FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2016
186 www.fondsprofessionell.de | 3/2016 Um zu einer realistischen Vorstellung vom Firmenwert und damit zu einer vernünftigen Verhandlungsbasis zu kommen, setzen spe- zialisierte Berater bestimmte Bewertungsmo- delle ein. „Drei Methoden gelten als gängige Verfahren“, sagt Horst Friedrich, Inhaber des Beratungshauses Advisos Corporate Finance aus Oberursel: die Multiplikatoren-Methode, das Discounted-Cashflow-Verfahren und die Ermittlung des Ertragswertes. Unkompliziertes Multiples „Das Multiplikatoren-Verfahren ist recht unkompliziert“, sagt Friedrich. Als Basisgröße für die Berechnung des Firmenwertes wird eine betriebswirtschaftliche Kennzahl heran- gezogen, die den Gewinn des Unternehmens angibt, meist das Ebit. Bei der Multiplikato- ren-Methode wird das Ebit mit einem be- stimmten Faktor, dem Multiple, multipliziert. Da Zinsen im Ebit noch nicht berücksichtigt sind, werden diese abgezogen. So errechnet sich der Eigenkapitalwert des Unternehmens. Die Multiples ergeben sich unter anderem aus vergleichbaren Transaktionen, sind also Fak- toren, die sich beim Verkauf ähnlich aufge- stellter Unternehmen innerhalb eines gewissen Zeitraums durchschnittlich realisieren ließen. Abgezinste Zahlungsströme Das zweite gängige Verfahren zur Ermitt- lung des Unternehmenswertes und eines mög- lichen Kaufpreises ist die Methode des Dis- counted Cashflow. „Dabei plant man in einem ersten Schritt den jährlichen Cashflow, den die Firma in den kommenden vier bis sechs Jahren voraussichtlich erzielen wird“, erklärt Friedrich. Danach müssen die Cashflows be- rechnet werden, die das Unternehmen nach Ablauf dieser Frist erwirtschaften wird. Das ist der zweite Schritt. Sind die Cashflows für die kommenden vier bis sechs Jahres errechnet, so wird jede Jahressumme auf ihren heutigen Wert ab- gezinst. Dafür wird ein bestimmter Zinssatz verwendet, der gewichtete durchschnittliche Kapitalkostensatz, englisch: Weighted Ave- rage Cost of Capital, kurz WACC. Dieser Zins setzt sich aus zwei Komponenten zusam- men. Zum einen fließen die Eigenkapitalkos- ten ein, die nichts anderes sind als die ange- nommene Renditeerwartung des potenziellen Käufers. Die zweite Komponente gibt den Zins für Fremdkapital wieder, das eventuell aufgenommen werden muss, um den Kauf- preis zu finanzieren. Die Jahr für Jahr abge- zinsten Werte werden nun addiert. „Für die Zeit danach kann man mit einer sogenannten ‚ewigen Rente‘ rechnen“, sagt Friedrich. Unter „ewiger Rente“ werden gleichbleibende Zahlungen verstanden, die das eingesetzte Kapital nicht verbrauchen und daher zeitlich nicht begrenzt sind. Der ermit- telte Cashflow wird auf seinen heutigen Bar- wert abgezinst und dem für die ersten vier bis sechs Monate errechneten Betrag zugeschla- gen. So ergibt sich der Firmenwert. Niedrigzins treibt Preis „Die dritte gängige Methode ist das Er- tragswertverfahren“, sagt Friedrich. Dieses wenden in der Regel Wirtschaftsprüfer an. Beim Ertragswertverfahren werden, ähnlich wie bei der Discounted-Cashflow-Methode, zunächst die Nettozuflüsse geplant, die dem Unternehmen künftig zukommen werden. Die Planung erfolgt auf Basis der voraussichtlich ausschüttbaren Jahresüberschüsse. Diese wer- den dann mit einem Kapitalisierungszins auf den heutigen Barwert abgezinst. Der Kapitalisierungszinssatz bestimmt sich allerdings ganz anders als der gewichtete durchschnittliche Kapitalkostensatz. Er ent- spricht dem Basiszinssatz für eine alternative, quasi risikofreie Kapitalmarktanlage, der um eine Marktrisikoprämie erhöht wird. Aufgrund des Niedrigzinsniveaus ist der Basiszinssatz in den vergangenen Jahren ständig gesunken. Damit steigen die berechneten Kaufpreise. „Es ist gut, wenn Verkäufer den Wert ihrer Bestände oder des Unternehmens von einem Profi ermitteln und sich auch bei der Käufer- suche begleiten lassen“, sagt Anwalt Kroll. Das kostet zwar und schmälert den Verkaufs- erlös. Aber: „Junge Käufer kennen sich heute sehr gut aus, gehen höchst professionell vor und wissen ganz genau, wie sie Vorteile nut- zen können.“ Daher sollten Versicherungs- makler und Fondsvermittler vorbereitet sein – damit ihre Verkaufsstory ein gutes Ende nimmt. ANDREA MARTENS | FP vertrieb & praxis I unternehmensverkauf Foto: © Resultate Institut für Unternehmensanalysen und Bewertungsverfahren; Advisos Corporate Finance Thomas Öchsner, Resultate Institut: „Ein Umsatzmulti- plikator ist zur Bewertung von Beständen ungeeignet.“ Horst Friedrich, Advisos Corporate Finance: „Es gibt drei gängige Methoden für die Kaufpreisermittlung.“ Wo sich Käufer und Verkäufer finden Börsen und Plattformen: Im Internet gibt es Plattfor- men und Börsen, über die Bestände und Firmen öffentlich angeboten werden können. Dies ist eine gute Möglichkeit für eine breit angelegte Nachfolgersuche, allerdings werden dabei viele Infos und Daten bekannt. In manchen Onlinebörsen, etwa auf bestandsmarktplatz.de, können Verkäufer auch anonym Anzeigen schalten sowie Unter- nehmens-Checks und Beratungsdienstleistungen in Anspruch nehmen. Maklerpools helfen: Wer einem Maklerpool ange- schlossen ist, findet meist Unterstützung bei der Über- tragung kleinerer Bestände. Die Pools suchen oft einen Makler oder Vermittler in den eigenen Reihen. Manche, zum Beispiel Netfonds aus Hamburg, helfen den Partnern auch dabei, ihr Geschäft vor dem Verkauf professionell aufzustellen und den Kaufpreis zu überschlagen. Beratung vom Profi: Beim Verkauf großer Bestände oder ganzer Unternehmen ist es sinnvoll, sich an spezia- lisierte Berater zu wenden. Diese verfügen über Daten- banken mit Kauf- und Verkaufsangeboten, erstellen Gutachten inklusive Firmenbewertung und betreuen die Verkaufsgespräche bis zum Abschluss.
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