FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2016
312 www.fondsprofessionell.de | 3/2016 steuer & recht I provisionen Foto: © GPC Tax Unternehmerberatung AG Steuerberatungsgesellschaft D ie Mehrwertsteuer ist ein seltsames Wesen: Meist fällt der volle Satz an, oft genug der ermäßigte – und manche Produkte sind ganz davon befreit. Kommt ein Fruchtsaft beispielsweise ge- presst daher, verlangt der Fiskus 19 Pro- zent. Püriert als Smoothie werden nur sie- ben Prozent fällig. In den Tiefen des Um- satzsteuergesetzes wird es vollends skurril: Für einen Arbeits- oder Maulesel zahlt man sieben, für den Hausesel dagegen 19 Prozent Mehrwertsteuer. Banken und Finanzmaklern ergeht es noch besser als den Anbietern von Smoo- thies oder Mauleseln: Auf Provisionen, die für die Vermittlung von Finanzprodukten fließen, müssen sie keine Umsatzsteuer aufschlagen. Das ist ein echter Vorteil im Wettbewerb mit Honorarberatern, deren Kunden 19 Prozent auf die in Rechnung gestellte Beratungsleistung zu bezahlen haben. Doch dieses Privileg wackelt, zu- mindest mit Blick auf die Bestandsprovi- sionen. Schuld daran ist die EU-Finanz- marktrichtlinie Mifid II, die ab Januar 2018 ihre volle Wirkung entfalten wird. „Befreit ist nur die Vermittlung“ Bislang sind Bestandsprovisionen von der Umsatzsteuer befreit, weil sie als nachgela- gerte Vermittlungsprovisionen gelten. Künftig könnte es jedoch schwierig werden, diese Argumentation aufrecht zu erhalten, denn Mifid II baut hohe Hürden für die provisions- basierte Anlageberatung auf: Zuwendungen sind nur noch dann zulässig, wenn der Kunde im Gegenzug eine qualitätssteigernde Dienst- leistung erhält, und eine laufende Provision muss mit einer dauerhaften Dienstleistung gerechtfertigt werden. „Ab dem Jahr 2018 kann eine Bestands- provision nicht mehr ausschließlich für die Vermittlung eines Finanzproduktes fließen. Von der Umsatzsteuer befreit ist aber nur die reine Vermittlung“, sagt Christian Waigel, Partner der Kanzlei Waigel Rechtsanwälte aus München. „Die Branche muss sich daher darauf einstellen, künftig auf einen Teil der Provisionen Umsatzsteuer zu zahlen. Denn ich gehe nicht davon aus, dass die Bundes- regierung wegen Mifid II das Umsatzsteuer- gesetz ändern wird“, so der Anwalt. „Überhaupt nichts Neues“ Andere Experten dagegen geben Entwar- nung. Mifid II erhöhe zwar die Anforderung an die Institute, wenn es um den Nachweis gehe, dass Zuwendungen auch wirklich die Wertpapierdienstleistung verbessern. „Hier gibt es tatsächlich Handlungsbedarf“, sagt Oliver Korn, Geschäftsführer der GPC Law Rechtsanwaltsgesellschaft in Berlin. „Doch der ist aufsichtsrechtlicher Natur.“ Diese Änderung wirke sich nicht auf die Umsatzsteuerpflicht aus, ist Steuerberater Daniel Ziska von der GPC Tax Unternehmer- beratung überzeugt. Mifid II selber bringe also keine steuerliche Änderung mit sich. „Wir be- raten Institute fortlaufend zu solchen Fragen. Die umsatzsteuerliche Problemstellung vor und nach Mifid II ist letztlich dieselbe: Pro- visionen, gleich ob Abschluss- oder Bestands- provisionen, sind im Rahmen der Anlagever- mittlung umsatzsteuerfrei. Wird die Vergütung für eine andere Dienstleistung, die nicht um- satzsteuerprivilegiert ist, gezahlt, so fällt dafür Umsatzsteuer an. Das ist überhaupt nichts Neues“, so Ziska. Dem Steuerberater zufolge besteht jedoch die Gefahr, dass Institute für die Finanzaufsicht Extra-Dienstleistungen zu dokumentieren versuchen, um die gefor- derte Qualitätsverbesserung nachzuweisen. „Allerdings geht es darum, dass nur die Dienstleistung, also zum Beispiel die An- lagevermittlung, selber verbessert wird und nicht eine neue Dienstleistung daneben stehen muss. Bestandsprovisionen als ge- streckte Abschlussprovisionen bleiben aber umsatzsteuerfrei, wenn sie sich nach wie vor auf die qualitativ bessere Vermittlung beziehen“, so Ziska. „Schweiß der Edlen“ Waigel dagegen lässt diese Argumente nicht gelten. Die EU-Kommission verlan- ge mit ihrem delegierten Rechtsakt einen zusätzlichen oder höherrangigen Service zur Rechtfertigung von Provisionen. „Des- wegen muss auch irgendein Service oder eine Dienstleistung gefunden werden, die die Provisionen rechtfertigen“, so der Münchner Anwalt. „Aus meiner Sicht ist einiger Schweiß der Edlen zu vergießen, um zu argu- mentieren, dass dieser zusätzliche oder höhere Service immer noch mit der ehemaligen Ver- mittlung zu tun hat.“ Mit letzter Sicherheit lässt sich bislang nicht sagen, ob sich Bestandsprovisionen ab 2018 noch steuerfrei vereinnahmen lassen werden oder nicht. Selbst im Bundesfinanzministe- rium ist man sich über die Konsequenzen der Finanzmarktrichtlinie nicht wirklich im Klaren: „Inwieweit mit dem Inkrafttreten der Mifid II die dort als ‚qualitätssteigernde Dienstleistungen‘ beschriebenen Leistungen noch unter den Begriff der umsatzsteuerlichen Vermittlungsleistungen fallen oder als vom Vermittlungsbegriff nicht mehr erfasste Leis- tungen zu betrachten sind, kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht beurteilt werden“, so ein Spre- cher des Ministeriums. Für Esel herrscht also Klarheit, was die Umsatzsteuer anbelangt. Für die Finanzbran- che nicht. BERND MIKOSCH| FP Vermittlungsprovisionen sind bislang von der Umsatzsteuer befreit, mit Mifid II könnte sich das ab 2018 ändern – zumindest für Bestandscourtagen. Privileg in Gefahr Daniel Ziska, GPC Tax Unternehmerberatung: „Die umsatzsteuer- liche Problemstellung vor und nach Mifid II ist letztlich dieselbe.“
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