FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2016

171 www.fondsprofessionell.de | 3/2016 bestätigt laut Borchardt diese Einschätzung. Der Insolvenzverwalter bezweifelt also, dass die Anleger Eigentümer der Container sind und Anspruch auf die Mietzahlungen haben. Borchardt räumt zwar ein, dass die Anle- ger auch Rechte haben, aber welche Ansprü- che sie hätten, müsse ein Gericht klären. „Bis zur Schaffung der Rechtssicherheit kann eine Auszahlung einzelner Mietansprüche nicht erfolgen“, so Borchardt. Anleger müssen also womöglich mehrere Jahre um die Miet- zahlungen bangen, bis die Gerichtsverfahren abgeschlossen sind. Juristen erwarten, dass der Fall bis zum Bundesgerichtshof geht. Entspre- chend lange würde das Insolvenzverfahren andauern und die laufenden Kosten die Insol- venzmasse aufzehren. Erste Konfrontation im Oktober Das Insolvenzrecht mag auf den ersten Blick zwar eindeutig sein (siehe Kasten vorige Seite). Der Insolvenzverwalter hat aber die Möglichkeit, die Ansprüche der Anleger an- zufechten. Mit welchen Argumenten er das tut, ist unklar. Öffentlich begründete Borchardt sein Vorgehen zunächst so: „Die Frage, ob Ihnen die Mietforderungen gegenüber den Reedereien direkt zustehen, (…) muss (…) verneint werden. Magellan hat den Investoren die Mietforderungen bei Vertragsschluss nicht rechtswirksam abgetreten und ist somit selbst Inhaber der Mietforderungen.“ Nachfragen zu seinen knappen Statements beantwortet er nicht, und das CMS-Gutachten gibt er nicht heraus. Das bringt die Anleger, Vertriebe und Anlegeranwälte auf die Barri- kaden. Ein Aufstand ist jedoch zwecklos. Bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens, die am 1. September erfolgte, waren sie machtlos. Erst auf der ersten Gläubigerversammlung, die am 18. Oktober in Hamburg stattfinden soll, können die Anleger aktiv werden. Bei diesem Termin werden wichtige Be- schlüsse gefasst: Einerseits muss der vom Gericht bestellte Insolvenzverwalter bestätigt werden. Er kann aber auch abgewählt und neu bestimmt werden. Andererseits wird ein Gläubigerausschuss bestellt, der ebenfalls ent- weder aus dem vorläufigen Verfahren bestä- tigt oder neu besetzt werden kann. Anlegervertreter wappnen sich für diesen Termin. Einer von ihnen ist Rechtsanwalt Peter Mattil aus München. Er ist fest davon überzeugt, dass der Insolvenzverwalter nicht rechtens handelt. „Die Verträge sind eindeutig und nicht auslegbar: Die Mieten müssen aus- gesondert werden“, meint Mattil. Der Knack- punkt ist die Eigentumsfrage. „Grundsätzlich kann ein Insolvenzverwalter behaupten, dass geschlossene Verträge nicht für den rechtmä- ßigen Übergang von Eigentum ausreichen“, erklärt Stephan Madaus, Rechtsprofessor von der Universität Halle. Im Zweifel müsse in einem zivilrechtlichen Verfahren geklärt wer- den, ob es eine Vollrechtsübertragung gab. Die Entscheidung der letzten Instanz sei dann für den Insolvenzverwalter bindend. Folglich müssen die Anleger zu Gericht ge- hen, um gegen den Insolvenzverwalter vorzu- gehen. Dort müssen sie ihre Eigentumsposi- tion belegen. Widerspricht der Insolvenzver- walter, muss er beweisen, dass die Anleger nicht die Containereigentümer sind. „Bei Immobilien, Grundstücken, Wäldern oder Firmenanteilen ist das mit Grundbuch- und Registerauszügen leicht möglich“, so Madaus. Bei den Containern bekommen die Anleger von den Anbietern auch einen Nachweis. Bei Magellan ist das in den Kaufverträgen aber „nur“ so geregelt: „Der Investor erhält zum Nachweis seiner Rechtsposition als Eigentü- mer der vorgenannten Container ein Eigen- tumszertifikat der Verkäuferin, aus dem die Containerspezifikation und Identifikations- nummer (internationaler Code) des Klassifi- zierungsunternehmens hervorgeht.