be- stimmten – leicht zu erfüllenden – Vorausset- zungen verschont. Nämlich dann, wenn die Plattform eine Erlaubnis als Wertpapierdienst- leistungsunternehmen oder als Finanzanlagen- vermittler hat. Dem Sachverständigenrat, ein Beratungsgremium des Justiz- und Verbrau- cherschutzministeriums, ist die Vorzugsbe- handlung für die Crowdinvesting-Szene ein Dorn im Auge. „Viele Anleger dürften gar nicht bemerken, dass hier nicht derselbe Schutz durch die Finanzaufsicht existiert wie bei den gängigen Anlageprodukten“, meint der Sachverständige Andreas Oehler. Er for- dert, dass Crowdinvesting schnell als Finanz- instrument nach demWertpapierhandelsgesetz geregelt wird und Plattformen unter die Auf- sicht der Bafin gestellt werden. Die Akteure wehrt sich Der Bundesverband Crowdfunding ist da- mit nicht einverstanden. Er fordert die Regie- rung stattdessen auf, „die Evaluierung des Kleinanlegerschutzes zu nutzen, um den Crowdfunding-Markt weiterzuentwickeln“ . Noch im September wollte der Verband einen Vorschlag für eine bessere Regulierung unter- breiten. Ziel sei, den deutschen Markt im europäischen Wettbewerb zu stärken. Die Kri- tik des Sachverständigenrats können die Platt- formbetreiber nicht nachvollziehen. „Dadurch, dass im Crowdinvesting umfangreiche Infor- mationen online verfügbar sind, besteht bereits ein hohes Maß an Transparenz für An- leger“, meint Fundernation-Geschäftsführerin Uli Fricke. Sie und viele Branchenkollegen vertreten die Auffassung, dass die Risikoauf- klärung und Warnhinweise für die Anleger bei den seriösen Plattformen ausreichen. Insgesamt bewegte der deutsche Crowdfun- ding-Markt 2015 rund 249 Millionen Euro, 78 Prozent mehr als im Jahr davor. In dieser Zahl sind alle Crowdfunding-Formen inklu- sive Crowdlending und Finanzierungen auf Spendenbasis berücksichtigt. Im europäischen Vergleich liegt Deutschland damit auf Platz drei hinter Großbritannien (4,3 Mrd. Euro) und Frankreich (319 Mrd. Euro), wie eine ge- meinsame Studie der University of Cam- bridge und KPMG zeigt. Nun fordert der Ver- band eine „Unterstützung der Bundesregie- rung, um 2016 im Marktzahlenranking europaweit nach oben zu klettern“. Die junge Branche brauche Wachstum, um sich als ernstzunehmende alter- native Finanzierungsform für jun- ge und mittelständische Unter- nehmen zu etablieren. Bisher verdienen die Plattfor- men übrigens kaum Geld. Sie benötigen mehr Umsatz, den sie allein über das Internet nur mit Mühe erreichen. Darum knüpfen inzwischen auch immer mehr Crowdinvesting-Plattformen Kon- takte zu externen Vertrieben. FONDS professionell hat erneut füh- rende Plattformen zu ihrer Vertriebsstrate- gie befragt. Das Ergebnis ist ein aktualisierter Überblick zu den Unternehmen, die mit Be- ratern, Vermittlern und Vermögensverwaltern kooperieren (siehe Tabelle). „Es reicht nicht, nur eine funktionierende Plattform zu haben und auf hohe Zugriffszahlen zu setzen“, meint Simon Brunke, Vorstand von Exporo. Seiner Meinung nach wollen Kunden, die öfter und mehr als nur 100 oder 250 Euro zu investie- ren bereit sind, durchaus von Beratern beglei- tet werden. Die dürfen nur beraten, aber nicht abschließen, wenn das Crowdinvestment die Ausnahmen des Kleinanlegerschutzgesetzes nutzt. Liegt ein Vermögensanlagenprospekt vor, ist das anders. Der lohnt sich aber nur für Projekte, die eine oder besser zwei Millionen Euro einwerben sollten. Solche Angebote könnten demnächst öfter auf den Markt kom- men. Denn die Zahl der auf Immobilien spe- zialisierten Plattformen nimmt zu, auch die Initiatoren geschlossener Fonds interessieren sich vermehrt für Crowdinvestments. Ihr Vor- teil: Sie bringen Vertriebskontakte und einen Investorenstamm mit. Maklerpools und Ver- mögensverwalter könnten eine Schnittstelle bilden und dafür sorgen, dass das onlineba- sierte Crowdfunding und althergebrachte Konzepte zusammenfinden. Einfach wird das nicht: Denn erst muss die Sachwertbranche ihren ramponierten Ruf wiederherstellen. ALEXANDER ENDLWEBER | FP Den wilden Schwarm bändigen – das wün- schen sich manche Verbraucherschützer. Ob das gelingt, ist al- lerdings offen. Bislang genießt Crowdinvesting große Freiheiten. Der Sachverständigenrat für Verbraucherfragen fordert strengere Regeln für das Crowdfunding. Derweil knüpfen die Plattformen Kontakte zu Finanzdienstleistern. Ein unkontrollierter Schwarm ?

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