FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2016

318 www.fondsprofessionell.de | 4/2016 teilen und die Anleger warnen, falls sich die Risikostruktur eines Instruments nachteilig verändert. Schlimmstenfalls muss der Vertrieb des betreffenden Produkts eingestellt werden. Es kann sogar dazu kommen, dass ein Emittent ein zu riskant gewordenes Instrument ganz vom Markt nehmen muss.  „Execution only“ Künftig wird es nicht mehr möglich sein, „komplexe Finanzprodukte“ im „Execution only“-Modell zu vertreiben. Auch Fonds- discounter und Robo-Berater müssen dann zumindest die Angemessenheit eines Instru- ments für den Anleger prüfen. UCITS-Fonds werden jedoch nicht zu den komplexen Finanzprodukten zählen. ANDREA MARTENS | FP steuer & recht I mifid II Foto: © Patriarch Dirk Fischer I Patriarch Multi-Manager „Noch jede Menge Fragen offen“ Dirk Fischer, Geschäftsführer der Produktschmiede Patriarch Multi-Manager in Frankfurt, über die größten Herausfor- derungen, die er in der kommenden EU-Finanzmarktrichtlinie Mifid II sieht: das Taping und die Product Governance. D irk Fischer kennt als Geschäftsführer des Frankfurter Unternehmens Patri- arch Multi-Manager die Anforderun- gen, vor die Mifid II Kapitalverwaltungsge- sellschaften (KVGs) stellt. Ebenso weiß er um die Hürden, die der Vertrieb nehmen muss. Der Grund dafür: Patriarch Multi- Manager konstruiert Produkte für den Ver- mögensaufbau und organisiert den Vertrieb. Gemanagt werden sie aber von Fondsgesell- schaften, mit denen Fischer in engem Kon- takt steht. FONDS professionell sprach mit ihm über seine größten Bedenken in Bezug auf die EU-Finanzmarktrichtlinie und den Referentenentwurf der Bundesregierung. Herr Fischer, unter dem Regime von Mifid II dürfen Finanzdienstleister Pro- visionen nur noch vereinnahmen, wenn sie diese dafür einsetzen, die Qualität der Dienstleistung für ihre Kunden zu erhöhen. Wird das viel zusätzliche Arbeit bringen? Dirk Fischer: Natürlich, immerhin muss man sich erst einmal überlegen, welche Aktivitäten man schon anbietet oder künftig zusätzlich anbieten kann, um die Servicequalität zu er- höhen. Dann muss man die Aufgaben vertei- len, und schließlich müssen diese Zusatzleis- tungen regelmäßig und nachweislich erbracht werden. Wenn man für die Kunden zum Bei- spiel ein Online-Login zu ihren Depots be- reitstellen möchte, dann muss das entwickelt werden. Oder wenn ein vierteljährliches Re- porting angeboten werden soll, muss es erst einmal aufgesetzt und dann regelmäßig er- stellt werden. Hinzu kommt, dass wir künftig ohnehin jedes Jahr allen Kunden gegenüber die verdienten Gesamtprovisionen ausweisen müssen. Aber die neuen Regelungen für die Vereinnahmung von Provisionen sind bei Weitem nicht das einzige Problem. Sondern? Was wie ein Damoklesschwert über der Branche der Finanzanlagenvermittler hängt, ist das Thema Taping. Wenn das wirklich so umgesetzt wird, wie es jetzt im Referenten- entwurf steht, dann ist das zumindest für den Einzelkämpfer fast ein Todesurteil. Unser Un- ternehmen hat zum Beispiel fünf Mitarbeiter. Unser zentrales Büro befindet sich in Frank- furt, wir haben noch drei Homeoffice-Ar- beitsplätze. Aber wir sind alle ständig unter- wegs und beraten daher viel über Smartpho- ne. Künftig müssen wir alle Passagen aus ei- nem Beratungsgespräch, die möglicherweise zu einer Order führen, aufnehmen. Nun möchte ich mal wissen, wie ich das mit dem Smartphone machen soll. Es gibt meines Wissens keine App, mit der man gleichzeitig telefonieren und das Gespräch aufzeichnen kann. Und selbst wenn es eine solche An- wendung gäbe, wäre es kompliziert. Ich weiß schließlich nicht, ob es am Ende zu einer Order kommt, und welche Gesprächspassa- gen möglicherweise dafür ausschlaggebend sein könnten. Also muss ich das Band eigent- lich die ganze Zeit laufen lassen. Meine Kun- den erzählen mir aber auch private Dinge. Diese darf ich aus Gründen des Datenschut- zes nicht aufnehmen, also müsste ich dauernd ein- und ausschalten. Das ist mit dem Smartphone aber erst recht unmöglich. Die Fondsgesellschaften halten sich mit Kommentaren zu Mifid II derzeit ab- wartend zurück. Was belastet sie Ihrer Kenntnis nach am meisten? Die Product Governance ist für die KVGs und den Vertrieb eine große Aufgabe. Die Gesellschaften sollen Zielmärkte definieren, der Vertrieb muss die Produkte, die er im Portfolio hat, den richtigen Zielkunden zu- ordnen. Das allein ist schon aufwendig. Aber das große Problem besteht darin, dass bisher niemand weiß, wie diese Zielmärkte und -gruppen überhaupt zu definieren sind. Im Moment schielen die Fondshäuser zu den Vertrieben, um herauszufinden, wie diese ihre Kunden kategorisieren, und umgekehrt. Die Product Governance lässt noch jede Menge Fragen offen. Und die ganze Regulierung führt dazu, dass wir immer mehr Zeit mit Verwaltungsarbeit verbringen und immer we- niger für unseren eigentlichen Job zur Verfü- gung haben – die Beratung unserer Kunden. Dirk Fischer, Patriarch Multi-Manager: „Das Thema Taping hängt wie ein Damoklesschwert über uns.“

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