FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2016
310 www.fondsprofessionell.de | 4/2016 zent. Das möchte die Bundesarbeitsministerin ändern. Allein mit Steuererleichterungen lässt sich dies jedoch auf keinen Fall erreichen. So sieht der Referentenentwurf drei Durch- führungswege für das Sozialpartnermodell vor. Dieses können Unternehmen allerdings nur nutzen, wenn Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften sich im Tarifvertrag darauf einigen. Nicht tarifgebundene Arbeitgeber dürfen die neue bAV-Variante wählen, wenn sie einen entsprechenden Tarifvertrag freiwil- lig anwenden und die Versorgungswerke sich auch für sie öffnen. „Unternehmen, die sich für die neue bAV- Variante entscheiden, haben die Möglichkeit, zwischen den drei Versorgungswerken zu wählen. Anders als Mitte des Jahres noch dis- kutiert, ist zu Pensionsfonds und Pen- sionskasse die Direktversicherung hin- zugekommen. „Die große Überra- schung des Referentenentwurfs ist aber, dass der Gesetzgeber die Arbeit- geber mit der reinen Beitragszusage vollkommen aus der Haftung ent- lässt“, sagt bAV-Experte Arteaga. „In unserem Gutachten hatten wir eine so- genannte Zielrente empfohlen“, erläu- tert er. Diese erlaubt es den Tarifpar- teien, künftig selbst festzulegen, in welcher Höhe eine spätere Rentenlei- stung aus den bAV-Beiträgen garan- tiert werden soll. „Der jetzige Entwurf geht aber viel weiter“, sagt Arteaga. Nicht nur, dass das Nahles-Konzept Arbeitgeber, die das Sozialpartnermodell wählen, voll- kommen enthaftet. „Die bahnbrechende Än- derung liefert Paragraf 244b des Referenten- entwurfs“, erklärt er. Dieser Paragraf legt fest, dass Pensionsfonds, Pensionskassen und Le- bensversicherer reine Beitragszusagen nur dann umsetzen dürfen, wenn sie dafür keine Verpflichtungen eingehen, die garantierte Lei- stungen enthalten. „Damit sind Garantien im Sozialpartnermodell schlichtweg verboten“, sagt Arteaga. „Sofern der Entwurf in dieser Form umgesetzt wird, wäre das sozialpolitisch eine revolutionäre Änderung“, erklärt der Ex- perte. Ganz erheblich wären auch die Auswirkun- gen auf die Versicherer – und auf die Fonds- gesellschaften. Der Grund: Sind in der neuen bAV-Form keine Garantien mehr erlaubt, so müssen die Beitragssummen auch nicht wie bisher nach den strengen Anlagevorschriften investiert werden, die in der bAV gelten. „Das verschafft zunächst einmal den Unternehmen der Assekuranz neue Möglichkeiten“, sagt Arteaga. Denkbar wäre zum Beispiel, dass sie verstärkt Fondspolicen mit höheren Chancen- Risiko-Profilen anbieten. Damit würden auch die Fondsanbieter profitieren. Doch das ist nicht ihre einzige Chance. Pluspunkte für Fondsanbieter „Gerade wenn man sich den Durchfüh- rungsweg Pensionsfonds anschaut, kann man sagen, dass mit dem neuen Modell die Stunde der Fondsgesellschaften schlägt“, ist Arteaga überzeugt. Und auch bAV-Experte Schwerdtle hält die Befürchtungen der Versicherungs- branche, Kapitalverwaltungsgesellschaften könnten in ihr angestammtes Geschäftsfeld bAV einbrechen, für berechtigt. „Natürlich eröffnet das neue Modell den Häusern Zugang zu einem Markt, den bislang die Versicherer dominierten“, sagt er. Schließ- lich sei es ein erklärtes Ziel der Politik, die Kosten für die Kapitalanlage in der betriebli- chen Altersvorsorge zu senken und die späte- ren Rentensummen zu erhöhen. Und genau das funktioniert mit ETFs oder günstigen gemanagten Fonds besser als mit Versicherun- gen. „Andererseits haben die Unternehmen der Assekuranz den Fondsgesellschaften Jahr- zehnte an Erfahrung in der bAV voraus“, gibt Arteaga zu bedenken. „Es kommt darauf an, dass sie das Sozialpartnermodell als neues Ge- schäftsfeld erkennen und die Chancen, die sich ihnen bieten, kreativ nutzen.“ Doch selbst wenn die Versicherer das So- zialpartnermodell positiv nutzen soll- ten und Fondsgesellschaften sich einen guten Teil des Marktes erobern: Für die Vermittler wird die neue bAV-Va- riante nur bedingt Vorteile bringen. Denn: „Jede Order von Produkten geht direkt ins institutionelle Geschäft der Anbieter“, sagt Arteaga. „Den Ver- mittlern bleiben dann aber zumindest die Arbeitnehmer, die aus der bAV herausoptieren“, überlegt er. Dies ist über das im Referentenentwurf vorge- sehene Optionssystem zwar möglich. „Aber ich hoffe, dass die meisten Ar- beitnehmer die neue Form der bAV nutzen werden“, erklärt Arteaga. Im- merhin sei es ein gutes Modell, das Andrea Nahles durchgeboxt hat. ANDREA MARTENS | FP fonds & versicherung I betriebliche altersvorsorge Foto: © Heysenberg; DLA Piper Michael Schwerdtle, Heysenberg: „Das Sozialpartner- modell ist sehr interessant.“ Marco Arteaga, DLA Piper: „Das Modell wäre sozialpoli- tisch eine revolutionäre Änderung.“ Mäßiges Interesse Antworten auf die Frage, ob ein bAV-Vertrag gewünscht ist 15 Prozent der 1.001 befragten Arbeitnehmer haben großes Interesse an einer bAV, 33 Prozent hingegen überhaupt nicht. Quelle: Yougov bAV-Report 2016 trifft überhaupt nicht zu trifft eher nicht zu trifft voll und ganz zu trifft eher zu weiß nicht 0 % 20 % 40 % 60 % 80 % 100 % 2015 2013 2011 2009 2008 2007 2006 2005 2004 2003 33 % 29 % 24 % 5 % 9 % 33 % 26 % 18 % 15 % 9 %
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