FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2016
Robo-Advice ein solider Baustein in der Digi- talisierung sein. Hat der Aufbau eines Robo-Beraters auch Haken? Ein Problem für die Banken wird sein: Die Online-Affinität ist dort, wo Robo-Advice die größten Vorteile brächte, nicht so ausgeprägt, nämlich bei den weniger vermögenden Kun- den. Ausgerechnet die Premiumkunden sind für solche Angebote offener. Hier würde sich ja die klassische persönliche Beratung lohnen, da sich höhere Provisionen erzielen lassen. Daher stellt sich für die Institute die Frage, ob sie dieser Kundengruppe Rabatte auf den Ausgabeaufschlag gewähren möchten. Hier entsteht also ein gewisser Kannibalisierungs- effekt. Dieser kann im Zweifel auf die Asset Manager wie ein Bumerang zurückkommen. Wie lässt sich der Bumerang wieder ein- fangen? Da gibt es leider keine wirkliche Lösung. Sie können die Premiumkunden nicht vom Robo- Advice wegberaten. Als Bank können Sie immerhin einen Vorteil darin sehen, wenn ein vermögender Kunde Ihren Robo-Advisor nutzt: Er spielt eine Bestandsprovision ein und wechselt nicht zu einer Direktbank, wo er für Ihr Haus gänzlich verloren wäre. Geht es beim Einsatz von Robo-Bera- tung nicht vor allem darum, Stellen zu streichen und Personalkosten zu sparen? Dahinter steckt die alte Angst, dass die Ma- schine den Menschen ersetzt. Dass Robo-Ad- vice nur zum Abbau von Mitarbeitern unter- nommen wird, würde ich so pauschal nicht sehen. Gewiss müssen die Banken sparen und ihre Kostenstruktur effizienter gestalten. Im Zuge dessen werden Stellen wegfallen. Aber auf der anderen Seite werden neue Funktio- nen entstehen. Die Banken werden Mitarbei- ter dort einsetzen, wo die Produktivität und die Erlöse höher sind. Wo wäre das? Durch die Digitalisierung entsteht ein Wandel. Wenn eine Bank etwa eine Whats-App-Funk- tion anbietet, dann braucht sie einen Men- schen im Kundenservice, der die Fragen be- antwortet, die über diesen Kanal hereinkom- men. Das gibt es heute meist noch nicht. Da muss die Zahl der Angestellten aufgestockt werden. Das wäre dann eine interne Verlage- rung. Daher ist es auch sehr wichtig, die Mit- arbeiter bei dem Prozess mitzunehmen. Wenn Menschen einbezogen werden und einen Pro- zess selbst gestalten können, haben sie weni- ger Angst davor. Zum Wandel gehört auch eine digitale Unternehmenskultur. Es reicht nicht, wenn Institute Twitter- oder Facebook- Kanäle einrichten. Diese müssen sie auch mit Leben füllen. Und dabei kommt es darauf an, dass die Belegschaft mitzieht. Man muss die Menschen für die Digitalisierung mobilisieren. Wir stark werden die digitalen Kanäle denn tatsächlich genutzt? Die einzelne Nutzung ist noch gering. Aber es kommt darauf an, präsent zu sein und dabei zu lernen. Doch die Digitalisierung wirkt nicht nur nach außen zum Kunden hin, sondern auch nach innen, wenn es um die Automati- sierung interner Prozesse geht. Wie kann das konkret aussehen? Ein Beispiel ist die digitale Unterschrift. Das haben wir für eine Bank in Italien umgesetzt. Die konnte allein durch die Einführung eines elektronischen Unterschriften-Pads einen Effi- zienzgewinn um 30 Prozent erreichen. Bisher läuft es ja noch so ab: Der Kunde kommt in die Bank, erledigt seine Geschäfte, ein Vertrag oder Protokoll muss ausgedruckt werden. Dann läuft ein Mitarbeiter mit dem unter- schriebenen Exemplar durch die Bank und kopiert es oder scannt es ein und läuft wieder nach vorn an den Schalter. Mit einer papier- losen Abwicklung sparen Sie sich das alles. Der Kunde merkt davon meist nicht sehr viel. Aber es hilft Banken ungemein, in ihren Ab- läufen effizienter und besser zu werden. Ein anderes Beispiel aus der Anlageberatung ist, die Produktexperten eines Asset Managers per Videotelefonie dazu zu schalten. Hier ist etwa die Hypovereinsbank vorne mit dabei. Ein anderes Trendthema ist Big Data. Spielt das im Finanzwesen eine Rolle? Das bietet hervorragende Chancen, die derzeit bei Weitem nicht hinreichend genutzt werden. Einige Asset Manager führen etwa auch die Depots der Kunden. Das birgt einen großen Schatz an Daten, den es auszuwerten gilt. Wenn ein Haus heute für ein Finanzprodukt Christian Leurs: „Dass Robo-Advice nur zum Abbau von Mitarbeitern unternommen wird, würde ich so pauschal nicht sehen. Dahinter steckt die alte Angst, dass die Maschine den Menschen ersetzt.“ bank & fonds I christian leurs | eurogroup consulting 280 www.fondsprofessionell.de | 4/2016 Foto: © Cornelis Gollhardt Christian Leurs Christian Leurs absolvierte eine Ausbildung zum Bank- kaufmann. Dann studierte er Wirtschaftsrecht. Der exami- nierte Rechtsanwalt arbeitete zunächst im Fondsgeschäft und im Corporate Wealth Management einer internatio- nalen Großbank. Danach wechselte er in die Consulting- branche. Für zwei Beratungsgesellschaften war er mit Fokus auf die Finanzbranche tätig. 2007 wechselte Leurs dann zu Eurogroup Consulting. Dort betreut er Kunden im Asset Management und der Wertpapierabwicklung zum Thema Digitalisierung.
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