FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2016
El Mallouki: Wirtschaftlich und rechtlich kann man das lösen, es ist vor allem ein emotiona- les Thema. Die Plattformen sind für die Zu- sammenarbeit offen, weil sie damit ihre Ver- triebswege diversifizieren. Vor einem Jahr wa- ren die Vermittler noch zurückhaltend, das än- dert sich aber langsam. Entweder sie begleiten ihre Kunden und verdienen mit, oder die interessierten Anleger investieren ohne ihre Berater. Und je höher die Provisionen sind, umso geringer sind die Renditen für die An- leger. Das ist eine einfache Rechnung. Wenn man das nicht möchte, müssen Kompromisse geschlossen werden. Es muss aber auch klar sein, dass die Plattformen die Vertriebshaftung haben, auch deshalb können Vermittler und Berater keinen Anspruch auf zehn oder 15 Prozent Provision haben. Wir sehen aber, dass große Vertriebe und Direktbanken auf das Thema Crowdinvesting aufmerksam werden. Sind denn die Emissionsvolumina bei so viel Vertriebspower nicht viel zu klein? El Mallouki: Das ist ein wichtiger Aspekt, weshalb viele Vertriebe noch nicht einsteigen. Die Produkte müssen in ausreichender Zahl und in ausreichender Höhe verfügbar sein. Fricke: Ein emotionales Thema ist, dass sich die Vergütungsstrukturen ändern, wenn Pro- zesse und Abschlüsse online erfolgen. Gerin- gere Abschlussprovisionen als im herkömm- lichen Vertrieb können mit Folgeprovisionen kombiniert werden. Beim Abschluss ist es zwar weniger, aber mit der Laufzeit und wei- teren Folgeinvestments steigt die Provision. Liegt die Zurückhaltung der Vertriebe nicht auch am mangelnden Vertrauen? Fricke: Das ist ein Thema. Crowdinvestments sind nunmal ein neues Produkt. Finanzmärkte funktionieren am besten mit Vertrauen. Die Vertrauensbasis zwischen Offlinevertrieb und den Plattformen ist sicher noch nicht ausrei- chend hergestellt. Plattformen, die aus der Of- flinewelt kommen, tun sich da leichter, weil sie die Sprache des Offlinevertriebs kennen. Funktioniert die Vertriebspartnerbetreu- ung denn schon? Sind die Plattformen dem Offlinevertrieb tatsächlich bereits gewachsen? El Mallouki: Die meisten Plattformen sind schon so weit. Die Anbindung des Beraters an die Plattform ist also kein Problem, der Bera- ter muss das nur wollen und sich in der digi- talen Welt zurechtfinden. Fricke: Die Technologie und die Mechanis- men zum Beispiel für Provisionsabrechnun- gen sind da. Die Schulung des Vertriebs ist – für eine im Moment noch überschaubare Pro- duktanzahl – ein größeres Thema. Es liegt also in erster Linie am Vertrieb, ob er sich anschließen will oder nicht? El Mallouki: Im Endeffekt ja. Wenn der Ver- trieb nicht mitmacht, bekommen Google, Printblätter und TV-Kanäle die Marketing- budgets. Die meisten Plattformen sind dies- bezüglich opportunistisch eingestellt. Die Be- rater müssen sich öffnen und ihre Position in der Crowdinvesting-Welt finden. Das befindet sich noch im Entwicklungsstadium. Der Mensch muss sich an neue Entwicklungen gewöhnen, dafür braucht er Zeit. Sind die Plattformen in ihrer digitalen Welt überhaupt bereit, sich ernsthaft auf die Offlinewelt einzulassen? Die Puristen sagen ja, dass Offlinevertrieb nicht im Sinne von Crowdfunding ist. Außerdem sei die Crowd intelligent genug, gute von schlechten Produkten unterscheiden zu können. Fricke: Die Regulierung hat diesen Purismus definitiv überholt. Viele Plattformen machen schon gute Arbeit, vornehmlich jene, die aus dem Vertrieb kommen. Es wird aber durchaus Plattformen geben, die sich nicht so stark oder gar nicht auf den Offlinevertrieb zubewegen und sich ausschließlich auf ihre Onlinekanäle konzentrieren. El Mallouki: Die konventionellen Vertriebe, die als Erstes auf die Plattformen zugehen und ihnen zeigen, wie der Offlinevertrieb funktio- niert und worauf es ankommt, werden von der Entwicklung am stärksten profitieren. Das Thema Crowdinvesting ist eine große Chance, in der gegenwärtigen Konsolidierungsphase zu bestehen und den Kunden neue Produkte anzubieten in einer Zeit, in der es ohnehin einen Produktengpass gibt. Vielen Dank für das Gespräch. ALEXANDER ENDLWEBER | FP 159 www.fondsprofessionell.de | 4/2016 Jamal El Mallouki, Crowddesk: „Je höher die Provisionen sind, umso geringer sind die Renditen für die Anleger. Das ist eine einfache Rechnung. Wenn man das nicht möchte, müssen Kompromisse geschlossen werden.“ » Natürlich würden wir lieber Aktien vermitteln, das wäre su- percool. Das können wir aber nicht, weil sich der Aufwand für 200.000 Euro nicht lohnt. « Jamal El Mallouki, Crowddesk
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