FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2016
293 www.fondsprofessionell.de | 3/2016 lässt. Die Steuerabteilung nimmt unter die Lupe, ob das geplante Produkt die Vorausset- zungen erfüllt, um seinem späteren Inhaber alle steuerlichen Vorteile zu bescheren, die Fondspolicen grundsätzlich bieten. Die Invest- mentexperten des Versicherers denken parallel darüber nach, welche Assetklassen zu der neuen Zielgruppe passen. Die IT-Abteilung prüft, ob sich die geplante Police in die beste- henden Systeme integrieren ließe. Die entscheidende Frage „Wenn diese Punkte erledigt sind und es keine Stolpersteine gibt, kommen bei uns im Haus die Ideenplaner erneut zusammen“, erklärt Johanna Bröcker. Diese diskutieren über die entscheidende Frage: Bringt die neue Police das Unternehmen voran oder nicht? Wird sie mit ja beantwortet, wird das Konzept dem Vorstand präsentiert. Beschließt er, dass die neue Police in die Entwicklung gehen soll, fängt die Arbeit erst richtig an. Von nun an greift wirklich ein Rädchen ins andere. Sofern die künftige Police mit einer Garantie ausgestattet sein soll, muss die Pro- duktentwicklung jetzt endgültig über das Modell entscheiden. „Angesichts des dauer- haften Niedrigzinsniveaus könnten Anbieter theoretisch dazu übergehen, nur noch neue Produkte ohne Garantie aufzulegen“, sagt Lars Heermann, Versicherungsanalyst bei der Kölner Ratingagentur Assekurata. Doch ob- wohl Garantien stark zulasten der Rendite ge- hen, bevorzugen sicherheitsorientierte Anleger immer noch Policen mit Kapitalgarantien nach dem Zwei- oder Drei-Topf-Modell. „Bei der Zwei-Topf-Variante fließt ein Teil der Einmalsumme oder der monatlichen Bei- träge in den Deckungsstock des Versicherers“, erklärt Heermann. Der andere Teil wird in Fonds anlegt. Über die Höhe des Betrags, der in Fonds investiert werden kann, entscheidet zum einen das Sicherheitsbedürfnis des Poli- ceninhabers. Wünscht er eine volle Beitrags- garantie, muss ein Großteil seiner Einmal- summe oder der Monatsbeiträge in den Deckungsstock fließen. „Es gibt aber auch die Möglichkeit, zum Beispiel nur eine 80-pro- zentige Beitragsgarantie zu vereinbaren“, sagt Heermann. Je nach Zusammensetzung des Fondsport- folios und entsprechend der Entwicklungen an den Kapitalmärkten wird dann regelmäßig zwischen Topf eins, dem sicheren Deckungs- stock, und Topf zwei, der Fondsanlage, um- geschichtet. „Das Drei-Topf-Modell funktio- niert genauso, es kommen allerdings noch Ga- rantiefonds hinzu“, erläutert Heermann. Ergo arbeitet als einziger deutscher Versicherer mit Rückversicherern zusammen, um eine Bei- tragsgarantie zu gewährleisten. Switch oder Shift? Bei der Konzeption einer neuen Fonds- police muss zudem festgelegt werden, ob, wie oft und zu welchen Kosten der Anleger seine Fonds umschichten kann. „Dabei ist zwischen Switch und Shift zu unterscheiden“, sagt Heermann. Beim Switch wird kein Geld in einen bestimmten Fonds mehr angelegt, das angesparte Kapital verbleibt jedoch darin. „Bei einem Shift hingegen wird auch das bis- her investierte Kapital aus einem Fonds in ei- nen anderen übernommen, dieser wird dann bespart“, sagt Heermann. Natürlich wird auch entschieden, ob und auf welchemWeg die künftigen Policeninha- ber über die Entwicklung einzelner Fonds oder den Ausschluss eines Produktes vom Neugeschäft informiert werden. „Und da- rüber, ob für einen Switch oder Shift eine Mail reicht oder ein Brief geschrieben werden muss“, sagt Heermann. Bei einigen Versiche- rern ist das immer noch der Fall. Die Rechtsabteilung prüft jetzt alle vertrag- lichen Einzelheiten. Die Aktuare ermitteln Zahlungsströme aus dem künftigen Produkt, rechnen Kosten gegen Prämien, legen den Deckungsbeitrag fest, den die Police leisten soll. Dann folgt das Pricing. „Extrem wichtig ist natürlich die Fonds- auswahl“, sagt Sascha Ahmadi von der Alten Leipziger. „Für sehr sicherheitsorientierte Anleger, die sich um ihre Police auch nicht selbst kümmern möchten, kommen eventuell gemanagte Fonds in Frage“, sagt der Exper- te – Exklusivprodukte also, die der Versiche- rer gemeinsam mit einer Investmentgesell- schaft selbst aufgelegt hat und die über keine ISIN verfügen. Kriterien für die Fondsauswahl Ist die neue Police hingegen für Anleger ge- dacht, die ihre Fonds selbst zusammenstellen möchten, müssen die Investmentexperten nun das Portfolio aufbauen, aus dem der künftige Kunde wählen kann. Es werden Produktklas- sen ausgesucht, die zu der neuen Zielgruppe passen. Für die Auswahl der Einzelfonds stellt die Investmentabteilung Kriterien auf, die un- bedingt erfüllt werden müssen. „Dazu gehört meist ein gewisser Track Record, ein be- stimmtes Morningstar-Sterne-Rating, der Fonds darf nicht zu klein und muss gut han- delbar sein“, erklärt Ahmadi. Sofern der Ver- sicherer die entsprechenden Fonds nicht be- reits im Programm hat, werden sie nun – meist über eine Vertriebsplattform – bezogen. Zum Schluss folgt die Risikoeinstufung der Fondspolice, aktuell noch nach dem Synthetic Risk and Reward Indicator (SRRI). Auch alle weiteren Angaben für die Produktinforma- tionsblätter werden zusammengetragen. „Schließlich geht das gesamte Marketing- material in den Druck, der Vertrieb wird ge- schult, damit er über die neue Police auch gut beraten kann“, sagt Johanna Bröcker. Und dann kommt sie auf dem Markt – die neue Fondspolice. ANDREA MARTENS | FP Lars Heermann, Assekurata: „Bei einer Fondspolice ist zwischen Switch und Shift zu unterscheiden.“ Sascha Ahmadi, Alte Leipziger: „Extrem wichtig ist natürlich die richtige Fondsauswahl.“
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