FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2016

270 www.fondsprofessionell.de | 3/2016 les Banking anzubieten. Neben der Lizenz stellt sie den Kooperationspartnern dabei auch einen individuellen Kunden-, Karten- und Transaktionsservice bereit. Die Fidor Bank wurde im Juli von der fran- zösischen BPCE-Gruppe übernommen und gab damit ihre Selbstständigkeit auf. Matthias Kröner, der umtriebige Chef, der schon die DAB-Bank mit aufgebaut hatte, bleibt aber am Ruder. Der Münchner hat konkrete Vor- stellungen vom Banking der Zukunft: „Digi- talisierung bedeutet, dass ein Kunde sonntags mit seiner Bank Kontakt aufnehmen kann, weil er einen Kredit benötigt. Wenn der Kun- de die Voraussetzungen erfüllt, kann er um- gehend über den gewünschten Betrag ver- fügen. Dabei sollte der Prozess einfach sein und in Echtzeitgeschwindigkeit erfolgen“, so Kröner. „Voraussetzungen für den Erfolg sind aber eine entsprechende Unternehmenskultur und ein starker Fokus auf den Kunden.“ „Innovator’s Dilemma“ Und genau an diesem Punkt kommen bei einigen Marktteilnehmern Zweifel auf, ob Telefonica langfristig mit dem neuen Ban- king-Angebot erfolgreich sein wird. „Ob gro- ße Organisationen in der Lage sind, mit einem agilen Start-up mitzuhalten, oder ob ihnen ganz fix wieder die Puste ausgeht, bleibt ab- zuwarten“, sagt Rafael Otero, Gründer von Payleven, einem Fintech aus dem Bereich des Zahlungsverkehrs. Große Organisationen steckten oft im „Innovator’s Dilemma“, meint Otero: „Jedes Geschäftsmodell, das gut genug für ein Start-up ist, ist Peanuts für einen exis- tierenden Player, weil diese Unternehmen in Deckungsbeiträgen denken“, sagt er. „Innova- tion muss und wird auf lange Zeit nicht pro- fitabel sein, das heißt, einem existierenden Player wird viel abverlangt, um an so einem Groschengrab festzuhalten. Und oftmals dau- ert dieser Zeitraum länger als die durchschnitt- liche Vertragslaufzeit eines Vorstandes.“ Sparkassen greifen an Unter dem Namen Yomo planen auch acht Großsparkassen, darunter die Stadtsparkasse München und die Sparkasse Köln-Bonn, bis Ende dieses Jahres ein mobiles Girokonto mit Bankkarte für Smartphone-Nutzer. Die Ziel- gruppe für „Your Money“ sind wieder junge Kunden zwischen 18 und 35 Jahren. Techni- sche Unterstützung bekommen die Institute durch Starfinanz, eine Tochter des sparkassen- eigenen IT-Dienstleisters Finanzinformatik. Yomo wird unter der Marke Sparkasse ver- marktet und soll digitale Services mit der Regionalität der Institute verbinden. „Die Produktentwicklung durch eine kleine Zahl von Sparkassen bietet die Möglichkeit, neue Produkte schnell zu gestalten und am Markt zu testen. Nach der Testphase haben alle 409 Sparkassen die Möglichkeit, ihren Kunden das neue Produkt anzubieten“, so ein Sprecher des Dachverbandes DSGV. Von einemAufruhr in der Sparkassen-Welt, den es etwa beim Start der BayernLB-Direktbank- tochter DKB oder der Sparkasse 1822 direkt durch die Frankfurter Sparkasse gab, ist ge- genwärtig nichts zu spüren. Die öffentlich-rechtlichen Institute scheinen sich diesmal auf den Verbundgedanken zu besinnen, statt sich in internen Scharmützeln zu verzetteln. Mittlerweile wird auch der S- Broker als institutseigener Onlinebroker ak- zeptiert. Manche Sparkassen empfehlen preis- sensiblen Kunden dieses Institut inzwischen sogar von sich aus. Ähnlich harmonisch läuft es bei Yomo. „Wir begrüßen Yomo uneinge- schränkt“, so der Chef einer Sparkasse aus dem Sauerland. „Insbesondere jüngere Kun- den, die ins Berufsleben einsteigen, fragen vermehrt nach einer Bank fürs Smartphone. Bevor sie zu Fintechs wie N26 abwandern, halten wir sie lieber in der eigenen Gruppe. Als heimische Sparkasse genießen wir bei un- seren Kunden mehr Vertrauen als ein Anbie- ter, den man nur aus dem Netz kennt.“ Angst vor Kundenabwanderungen müssen die klei- neren öffentlich-rechtlichen Institute nicht ha- ben: Das Konto soll weiterhin vor Ort geführt werden, nur der Zugangsweg ist neu. Ähnlich wie bei der Einführung des Online- Bezahlsystems Paydirekt kommen die Spar- kassen mit ihrem Smartphone-Konto zwar recht spät in die Gänge. Mit ihren deutsch- landweit 50 Millionen Kunden besitzen die öffentlich-rechtlichen Institute genau wie Telefonica jedoch einen enormen Vorteil ge- genüber Newcomern. Das Fintech N26 bei- spielsweise ist mit seinem Konto zwar bereits seit einigen Monaten am Markt, kann aber keine große Reichweite aufweisen. Menschliche Schwäche Zugleich profitieren die Sparkassen von einer menschlichen Schwäche. „In Finanzan- gelegenheiten ist es scheinbar so wie beim Stromanbieter: Ein Wechsel mag sich lohnen, doch die Gemütlichkeit siegt“, sagt Analyst Störmer. Noch dazu ist das Thema Banking weitaus sensibler besetzt als beispielsweise die „Ware“ Strom, insbesondere in Zeiten von Datendiebstahl und Kreditkartenbetrug. Es gibt aber auch Analysten, die kritischere Töne anschlagen. Thomas Dapp von der For- schungsabteilung der Deutschen Bank etwa meint, dass die großen Spieler weiterhin kon- tinuierlich an ihrer digitalen Strategie arbeiten müssen – und sich nicht zurücklehnen dürfen. „Viele Entscheidungsträger unterschätzen die ökonomischen Kräfte des Internets und die hohe Frequenz von Veränderungen nach wie vor“, sagt Dapp. „Sie müssen besonderes Augenmerk auf den Peer-to-Peer-Charakter des Mediums legen. Sich allein nur auf seine Stammkunden zu verlassen wird zunehmend schwieriger.“ MARCUS HIPPLER | FP bank & fonds I digitales banking Foto: © Z-Punkt, Deutsche Bank Thomas Dapp, Deutsche Bank: „Viele Entscheidungsträ- ger unterschätzen die Kräfte des Internets nach wie vor.“ Eckhard Störmer, Unternehmensberatung Z-Punkt: „Telefonica hat die Chance zu einem großen Coup.“

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