FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2016

ben, der Einsatz solcher Werkzeuge wird auch aus Effizienzgründen einfach stark zunehmen, das ist für mich ein Fakt. Wenn ich aber über Robo-Advice nachdenke in dem Sinne, dass ein Computer statt einem menschlichen Berater Asset-Allocation- oder Systementscheidungen im Anlageprozess trifft, dann hat das ja völlig andere Konsequenzen. Wenn man sich die Er- gebnisse solcher Robo-Advisor über die vergan- genen Jahre anschaut, so sind sie nach dem, was ich bisher wahrgenommen habe, nicht wirklich zwingend überzeugend. Aber auch da gibt es wie beim Menschen eine gewisse Spreizung. Was mir auffällt: Solche Prozesse, die ja in aller Regel quantitativ und eben nicht qualitativ ge- trieben sind, bekommen häufig ein erhebliches Problem, wenn es in der Kapitalmarktlandschaft zu systemischen Brüchen kommt. Es wird für diese Art von Betreuung, Beratung und Manage- ment sicher ein Publikum geben. Denn wir ha- ben nun einmal eine wachsende Zahl von Men- schen, die sehr viel stärker technikaffin sind. Ins- besondere junge Menschen bringen in dieser Hinsicht einen ganz anderen sozialen Kontext mit. Ob dann damit wirklich alle glücklich wer- den oder ob die Erfahrung damit eher den Weg zurück zur persönlichen Betreuung weist, ist eine völlig anders gelagerte Frage. Am Ende des Tages muss auch ein solches Modell einen Mehrwert für den Kunden liefern. Und ob dieser Mehrwert dann tatsächlich dauerhaft erzielt wird, muss sich meines Erachtens erst noch erweisen. Deckenbach: Ich glaube, in diesem Zusam- menhang muss man grundsätzlich zwei ver- schiedene Kundentypen unterscheiden. Da ist einmal der Kunde, der schon jetzt finanz- affin ist, der sich mit einem Computer aus- kennt und das Internet tatsächlich auch aktiv und mit einer gewissen Selbstverständlich- keit nutzt. Für diesen Typ kann ein Robo- Advisor oder ein Fintech eine durchaus brauchbare Lösung sein. Denn dieser Kunde würde ohnehin nicht zu mir zur Beratung kommen. Dann gibt es andererseits den wenig finanzaffinen Kunden. Der bedient sich zwar auch mit einer gewissen Selbst- verständlichkeit des Internets als Informa- tions- oder Unterhaltungsmedium. Er wird vielleicht auch probieren, seine Finanzan- gelegenheiten über einen Robo-Advisor abzuwickeln, weil er anfangs glaubt, er brauche dazu keinen Berater und könne das bisschen Finanzen auch selbst erledigen. Ich bin mir aber ziemlich sicher, dass dieser Typus über kurz oder lang wieder in meiner Beratung sitzen wird. Heuser: Gerade unter diesem Gesichtspunkt stelle ich mir die Frage, wie viele Kunden es am Ende tatsächlich sein werden, die entspre- chende Angebote dauerhaft nutzen werden. Sind das dann irgendwann doch nur die zehn Prozent an Selbstentscheidern, von denen oft gesprochen wird? Und was bedeutet das für die Überlebenswahrscheinlichkeit einer in- zwischen kaum noch überschaubaren Zahl von Fintechs? Kornmayer: Ich sehe die gesamte Entwicklung sehr viel nüchterner. Denn im Prinzip ist das ganze Phänomen Robo-Advice oder Fintech doch nicht viel mehr als eine IT-technische Er- weiterung sogenannter Discountbanken, von de- nen schon seit einigen Jahren etliche am Markt aktiv sind. Viele der oft jungen Start-ups ent- wickeln dabei die notwendigen Technik noch nicht einmal selbst. Wir als langjährig am Markt aktiver Maklerpool werden wirklich nahezu ein- mal pro Woche von entsprechenden Unterneh- men darauf angesprochen, ob wir daran interes- siert sind, bestimmte Aufgaben hinsichtlich der Abwicklungstechnik für diese Unternehmen zu erledigen. Daher habe ich mir selbst wirklich eine ganze Reihe entsprechender Angebote an- geschaut. Und ich muss sagen, ich bin zu dem ernüchternden Fazit gekommen, dass aus meiner Sicht fast alle Fintechs, die ich bisher gesehen habe, kaum eine Überlebenschance haben wer- den. Ich würde sogar noch sehr viel weiter ge- hen und behaupten, dass nahezu jeder Makler- pool in Deutschland auch heute schon in der Lage ist, die entsprechende Software, die für An- gebote, wie ich sie gesehen habe, nötig wäre, in Nullkommanichts aus dem Boden zu stampfen. Schmitz: Man muss dabei sicher noch einen Aspekt miteinbeziehen: Bei der reinen Order- ausführung, wie wir sie historisch unter dem Stichwort Execution-only-Business verstehen, wird es unter einem neuen Rechtsrahmen für einen Berater künftig nicht mehr ganz so leicht. Deshalb werden der Robo-Advisor und die dahinterliegenden Prozesse für eine bestimmte Art von Kunden möglicherweise auch eine Ven- tillösung werden. Deswegen glaube ich schon, dass es zu einer etwas größeren Verbreitung ent- sprechender Angebote kommen wird. Lang: Wobei man feststellen muss – das zeigen auch die Tests mit echtem Geld –, dass die bis- herigen Ergebnisse nur als Katastrophe bezeich- net werden können. Deshalb setzen wir auch weiterhin auf eine hybride Welt, in der der Be- rater die Möglichkeit behält, sozusagen qualitativ korrigierend einzugreifen in einen ansonsten aus- schließlich quantitativen Prozess. Wir glauben an hybride Kunden, die sich selbstständig infor- mieren möchten und nach mehr Transparenz suchen, um dann zum Berater ihrer Wahl zu gehen, Themen und Fragen zu diskutieren und am Ende die richtigen Lösungsansätze zu erhal- ten. So wird das Thema Robo-Advice sozusagen zum Prozessbeschleuniger für den Berater. Gründl: Ich schließe mich gern der generellen Meinung hier an. Denn die Welt ist zu komplex und die Börsen sind zu volatil, um allein auf Georg Kornmayer (Fondsnet). „Ich verstehe nicht, warum der Kunde einen immensen Vorteil haben soll, wenn sein Berater auf Bestandsprovisionen verzichten würde.“ 192 www.fondsprofessionell.de | 4/2016 roundtable I ver trieb Fotos: © Cornelis Gollhardt » Ich bin zu dem ernüchternden Fazit gekommen, dass aus meiner Sicht fast alle Fintechs, die ich bisher gesehen habe, kaum eine Überlebenschance haben werden. « Georg Kornmayer, Fondsnet

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