FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2016
Nachrang hat es Eigenkapitalqualität. In der Überschuldungsbilanz wird es zum Eigenka- pital gerechnet. Das heißt, der Unternehmer kann damit arbeiten wie mit Eigenkapital. Die Investoren sind besser geschützt als bei einem reinen Eigenkapitalinvestment, insbesondere in Exit-Fällen, weil ein Darlehen immer zu- rückgezahlt werden muss. Daher ist es für Start-up-Finanzierungen ein gutes Tool. Aber es ist schon so, dass ein Erneuerbare-Ener- gien- oder Immobilienprojekt andere Mecha- nismen einsetzen kann, die mindestens genau- so gut für die Anleger sind. Die Zeichner von Nachrangdarlehen können relativ leicht ausgebootet wer- den, weil sie kein Mitsprache- und Stimmrecht haben. Ein neuer Investor kann die Assets aus der alten Firma in eine neue Gesellschaft holen und die alte Firma als leere Hülle mit dem Nach- rangdarlehen zurücklassen. So bleibt der Anleger auf der Strecke. El Mallouki: Das ist nicht der Regelfall, und die Regulierung gibt uns keine anderen Mög- lichkeiten. Natürlich würden wir lieber Aktien vermitteln, das wäre supercool. Das können wir aber nicht, weil sich der hohe Aufwand für 200.000 Euro nicht lohnt. Und warum ist eigentlich die stille Beteiligung benachteiligt, die in manchen Fällen gut passen würde? Warum kann man die Ausnahmen bei der Prospektpflicht nicht für alle Finanzierungs- instrumente gleichermaßen umsetzen? Die Beschränkung auf das Nachrangdarlehen macht wirtschaftlich gar keinen Sinn. Die Plattformen sind selbst Start-ups, die kaum Geld verdienen. Sie brauchen also Wachstum, um zu überleben. Wird es ei- nige Plattformen bald nicht mehr geben? Fricke: Der Markt ist groß genug für viele Teilnehmer. Wir werden aber sehen, dass Kräfte gebündelt werden, um Substanz für das Wachstum zu generieren. Ich erwarte, dass eine zunehmende Öffnung zu den klassischen Vertriebsaktivitäten stattfinden wird. Viele merken, dass man über das Internet zwar be- stimmte Zielgruppen erreichen kann, aber vie- le Investoren ihre Anlageentscheidungen nicht ausschließlich online treffen. Daher steigt die Motivation, mit Offline-Vertriebspartnern zu- sammen zu arbeiten. Dazu werden wir viele Modelle sehen, in denen die Grenzen zwi- schen online und offline fließend werden. Heißt das, dass der Internet-Traffic und die Maximierung der Zugriffe langfristig nicht für den Erfolg ausreichen? El Mallouki: Das funktioniert schon. Diese Diskussion haben wir im E-Commerce-Be- reich vor 15 Jahren geführt. Zwar konsolidiert sich das, aber das große Wachstum ist da. Fricke: Der Handel macht erstaunlich gute Umsätze im Internet. Viele Online-Start-ups erwirtschaften nach wenigen Jahren einige hundert Millionen Euro Umsatz bei sehr guter operativer Marge. Viele sind aber deshalb stark, weil sie nicht nur online aktiv sind, son- dern zum Beispiel TV-Werbung machen und auch Offlineshops betreiben. Die Verknüpfung von online und offline ist still, funktioniert aber sehr gut. El Mallouki: Auch im Finanzbereich wird es diese Entwicklung geben. Das darf man nicht verteufeln. Die Berater und Vermittler kennen das klassische Face-to-Face-Geschäft. Ihnen sind die Onlineplattformen, die Direktgeschäft mit Investoren machen, ein Dorn im Auge. Ich sage Ihnen aber: Es wird immer mehr Vermittler und Berater geben, die ihr Geschäft digitalisieren, und einerseits mit Plattformen und andererseits mit Emittenten online koope- rieren. Berater, die nur offline arbeiten, wird es in der breiten Masse nicht mehr geben. Fricke: Die Digitalisierung ist nicht aufzuhal- ten, weil die Kunden inzwischen internetaffin sind und weil die Vertriebsgesellschaften durch die Onlineprozesse Potenziale heben und gleichzeitig effizienter werden können. Das klingt durchaus plausibel. Allerdings gibt es rechtliche, wirtschaftliche und emotionale Barrieren. Die Berater ver- langen aus Sicht der Plattformen zu hohe Provisionen, gleichzeitig dürfen sie nicht einmal direkt den Abschluss machen, sondern müssen den Kunden zum Onlineabschluss auf die Plattform leiten. Wie kann man das lösen? sachwerte I uli fricke | fundernation und jamal el mallouki | crowddesk 158 www.fondsprofessionell.de | 4/2016 » Plattformen, die aus der Offlinewelt kommen, tun sich leichter, weil sie die Sprache des Offlinevertriebs kennen. « Uli Fricke, Fundernation Foto: © Christoph Hemmerich Uli Fricke, Fundernation: „Für eigenkapitalähnliche Finanzierungen in innovativen Unternehmen, die in der Regel ein hohes unternehmerisches Risiko haben und wachsen wollen, ist das Nachrangdarlehen ein gutes Instrument.“ Uli W. Fricke, Fundernation Uli W. Fricke, Jahrgang 1968, ist Geschäftsführerin der Crowdinvesting-Plattformen Fundernation.eu und Space- starters.com . Außerdem ist sie stellvertretende Vorsitzende im Vorstand des Bundesverbands Crowdfunding. Dort leitet sie den Arbeitskreis „Marktdaten“, der in Zukunft regelmäßig Branchendaten veröffentlichen soll. Fricke verfügt über 20 Jahre Erfahrung in der Private-Equity-In- dustrie. Sie ist Managing Partner der 1997 gegründeten Venture-Capital-Gesellschaft Triangle. 2010/11 war sie Vorsitzende des europäischen Private-Equity-Verbands.
RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=