FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2016

317 www.fondsprofessionell.de | 3/2016 Damit ist die Sache klar: Ein Fondsver- mittler darf Produkte nur innerhalb definierter Zielmärkte verkaufen, die er – streng genom- men – auch noch selbst definieren müsste. Kriterien noch unbekannt „Das ist aber vor allem kleineren Vermitt- lern kaum zuzumuten“, sagt Wintzer. Daher werden voraussichtlich die Produktanbieter die Definition der Zielmärkte übernehmen und die entsprechenden Informationen dem Vertrieb zukommen lassen. „Mifid II sieht zur Regelung der Informationsflüsse zwischen ei- nem Vertriebsunternehmen und einen Pro- duktgeber den Abschluss bilateraler Verträge vor“, sagt Wintzer. Unklar ist nur, wann es da- zu kommen wird. „Bisher ist noch nicht ein- mal bekannt, nach welchen Kriterien die Pro- duktanbieter beabsichtigen, die Zielmärkte zu bestimmen“, erklärt Wintzer. Zwar ließe Mifid II durchaus zu, dass etwa jede Kapitalverwaltungsgesellschaft ihre eigenen Vorgaben festlegt. Das wäre jedoch unsinnig, denn für dieselbe Fondsstrategie un- terschiedlicher Anbieter sollte am Ende auch derselbe Zel- markt herauskommen. Das funktioniert aber nur, wenn alle Fondshäuser auch dieselben Kriterien für die Zielmarktdefi- nition verwenden. „Daher arbeiten der Fonds- verband BVI, der Deutsche De- rivate Verband und die Deutsche Kreditwirtschaft gemeinsam an einem Konzept, das Kriterien für die Zielmarktdefinition vor- gibt“, sagt Jurist Waigel. Ein erster Vorschlag, den er kennt, sieht sechs Kriterien vor: Kun- denkategorie, Anlageziel, Anla- gehorizont, Verlusttragfähigkeit, Wunsch nach Kapitalschutz und Risikobewertung anhand des neuen Indikators Summary Risk Indicator (SRI). Ob auch ein europäisches Konzept ausge- arbeitet wird, bleibt abzuwarten. Das wäre allerdings wünschens- wert, denn der Vertrieb von Fonds macht nicht an Länder- grenzen halt. Ob das deutsche Konzept den Kapitalverwaltungsgesellschaf- ten bereits vorliegt, darüber schweigt die Branche. „Selbst wenn das der Fall sein sollte, kommt ein wei- terer Knackpunkt hinzu“, sagt Wintzer. Damit spricht er die Informationen an, die in Ver- triebsketten künftig über mehrere Stationen vom Produktanbieter zum Vermittler fließen müssen. „Eine Kapitalverwaltungsgesellschaft etwa soll ab Januar 2018 alle Informationen zu den Zielmärkten ihrer Fonds über die Fondsplattformen und die Maklerpools an den einzelnen Vermittler durchreichen“, erklärt Waigel. Unklar sei bisher aber, wie dieser enorme Datenfluss überhaupt bewältigt wer- den könne. „Dadurch, dass erst im Laufe des Jahres 2017 mit einer Umsetzung der Regelungen in deutsches Recht zu rechnen ist, dürfte die praktische Realisierung sehr arbeitsintensiv werden“, erklärt Frank Ulbricht, Vorstand des Maklerpools BCA aus Oberursel. Zumal rie- sige Datenmengen vom Vermittler über den Maklerpool und die Fondsplatt- form auch wieder zurückge- spielt werden müssen. Genau Buch führen Der Vermittler, der im Mifid- II-Deutsch ebenso wie der Mak- lerpool und die Fondsplattform als „Vertreiber“ bezeichnet wird, muss genau Buch darüber füh- ren, in welchem Umfang er Produkte außerhalb der Ziel- märkte verkauft. Er hat dem Konzepteur Informationen zu seiner Klientel sowie Beschwer- den mitzuteilen. Über Stichpro- ben bei den Kunden muss er Rückmeldungen einholen. „Und all diese Informationen und Daten müssen dann in der Vertriebskette wieder bis ganz nach oben fließen“, sagt Waigel. „Der Aufbau der entsprechen- den Strukturen für die Übermitt- lung ist für alle Beteiligten eine wahre Herkulesaufgabe“, ist der Anwalt überzeugt. Kommen Vermittler ihren Pflichten nicht nach, können sie zwar zivilrechtlich nicht haftbar gemacht werden. Aber: Sie be- gehen eine Ordnungswidrigkeit, für die die Aufsichtsbehörde ein Bußgeld verhängen wird. Da- her sollten sie verkaufte Produk- te genau beobachten. ANDREA MARTENS | FP Foto: ©– Kanzlei Waigel Rechtsanwälte Christian Waigel, Waigel Rechtsanwälte: „Die Verbände arbeiten an einem Konzept für die Zielmarktdefinition.“ Doppelter Informationsfluss So funktioniert die Kommunikation in Vertriebsketten nach den Product-Governance-Regeln von Mifid II Damit die Product Governance nach Mifid II richtig eingehalten wird, muss in Vertriebsket- ten ein doppelter Informationsfluss stattfinden. Zunächst definiert die KVG, der Mifid-II- Fachbegriff lautet „Konzepteur“, Zielmärkte für ihre Produkte. Diese gibt sie über die Fonds- plattformen und Maklerpools an den Vermittler durch. Dieser muss alle Verkäufe außerhalb der Zielmärkte dokumentieren und sie zusammen mit Informationen zu seinen Kunden sowie eventuellen Beschwerden über den Pool und die Fondsplattform an den Konzepteur weiterleiten. Der Grund: Dieser überwacht, ob die Product-Governance-Vorgaben einge- halten werden. Quelle: FONDS professionell liefert Informationen zu Zielmärkten; überwacht den Vertrieb gibt Informationen zu Zielmärkten weiter gibt Informationen zu Zielmärkten weiter verkauft Produkte zielmarktge- recht; hat Letztverantwortung für die Product Governance liefert Informationen bei Kundenstichproben; beschwert sich bei Unzufriedenheit informiert über Verkäufe außerhalb der Zielmärkte, Kunden und Beschwerden gibt Informationen weiter gibt Informationen weiter KVG Fondsplattform Maklerpool Vermittler Endkunde

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