FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2016

Denn unsere Kunden geben die Entscheidung in Geldfragen nicht gern aus der Hand. Sie stehen mitten im wirtschaftlichen Leben und möchten mitentscheiden. Eine Vermögensver- waltung bieten wir daher nicht aktiv an – mit allen regulatorischen Konsequenzen. Denn diese wäre einfacher abzubilden als eine Anlageberatung. Wir haben hingegen die Selbstentscheider im Blick. Der Kunde ent- scheidet immer mit. Gerade Selbstentscheider könnten aber auf Direktbanken oder Robo-Berater umschwenken. Das sehe ich nicht so. Die persönliche Betreu- ung bleibt wichtig. Ich glaube allerdings an eine Multi-Kanal-Struktur, die dem Kunden die Wahl lässt, welchen Weg er zu uns ein- schlägt. Wir haben sogar selbst einen Robo- Berater umgesetzt. Damit testen wir den Markt. Wie schwierig war die Programmie- rung? Das ist weit weniger kompliziert, als viele behaupten. Verstehen Sie mich nicht falsch: Ein gewisser Aufwand ist mit der Umsetzung durchaus verbunden. In der jetzigen Tiefe reicht es für die Bedürfnisse der Kunden aus und unterstützt unsere Kollegen bei der Anla- geberatung. Kann einAlgorithmus ein gutes Portfolio bauen? Vom Grundsatz her durchaus. Denn Anleger sind oftmals Opfer ihrer psychologischen Selbsteinschätzung. Oft wählen sie nicht das, was ihre Risikoneigung ihnen vorgibt. Eine Maschine hingegen macht das, was man ihr sagt. Und eigentlich sollte eine vernünftige Geldanlage relativ undramatisch, dafür aber auf Dauer ertragreich sein. Die Regulierung hat deutlich zugenom- men. Wie gehen Sie damit um? Mifid I hat uns genutzt. Die Einführung des Beratungsprotokolls konnten wir bewältigen und sind in dieser Phase besonders stark ge- wachsen. Ich will das nicht ursächlich darauf zurückführen, vielleicht war das nur Zufall. Aber zumindest hat uns das Beratungsproto- koll nicht geschadet. Warum könnte Ihnen die Regulierung genutzt haben? Viele Kunden fanden das Beratungsprotokoll gut. Sie hatten das Gefühl, dass eine vernünf- tige Qualitätssicherung stattfindet. Und wenn mit Mifid II an diese Stelle eine erweiterte Geeignetheitsprüfung tritt, dann werden wir auch das umsetzen können. Mir gefällt an Mifid II, dass alle Kunden künftig ein ver- nünftiges Reporting an die Hand bekommen und dass es eine Provisionsüberwachung geben wird. Die Aufwendungen für uns sind hoch, keine Frage. Aber nach der Finanzkrise war Regulierung ein Muss. Denn es gab Akteure, die reihenweise Schäden für Kunden produzierten. Unsere Kunden waren zum Glück nicht betroffen. Wie werden Sie sich mit Blick auf Mifid II positionieren? Wir werden uns als abhängige Berater quali- fizieren, weil wir für die Honoraranlagebera- tung aktuell keinen Markt sehen. Die Zah- lungsbereitschaft der Kunden für Honorarbe- ratung ist in Deutschland nicht gegeben. Da- rüber hinaus wird ein Honorarberater schwer argumentieren können, warum aktive Fonds besser oder gleichwertig sind zu passiven. Da- her werden Sie dort faktisch nur börsengehan- delte Indexfonds finden. Wir halten ETFs für vernünftige, valide Instrumente, aber auch nicht für Allheilmittel. Mischfonds, wie wir sie nutzen, reagieren auf Marktveränderungen. Das ist beim ETF von der Natur der Sache her anders. Er steht und fällt mit dem Markt. Sie hegen also Zweifel am Konzept der Honorarberatung? Ich bin nicht grundsätzlich gegen Honorarbe- ratung. Nur solange die Kunden kein Interesse daran erkennen lassen, sehe ich keinen Sinn darin, kaum genutzte Angebote zu unterbrei- ten. Und was passiert, wenn man die Hono- rarberatung erzwingt, sieht man in Großbri- tannien. Dort erhalten viele Kunden, die über geringere Anlagesummen verfügen, keine Be- ratung mehr und sind gezwungen, als Selbst- entscheider zu agieren. Doch gerade damit ha- ben viele schlechte Erfahrungen gemacht. SEBASTIAN ERTINGER | FP bank & fonds I dieter bender | degussa bank 258 www.fondsprofessionell.de | 3/2016 » Nach der Finanzkrise war Regulierung ein Muss. Denn es gab Akteure, die reihenweise Schäden für Kunden produzierten. « Dieter Bender, Degussa Bank Foto: © Christoph Hemmerich Dieter Bender: „Mifid I hat uns genutzt. Die Einführung des Beratungsprotokolls konnten wir bewältigen und sind in dieser Phase besonders stark gewachsen.“ „Worksite“ in Zahlen Degussa Bank 2015 Bilanzsumme 5,46 Mrd. Euro Betriebsergebnis 32 Mio. Euro Zinsüberschuss 85 Mio. Euro Provisionsüberschuss 32 Mio. Euro Kundenanzahl 673.000 Mitarbeiterzahl 826 Bankshops 255 Quelle: Geschäftsbericht 2015

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