FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2016
Sie meinen, das Band wird die ganze Zeit über mitlaufen? Nicht unbedingt. Bei den Aufzeichnungen müssen die Institute die datenschutzrechtli- chen Vorgaben einhalten. Aufzuzeichnen sind nach den Vorgaben des Gesetzgebers grund- sätzlich nur diejenigen Teile des Gesprächs oder der elektronischen Kommunikation, in denen über die Risiken, die Ertragschancen oder die Ausgestaltung von Finanzinstru- menten sowie Finanzdienstleistungen gespro- chen wird. Manche Politiker sprechen sich dafür aus, auch im persönlichen Beratungs- gespräch alle schriftlichen Protokolle durch Tonaufzeichnungen zu ersetzen. Wie sieht es damit aus? Sowohl der europäische Level II als auch der Referentenentwurf für das Zweite Finanz- marktnovellierungsgesetz stellen beide Mög- lichkeiten nebeneinander. Ich kann ein schrift- liches Protokoll erstellen, ich kann das Ge- spräch aber auch auf einem sogenannten dauerhaften Datenträger aufzeichnen – natür- lich nur, wenn der Kunde zustimmt. Einen dauerhaften Datenträger definiert Mifid II dahingehend, dass alle Informationen, die sich darauf befinden, ständig einsehbar sein müs- sen und nicht nur flüchtig sein dürfen. Darun- ter können auch Tonträger fallen. Das soll tatsächlich auch für das persön- liche Gespräch gelten? Ja, auch im persönlichen Gespräch muss der Berater eine Ordererteilung und alles, was dazu führt, dokumentieren. Dafür darf er das Beratungsgespräch aufzeichnen. Natürlich auch in diesem Fall nur, sofern der Kunde damit einverstanden ist. Der Berater kann aber auch ein schriftliches Protokoll oder einen Vermerk anfertigen. Und was gilt die für die Geeignetheits- erklärung? Für die Geeignetheitserklärung muss grund- sätzlich ein dauerhafter Datenträger verwendet werden, auf dem der Berater die Erklärung zusammenfassend schriftlich dokumentiert. Komplexe Finanzprodukte dürfen unter dem Regime von Mifid II nicht mehr im „Execution only“-Modell vertrieben wer- den, also beratungsfrei und ohne Ange- messenheitsprüfung. Wird Mifid II auch einige Ucits-Fonds als komplexe Produk- te einstufen? Nein, Ucits-Fonds werden weiterhin zu den nicht komplexen Finanzprodukten zählen. Es sei denn, es handelt sich um sogenannte struk- turierte Fonds, die nach einer bestimmten For- mel Erträge erwirtschaften und beispielsweise an die Wertentwicklung eines Index gebunden sind. Nein, Mifid II wird in diesem Punkt nichts ändern. Vermittler müssen Kunden künftig über alle Transaktionskosten eines Fonds in- formieren. Diese sind bislang nicht Teil der Gesamtkostenquote, und den „We- sentlichen Anlegerinformationen“ lassen sie sich auch nicht entnehmen. Wie soll das funktionieren? Wir gehen davon aus, dass die Fondsge- sellschaften sich mit den Vertriebsstellen in Verbindung setzen werden. Das dürfte im Moment auch schon passieren. Gerade in Ver- bünden, aber auch ansonsten besteht ja ein beiderseitiges Interesse daran, dass die Pro- dukte verkauft werden. Daher gehe ich nicht davon aus, dass dies in der Praxis ein größeres Problem wird. Vielen Dank für das Gespräch. ANDREA MARTENS | Ein Interview, in dem sich Elisabeth Roegele zum Thema Product Governance äußert, ist bei FONDS professionell ONLINE bereits erschienen. Hier finden Sie das Interview: FP steuer & recht I elisabeth roegele | bafin 324 www.fondsprofessionell.de | 4/2016 » Ucits-Fonds werden auch unter Mifid II als nicht komplexe Finanzprodukte gelten und dürfen weiterhin im Execution-only-Modell vertrieben werden. « Elisabeth Roegele, Bafin Foto: © Axel Gaube Elisabeth Roegele: „Sowohl der europäische Level II als jetzt auch der Referentenentwurf stellen schriftliche Protokolle von Beratungsgeprächen und Tonaufzeichnungen nebeneinander.“ Online weiterlesen: QR-Code scannen oder www.fponline.de/BAFIN416 eingeben
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