FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2016

300 www.fondsprofessionell.de | 3/2016 hingegen erhalten“, erklärt Martin Wolff, Rechtsanwalt und Steuerberater bei der Kanz- lei Curtis, Mallet-Prevost, Colt & Mosle in Frankfurt. Aufgrund der Reform gilt steuerlich für Anteile an Investmentfonds dann generell die Fiktion, dass diese zum 31. Dezember 2017 veräußert und zum 1. Januar 2018 wie- der neu angeschafft werden, und ab 2018 fällt dann grundsätzlich Abgeltungsteuer auf Kurs- und Veräußerungsgewinne an. „Um diese Härte für Privatanleger auszugleichen, wird für den Gewinn aus der Veräußerung vonAnteilen an Investmentfonds, die sich als Altbestands- anteile qualifizieren, ein Freibetrag in Höhe von 100.000 Euro pro Steuerpflichtigen ein- geführt, der zur Folge hat, dass Wertverände- rungen der Altbestandsanteile, die ab 2018 ein- getreten sind, erst dann einer Steuerpflicht un- terliegen, soweit der Veräußerungsgewinn 100.000 Euro überschreitet“, präzisiert Wolff. Dieser Vorgang erfolgt in der Veranlagung, nicht durch die depotführende Stelle. Daraus ergibt sich Gesprächsbedarf. Bera- ter, die Anleger mit größeren Depots haben, können jetzt ihre Kunden auf Optimierungs- möglichkeiten hinweisen. „Mit meinen grö- ßeren Kundinnen spreche ich jetzt über Ge- winnmitnahmen. Die Börsen laufen derzeit gut, und da ist es keine schlechte Idee, un- kompliziert Gewinne aus Altbestandsanteilen mitzunehmen“, sagt Barbara Rojahn, Ge- schäftsführerin der Frauen-Finanzberatung in Stuttgart. „Mittlerweile haben einige meiner Kundinnen erhebliche Kursgewinne in ihren Altbestandsanteilen angesammelt. Es wäre schade, wenn sie den Freibetrag überschreiten und letztlich dann doch die Kursgewinne, die ab 1.Januar 2018 anfallen, versteuern müss- ten.“ Optimierungsmöglichkeiten Wolff bringt einen weiteren Gedanken in die Diskussion ein: „Taktisch könnte es auch erwägenswert sein, die Altbestandsanteile noch zu behalten, denn Veräußerungsverluste, die vor Überschreiten des Freibetrags mit Altbestandsanteilen ab 1. Januar 2018 reali- siert werden, erhöhen den Freibetrag von 100.000 Euro wieder. Verkauft man die An- teile jetzt, hat man dieses ,Verlustverrech- nungspotenzial‘ nicht mehr.“ Welche Kunden sollte man darauf anspre- chen? Leicht hat man das Gefühl, der hohe Freibetrag mache es nur nötig, mit Millionen- kunden darüber zu sprechen. Aber der Frei- betrag kann auch für Kunden relevant sein, die ein Depot mit rund 100.000 Euro oder mehr haben, denn er bezieht sich auf alle Kursgewinne von Altbestandsanteilen, die ab 1. Januar 2018 bis zum tatsächlichen Ver- kaufszeitpunkt anfallen. Gedanklicher Verkauf aller Fonds Die depotführenden Stellen müssen ihre Systeme an diese Regelung anpassen, stehen aber noch am Anfang der Umsetzungsphase. Ein verantwortlicher Mitarbeiter von der Augsburger Aktienbank erklärt, wie es dann geht: „Gedanklich werden alle Fondsanteile, die auf unserer Plattform gehalten werden, zum 31.Dezember 2017 verkauft und zum 1.Januar 2018 neu gekauft. Zum 31.Dezem- ber 2017 ermitteln wir für die Anteile jeweils das fiktive Veräußerungsergebnis.