FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2016

seine Pläne zu einer Neuaufstellung der Fondssparte bekannt gab und mit dem Invest- mentbanker Faissola einen seiner engsten Vertrauten zum Leiter der damals neu ge- schaffenen Deutsche Asset & Wealth Ma- nagement (DeAWM) machte. Unter deren Dach gehört seither auch die Indexfondstoch- ter DB X-Trackers, die früher zur Investment- bank gehört hatte. Unter Faissola und Schiraldi blieben die al- ten und – speziell in Deutschland und Europa – zumeist effizienten Vertriebsstrukturen im Prinzip unangetastet. Man wollte offensicht- lich die frühere „Cash-Cow DWS“ nicht schlachten, um nicht zuletzt die Außenwahr- nehmung der eigenen „Restrukturierungs- erfolge“ nicht zu gefährden. Vor allem aber ging es darum, große Vertriebspartner nicht zu verunsichern. Denn das Geschäft speziell auf der Retailseite lief uneingeschränkt gut. Daher blieb die Riege der früheren „Invest- mentbanker“ zunächst vorrangig auf der Pas- sivseite, sowohl was die Produktion als auch den Vertrieb und den COO-Bereich betrifft. Fehleinschätzung Unter Faissola wurde demWealth Manage- ment wie auch dem Passivgeschäft sowie dem digitalen Direktvertrieb von Anfang an höchste Priorität und eine hervorragende Zu- kunftsperspektive zugeordnet. Im Rückblick eine Fehleinschätzung, denn abgesehen von bestimmten „Eintagsfliegen“ – das 2015 teuer erkaufte Passivgeschäft in den USA floss im Verlauf von 2016 nahezu komplett wieder ab – waren in diesen Sektoren keine echten Erfolge zu verzeichnen. Starke und nennens- werte Erträge kamen und kommen nach wie vor hauptsächlich aus dem Retailgeschäft mit aktiven Fonds sowie aus dem Immobilienge- schäft der Tochtergesellschaft RREEF und dem institutionellen Bereich. Zusammen ge- nommen dürften diese rund drei Viertel der Erträge der Deutschen AM erwirtschaften. Mit den erzwungenen Abgängen von Fais- sola und Schiraldi und der erneuten Umstruk- turierung unter Price zum Jahreswechsel 2015/16 mussten sich die in der neuen Deut- schen AM verbliebenen „Investmentbanker“ grundsätzlich neu positionieren, um ihre Stel- lung innerhalb des Asset Managements und nicht zuletzt ihre beträchtlichen Einkommen auf Investmentbank-Niveau abzusichern. Denn eine Rückkehr in den nun wieder im Deutsche-Bank-Konzern angesiedelten Be- reich Investmentbanking war nahezu unmög- lich. Gleichzeitig war die Zahl adäquater Jobs innerhalb der neuen Deutschen AM begrenzt. Das Geschäft mit passiven Produkten – originäre Heimat der ehemaligen Faissola- Vertrauten – performte allerdings teils dra- matisch schlechter als das der Konkurrenz. Daher lag es nahe, sich möglichst in Richtung des „Gesamtgeschäfts“, also inklusive dem Bereich der aktiven Fonds aus der alten DWS-Welt zu entwickeln. Und wer genau hinschaut, erkennt, dass die Liste der ehe- maligen Investmentbanker des Passivbereichs, die heute leitende Funktionen innerhalb der Deutschen AM bekleiden, immer länger geworden ist. Exemplarisch genannt seien Jon Eilbeck, schon unter Faissola und auch heute noch COO, Reinhard Bellet, Head of Passive, und nicht zuletzt Thorsten Michalik, erst An- fang des Jahres vom Vertriebschef für passive Produkte aufgestiegen zum Retail-Vertriebs- chef für die EMEA-Region sowie den asia- tisch-pazifischen Raum. Das konnte nicht lange gut gehen, und so waren Reibungen und Unstimmigkeiten zwi- schen den früheren Investmentbankern der Passivseite und den Verantwortlichen für den Vertrieb von aktiven Produkten programmiert. Entsprechend verwundert es kaum, dass zum Teil langjährige Mitarbeiter die Konsequenzen zogen. Im Juni verließ Barbara Rupf Bee die Deutsche AM, seit Anfang 2014 verantwort- lich für den Vertrieb an vermögende und in- stitutionelle Kunden in Europa, dem Nahen Osten und Afrika. Ihre Aufgaben übernahm Alexander Preininger, ursprünglich auch ein Gewächs der Investmentbanker-Riege um Mi- chele Faissola. Auch Steffen Leipold, schon vor 17 Jahren zur damaligen DWS gekommen und bis zu- letzt verantwortlich für den Retailvertrieb in Deutschland und Österreich, hat sein Amt mit Wirkung zum 31. August 2016 niedergelegt. Leipolds Stelle ist nach wie vor unbesetzt und wird derzeit interimistisch von Europa-Ver- triebschef Thorsten Michalik mit übernom- men. Das erscheint umso unverständlicher, als gerade der ehemals von Leipold betreute Bereich als eines der wenigen Segmente für positive Mittelzuflüsse gesorgt hatte. Vertriebspartner verwirrt Selbst große Vertriebspartner sind ob der neuen Situation mehr als verwirrt. Man wisse zum Teil gar nicht, wen man eigentlich an- sprechen solle, erklärte etwa ein Vertriebsma- nager der Deutschen Vermögensberatung (DVAG) gegenüber der Redaktion. Die DVAG ist nach dem Filialnetz der Deutschen Bank der zweitwichtigste Vertriebskanal für Publikumsfonds der Deutschen AM. Vor die- sem Hintergrund liegt viel Arbeit vor dem neuen CEO Nicolas Moreau. Ein Schnell- durchgang wird das nicht, dafür steht gerade im profitablen Retailgeschäft zu viel auf dem Spiel. Denn einen Ertragsrückgang in diesem Bereich könnten das Passivgeschäft oder gar ein digitaler Direktvertrieb mit Sicherheit nicht so schnell ausgleichen. Moreau müsste zudem klar kommunizie- ren, wie es mit der Deutschen AM in Zukunft weitergehen soll. Vorstandschef Cryan hat sich zwar bereits zumAsset Management be- kannt, doch die Unsicherheit in der Beleg- schaft ist nach wie vor groß – obwohl ein Ver- kauf der Sparte, über den häufig spekuliert wurde, wohl tatsächlich vom Tisch ist. Wenn überhaupt, so heißt es, käme eine andere Option in Betracht: Ein Börsengang der Deutschen AM könnte dem Mutterhaus nach Analysten-Schätzungen über drei Milliarden Euro in die Kasse spülen. HANS HEUSER | FP Barbara Rupf Bee, Ex-Vertriebschefin EMEA für vermö- gende und institutionelle Kunden, ist im Juni gegangen. Steffen Leipold, früher verantwortlich fürs Retailgeschäft in Deutschland und Österreich, ist seit Ende August weg. 222 www.fondsprofessionell.de | 4/2016 vertrieb & praxis I deutsche am Foto: © Deutsche AM

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