FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2016

schen mit einem sehr langen Zeithorizont. Einzig bei der Geldanlage – insbesondere in Aktien – werden Planungszeiten und Hal- tedauer immer kürzer. Das ist aus meiner Sicht falsch, denn Anleger verpassen durch allzu kurzfristige Entscheidungen auch die besonderen Aufholchancen einer Langfrist- strategie. Heuser: Eine Strategie, die Sie in Ihren Fonds umgesetzt sehen? Huber: Durchaus! Unser Starpoint hat sowohl 2003 als auch 2009 gerade einmal sechs Monate gebraucht, um die gesamten Verluste des vorhergehenden Baissezyklus wieder auf- zuholen. Das erreicht man natürlich nur dann, wenn man wirklich antizyklisch und in die entsprechende Schwäche hinein zukauft und dann auch vom ersten Prozent Kursgewinn an mit dabei ist. Herbach: Aber das liegt doch nun einmal in der Natur der Aktienanlage? Huber: Das gilt aber genauso für die Renten- märkte. Wir haben im Jahr 2008 zugege- benermaßen zu früh angefangen, Unterneh- mensanleihen zu kaufen. Weil die Spreads zu Staatsanleihen entsprechend aussichtsreich aussahen, hatten wir nach der Lehman-Krise zugekauft, sind dann aber in Bezug auf den maximalen Drawdown zunächst einmal zwei- stellig ins Minus geraten, sowohl mit dem Argos als auch mit dem vermögensverwalten- den Mandat Winbonds plus. Das geht aber einfach nicht anders bei dieser Strategie. Und es fordert sicher vomAnleger, zeitweise grö- ßere Schwankungen in Kauf zu nehmen. Aber nach nicht einmal einem Jahr haben beide Fonds sowohl ihren Vergleichsindex als auch die Peergroup nicht nur überholt, sondern in der Folgezeit auch weit übertroffen. Heuser: Haben Sie damit nicht neben einem durchaus eigenen Verständnis über den notwendigen Zeithorizont eines Invest- ments nicht gleich ein zweites Problem gegenüber ihren Anlegern? Denn Ihre Hal- tung zeigt natürlich ein deutlich anderes Verständnis von Risiko, als es die meisten Investoren haben. Huber: Ob man das gleich als ein zweites Problem bezeichnet, sei dahingestellt. Aber ich gebe Ihnen insofern recht, als das Risiko- empfinden der meisten Anleger so gut wie nichts mit dem tatsächlichen Risiko eines Investments zu tun hat. Wenn wir davon über- zeugt sind, dass sich vor allem wirtschaftliche Rezessionsphasen oder Zeiten einer konjunk- turellen Schwäche mitsamt zurückgehender Unternehmensgewinne sehr gut für Zukäufe eignen, dann impliziert das natürlich, dass wir eine hohe Volatilität nicht als Risiko, sondern als echte Chance begreifen. Heuser: Worin besteht denn konkret das tatsächliche Risiko einer Investmentent- scheidung, von dem Sie gerade gesprochen haben? Huber: Ich definiere Risiko als Gefahr dauer- hafter und substanzieller Vermögensverluste. Diese Gefahr steigt vor allem dann, wenn man zum einen nicht genügend diversifiziert ist und zum anderen womöglich sogar Klumpenrisiken in einem Portfolio ausbildet. Letzteres wäre aus meiner Sicht zum Beispiel mit einem bereits angesprochenen zu hohen Exposure in US-Werten gegeben, Glei- ches gilt für eine zu starke Untergewichtung der Emerging Markets. Wobei natürlich nicht nur bei Aktieninvestments substanzielle Ver- mögensverluste immer möglich sind. Davor sind selbst klangvolle Namen nicht geschützt, die Börsenfriedhöfe sind voll mit ehemaligen Wachstums- oder Qualitätswerten. Aber auch Anleihen können schließlich in einem Total- verlust münden, wenn der Emittent pleitegeht. Das haben die Anleger in Mittelstandsan- leihen gerade in der jüngeren Zeit schmerzvoll erfahren müssen. Das Risiko dauerhafter und substanzieller Vermögensverluste ist dagegen bei einer antizyklischen und langfristig aus- gerichteten Strategie über Aktien eher gering. Aktien besitzen auf kurze Sicht zwar mit das größte Verlustpotenzial, langfristig sind sie aber die sicherste und rentabelste Anlage, wie die Entwicklung in den letzten 200 Jahren gezeigt hat. Heuser: Sie sind im vergangenen Herbst sehr viel früher als andere wieder in die Emerging Markets eingestiegen. Zu früh? Huber: Im Gegenteil, wir ernten sozusagen gerade die Früchte dieser Strategie. Ich wurde zwar zum Teil regelrecht ausgelacht, als ich im November vergangenen Jahres erklärt habe, man sollte wieder stärker in Schwel- lenländeraktien investieren, und das genau einen Tag, nachdem Goldman Sachs erklärt hatte, man werde die hauseigenen BRIC- Fonds mit dem Emerging-Markets-Fonds verschmelzen. Aber angesichts der jüngsten Entwicklung bin ich durchaus zufrieden damit, dass wir in die Abwärtsbewegung hinein gekauft haben. Peter Huber: „Unser Starpoint hat sowohl 2003 als auch 2009 gerade einmal sechs Monate gebraucht, um die gesamten Verluste des vorhergehenden Baissezyklus wieder aufzuholen.“ 76 www.fondsprofessionell.de | 3/2016 markt & strategie I fondsmanager im kreuzverhör » Alles planen die Menschen mit einem sehr langen Zeithorizont. Einzig bei der Geldanlage – insbesondere in Aktien – werden Planungszeiten und Haltedauer immer kürzer. Das ist aus meiner Sicht falsch. « Peter Huber, Starcapital KREUZ VERHÖR Alle Fotos: © Christoph Hemmerich Hans Heuser, FONDS professionell

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