“ Zu diesem Zeitpunkt muss der Anleger noch nichts ver- steuern, denn er hat die Fondsanteile schließ- lich noch nicht wirklich verkauft. Aber ab 1.Januar 2018 greift das neue Steuersystem, und dafür benötigt man ein fiktives Anschaf- fungsergebnis. „Der Gesetzgeber fordert nicht, dass wir allen Kunden das fiktive Veräuße- steuer & recht I investmentsteuerreform Rechenbeispiel für Altbestandsanteile 15. Jan. 2007: Kunde kauft Fondsanteile und hält sie durchgehend im steuerlichen Privatvermögen (es handelt sich 2018 also um Altbestandsanteile) 31. Dez. 2017: Depotführende Stelle ermittelt das fiktive Veräußerungsergebnis pro Fonds (Altbestandsanteile) 1. Jan. 2018: Ab diesem Datum wendet die depotführende Stelle das neue Investmentsteuergesetz an 20. Mai 2020: Kunde verkauft seine Fondsanteile Da der Verkaufszeitpunkt nach dem 1. Januar 2018 liegt, passiert nun Folgendes: 1. Die depotführende Stelle behält Abgeltungsteuer für Erträge und Kursgewinne ein, die vom 1.1.2018 bis 20. 5. 2020 angefallen sind. Darin enthalten sind auch Kursgewinne, die ab 1.1.2018 entstanden sind (der ursprüngliche Kaufzeitpunkt und Kaufkurs sind irrelevant). 2. Der Kunde fordert von seinem Finanzamt die Steuern auf Kursgewinne zurück, die für seine Altbestandsanteile vom 1.1.2018 bis 20.5.2020 angefallen sind. Dazu legt er die Jahressteuerbescheinigung 2018 vor, in der das fiktive Anschafftungsergebnis für die Altbestandsanteile aufgeführt ist. 3. Das Finanzamt berücksichtigt die gezahlten Steuern auf Kursgewinne, die für Altbestandsanteile ab dem 1.1.2018 belastet wurden, soweit sie unterhalb des Freibetrags von 100.000 Euro pro Person liegen, und erstattet sie, sofern sie nicht mit Steuerschulden verrechnet werden. Pauschale Freistellung für natürliche Personen Auf Fondsebene werden in Zukunft 15 Prozent Steuern abgezogen. Zum Ausgleich dafür erhält der Anleger eine pauschale Freistellung. Damit erspart man sich die Ermittlung der tatsächlichen Dividenden- und sonstigen Erträge, was eine Ver- einfachung darstellt. Fondskategorie Pauschale Freistellung der Erträge Aktienfonds, die fortlaufend mindestens 51 % ihres Wertes in Aktien anlegen 30 % Mischfonds, die einen Aktienanteil von mindestens 25 % haben 15 % Immobilienfonds, die fortlaufend mindestens 51 % in Immobilien und Immobiliengesellschaften anlegen 60 % Immobilienfonds, die fortl. mind. 51 % in ausländische Immobilien und Auslands-Immobiliengesellschaften investieren 80 % Rechenbeispiel zur Investmentsteuerreform Rechenbeispiel Aktienfonds (mindestens 51 % Aktienanteil) Fiskus 15,00 Euro KESt. (vom Fonds) + 15,69 Euro Abgeltungsteuer = 30,69 Euro Gesamtsteuer Laut Investmentsteuerreform sollen Aktien-Publikumsfonds künftig auf Fondsebene besteuert werden (15 Prozent Kapitalertragsteuer auf Aktienerträge, also Dividenden). Anleger erhalten im Gegenzug eine pauschale Freistellung von 30 Prozent der Erträge. Der verbleibende Ausschüttungsbetrag wird beim Anleger mit Abgeltungsteuer plus So- lidaritätszuschlag (zusammen 26,375 Prozent) besteuert. Quelle: eigene Berechnungen zahlt 15,00 Euro KESt. Es bleiben 85 Euro Ausschüttung 25,50 Euro (30 %) pauschal freigestellt 59,50 Euro (70 %) sind zu versteuern 15,69 Euro Abgeltungsteuer (26,375 % auf 59,50 Euro) Anleger 85 Euro fließen vom Fonds an den Anleger 69,31 Euro bleiben nach Steuern Aktienfonds 100 Euro Kapitalerträge im Fonds

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