“ Dieser Passus wird bei Gericht ebenso eine wichtige Rolle spielen wie der Verwaltungsvertrag zwi- schen Magellan und den Anlegern. Denn dort heißt es: „Sämtliche Rechte und Pflichten aus dem Miet- oder Verwaltungsver- hältnis gehen gleichzeitig mit der Eigentums- übertragung auf den Investor über. (…) Die Abtretung wird hinfällig, sobald der Vertrag gekündigt oder Magellan aus sonstigen Grün- den nicht mehr in der Lage ist, die nach die- sem Vertrag geschuldeten Leistungen zu er- bringen. (…) Die Rechte aus dem Miet- oder Verwaltungsverhältnis werden dann von dem Investor oder einem von diesem bestellten neuen Verwalter unmittelbar wahrgenom- men.“ Deshalb ist der Hamburger Insolvenz- verwalter Detlef M. Klör der Auffassung, dass die Verträge eindeutig zugunsten der Anleger gefasst sind: „Die Eigentumsfrage ist unstrit- tig, und die Mieten, die von den Reedereien bezahlt werden, stehen den Anlegern zu.“ Allenfalls könne man darüber streiten, ob die Peter-Alexander Borchardt, Insolvenzverwalter: „Bei der Prüfung der Verträge sind Widersprüche aufgefallen.“ Herausforderungen auf dem Containermarkt Der Containerumschlag hat sich im Jahr 2015 ex- trem schwach entwickelt. Er nahm nach Angaben des Branchendienstes Alphaliner nur um 1,2 Prozent zu. Es wurden weltweit etwa 707 Millionen TEU umgeschlagen. Im ersten Halbjahr 2016 haben sich die Umschlagszahlen regional sehr unterschiedlich entwickelt (Südasien +9,0 Prozent, Südeuropa +4,2 Prozent, Afrika –11,2 Prozent und Mittel- und Südamerika –3,9 Prozent). Für das Ge- samtjahr rechnet Alphaliner weltweit nur mit 0,3 Prozent Zuwachs. Im Lauf des Jahre 2015 ist die Produktion neuer Standardcontainer stark zurückgefahren worden. Des- halb ist die weltweite Containerflotte „nur“ um 3,5 Prozent auf 34,3 Millionen TEU per Ende 2015 gewachsen. Im ersten Halbjahr sind die Kapazitäten kaum gestiegen. Der durchschnittliche Verkaufspreis für einen fa- brikneuen 20-Fuß-Standardcontainer lag im ersten Halb- jahr 2016 bei rund 1.370 US-Dollar. Dieser Preis gilt ab Werk und ohne Mietvertrag. Damit befinden sich die Prei- se für Neucontainer historisch betrachtet auf einem sehr niedrigen Niveau. Der Preis für einen zwölf Jahre alten gebrauchten 20-Fuß-Standardcontainer lag nach Angaben des Branchendienstes Drewry im zweiten Quartal 2016 bei durchschnittlich 775 US-Dollar nach 800 US-Dollar im ersten Quartal 2016. Die Miete für einen 20-Fuß-Standardcontainer betrug im vergangenen Jahr durchschnittlich 0,42 US-Dollar pro Tag. Es handelt sich um die Leasingrate für einen neuen Container im Rahmen einer langfristigen Vermietung über fünf Jahre. Im ersten Quartal dieses Jahres fielen die Mieten auf den Tiefstwert von 0,30 US-Dollar, ehe es im zweiten Quartal eine leichte Verbesserung auf 0,32 US- Dollar gab. Für Anschlussvermietungen bei fünf Jahre alten Containern gab Drewry zuletzt etwas höhere Leasingraten an. Alle Mietangaben sind nur indikative Werte für neue Miet- verträge, denn die tatsächliche Miete ist unter anderem von der Bonität des Mieters, vom Alter des Containers und von den Reparatur- und Rückgabebedingungen ab- hängig. Deshalb sollten die Leasingraten von Containern mit bereits länger laufenden Mietverträgen höher sein als die aktuell von Drewry genannten Durchschnittswerte.

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=