FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2016
264 www.fondsprofessionell.de | 4/2016 wenigsten – in der Berichterstattung wird nicht darauf eingegangen, welche Stellen abgebaut werden. „Stellenkürzungen sind in erster Linie im Backoffice-Bereich vorge- sehen. Der Beratungsbereich ist davon kaum betroffen“, rückt René Fischer, Partner der Unternehmensberatung Oliver Wyman im Bereich Retail & Business Bank, das Bild zurecht. Mehrheit geht in die Beratung Experten schätzen, dass nur ein kleiner Teil der Auszubildenden nach dem Ende der Lehre in der Verwaltung arbeitet. Der größere Teil – die Meinungen reichen von 50 bis 80 Prozent – geht in die Beratung. Wie viele davon wiederum in der Wertpapierberatung ein- gesetzt werden, hängt vom Geschäftsmodell der einzelnen Bank ab. Bei der Targobank sind es jährlich rund 2,5 Prozent aller Auszubildenden, bei der Deutschen Bank etwa fünf Prozent. Insofern dürften die Kündigungswellen keinen großen Einfluss auf die Zahl der Azubis in diesem Bereich haben. Die Nachfrage der Banken nach Auszu- bildenden, die später alle Produkte wie Konten, Verbraucherkredite, Immobilien- darlehen, Versicherungen und Wertpapiere vermitteln, sinkt jedoch. Das liegt am Fi- lialsterben und an der Digitalisierung. Kunden gehen kaum noch in eine Filiale, um sich etwa zu einem Kredit beraten zu lassen – sie informieren sich im Internet. Weil auch die Kontoführung zunehmend online erledigt wird, haben die Banken kaum noch Chancen, Kunden am Schalter ne- benbei auf weitere Produkte hinzuweisen. In der Wertpapierberatung legen die meis- ten Klienten zwar noch Wert auf persönliche Beratung, doch dieses Geschäft leidet unter der zunehmenden Regulierung. So hat die Einführung des Beratungsprotokolls dazu ge- führt, dass sich einige Banken komplett aus der Anlageberatung zurückgezogen haben. „Der Gesetzgeber und in der Folge die Fi- nanzaufsicht Bafin haben einen Riesenkatalog an Anforderungen an die Beratung selbst, aber auch an die Qualifikation der Vermittler auf- gestellt“, sagt Oliver Popp vom Deutschen Bankangestellten Verband (DBV), der Fach- gewerkschaft in der Finanzwirtschaft. Der Rückgang lässt sich mit harten Zahlen unter- mauern: Das Beraterregister der Bafin führte Mitte 2013 noch rund 176.000 Anlageberater bei Banken. Ende September 2016 waren es nur noch knapp 144.000. Gute Berater bleiben gefragt Die Digitalisierung und die Regulierung haben jedoch auch ihre positiven Seiten, denn sie führen zu einem Bedarf an spezialisierten Beratern. So sind einige Banken dazu über- gegangen, Beratung via Video, E-Mail oder Chats anzubieten. „Das ist wiederum eine Chance insbesondere für junge Mitarbeiter, die die nötige Medienkompetenz besitzen“, meint Popp. Einige Banken wie die Hypover- einsbank haben Stationen in der Online- und Videoberatung sogar schon in den Ausbil- dungsplan integriert. Gewerkschafter Popp er- wartet zudem, dass insbesondere die im Jahr 2018 umzusetzende EU-Finanzmarktrichtlinie Mifid II einen Bedarf an hoch qualifizierten Beratern schaffen wird. Zudem ist das Wertpapiergeschäft für die Banken derzeit grundsätzlich attraktiv – trotz der starken Regulierung: „Die Geldhäuser müssen für diesen Bereich keine Eigenmittel zurückstellen, was gerade im aktuellen Nie- drigzinsumfeld interessant ist“, sagt Oliver- Wyman-Experte Fischer. Das sei auch der Grund, warum viele Institute versuchen, das Private Banking und das Wealth Management auszubauen. Das Geschäft mit den vermögen- den Kunden gilt als einer der wenigen Berei- che, in dem sich dank Provisionen und Ge- bühren noch Geld verdienen lässt. In diesem Geschäftsfeld ist guter Nach- wuchs immer noch gesucht, schon weil viele etablierte Berater in Rente gehen oder sich für den Schritt in die Selbstständigkeit entschei- den (lesen Sie hierzu auch den Artikel auf Sei- te 256). Allerdings treffen die Bankkaufleute hier auf interne Konkurrenz, nämlich die dua- len Studenten und die Trainees mit Hoch- schulstudium. „Wenn sich ein Jungaka- demiker für eine Laufbahn bei einer Bank entscheidet, dann geht er gewöhnlich in Führungsaufgaben oder in andere Berei- che wie das Investmentbanking“, erklärt Fischer. Sollten sie sich während des Trainee-Programms für die Beratung ent- scheiden, landen sie früher oder später im Private Banking. Wie die Zukunftschancen für junge Bankberater genau aussehen, lässt sich naturgemäß nur schwer vorhersagen. Eines dürfte aber sicher sein, ist Frankfurt- School-Manager Kohrs überzeugt: „Gute Vertriebler für das Neugeschäft werden immer gebraucht.“ JENS BREDENBALS | FP bank & fonds I bankberater Foto: © DBV, Oliver Wyman Oliver Popp, DBV: „Der Gesetzgeber hat einen Riesen- katalog an Anforderungen an die Beratung gestellt.“ René Fischer, Oliver Wyman: „Stellenkürzungen sind in erster Linie im Backoffice-Bereich vorgesehen.“ Schrumpfende Branche Zahl der Mitarbeiter und Filialen deutscher Banken Der Trend ist unübersehbar: Das Filialnetz deutscher Bank wird grobmaschiger, die Zahl der Mitarbeiter nimmt ab. Quelle: Bundesbank 30.000 40.000 50.000 ’15 ’14 ’13 ’12 ’11 ’10 ’09 ’08 ’07 ’06 ’05 ’04 5 550.000 650.000 750.000 2015 627.150 Mitarbeiter 2015 36.005 Bankfilialen 2004 702.750 Mitarbeiter 2004 47.835 Bankfilialen Bankmitarbeiter Bankfilialen
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