FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2016

337 www.fondsprofessionell.de | 4/2016 klettern nach oben. „Geringerer Wettbewerb und höhere Preise reduzieren die gesamtwirt- schaftliche Nachfrage und den Wohlstand“, fassen Ockenfels und Schmalz zusammen. Auch die Monopolkommission kommt zu dem Schluss, dass „ein wesentliches wettbe- werbsverzerrendes Potenzial“ bestehe. Das Urteil des Expertengremiums mag Ge- wicht haben. Dennoch wirft die Kartellthese Fragen auf. Denn trotz des rasanten Wachs- tums: Selbst die größten Asset Manager sind nach wie vor nur Minderheitseigner. So ist zwar der Branchenprimus Blackrock mit dem ETF-Ableger iShares zu einem wesentlichen Eigner vieler Dax-Konzerne aufgestiegen (sie- he Grafiken), mitunter ist das Haus sogar der größte Aktionär. Von einer dominierenden Rolle ist jedoch auch der größte Vermögens- verwalter der Welt noch weit entfernt. Die Verfechter der Kartellthese verweisen hier auf regelmäßige Treffen der Fondsmana- ger mit Führungskräften der Unternehmen, an denen sie beteiligt sind. Hier würden die Port- folioverwalter mitunter deutlich ihre Vorstel- lungen vortragen, wie sie sich die Konzern- strategie vorstellen. Rein vom Stimmrechts- anteil gesehen sei der Einfluss der Asset Ma- nager zwar begrenzt. Doch die Unternehmen hätten ein Interesse an guten Beziehungen zu den Investoren. Daher reiche der tatsächliche Einfluss der Asset Manager auf die Unterneh- men weit über die Stimmabgabe bei Haupt- versammlungen hinaus. Diffus erscheint das Argument, dass es kei- nerlei konkreter Absprachen bedürfe, damit der Wettbewerb erlahme. Um ihre These zu untermauern, verweisen die Verfechter der Kartellthese daher auf empirische Studien aus den USA. Ei- ne davon untersuchte den Wettbe- werb im US-Flugverkehr. Die For- scher kamen zu dem Ergebnis, dass auf den Strecken, auf denen die betreibenden Airlines die gleichen Anteilseigner haben, die Preise von 2009 bis 2015 stärker stiegen als für Verbindungen, bei denen die betrei- benden Fluggesellschaften völlig un- terschiedliche Aktionäre haben. Eine andere Studie kam für den US-Bankensektor zu einem ähnlichen Ergebnis. Die Fondsindustrie sieht die Sach- lage naturgemäß anders. Der Bran- chenverband BVI, der sich bereits mit dem Thema beschäftigt hat, führt zwei Argumente ins Feld: Die US- Studien, auf die sich die Monopolkommission und die Kartelltheoretiker beziehen, hätten an- dere mögliche Einflussfaktoren nicht unter- sucht. So komme etwa der steigende Ölpreis ebenfalls als Ursache für kletternde Preise im Flugverkehr in Frage. Bei den erwähnten Stu- dien handle es sich zudem lediglich um Diskussionspapiere. Die Arbeiten seien noch nicht von wissenschaftlichen Gremien gegen- geprüft worden. Dafür sei die Untersuchung anderer Einflussfaktoren aber Voraussetzung. Das zweite Argument: Die Kartellthese übersehe völlig den Treuhändergedanken eines Investmentfonds. Die Asset Manager würden die Firmenanteile im Interesse der jeweiligen Fondsanleger verwalten, nicht in ihrem eigenen. So könnten selbst Portfolio- manager aus demselben Haus völlig unter- schiedliche Strategien verfolgen. Die Inter- essenlage sei also viel heterogener. Weitreichende Vollmachten Bleibt die Frage, ob die Wettbewerbshüter auf dieser Basis ein Kartellverfahren einleiten. Ausgeschlossen ist das nicht. „Die Kartellbe- hörden schrecken keineswegs davor zurück, Neuland zu betreten, wenn sie Anhaltspunkte für wettbewerblich problematische Strukturen sehen. Sie sind dann durchaus gewillt, auch rechtlich völlig neuartige Fälle aufzugreifen“, sagt Kartellrechtsexperte Michael Dietrich, Partner der Wirtschaftskanzlei Herbert Smith Freehills. „Die Frage ist, ob es sich hier um ein kartellrechtlich relevantes Fehlverhalten von einzelnen Akteuren handelt oder ob diese Strukturen nach dem geltenden Recht nicht aufzugreifen sind“, sagt er. Eröffnen die Behörden ein Verfahren, hät- ten sie weitreichende Vollmachten. „Sie könn- ten unter anderem die Herausgabe der Kom- munikation, etwa von E-Mails, zwischen den Investoren und den Portfoliounternehmen, aber auch zu anderen Investoren oder Unter- nehmen verlangen“, erläutert Dietrich. Auch wenn es zu keiner Prüfung kommt oder das Verfahren ergebnislos verläuft, ist der Fall noch nicht ausgestanden. Selbst wenn kein Fehlverhalten nachzuweisen ist, könnte der Gesetzgeber angesichts der beobachteten Phä- nomene von einer Art Systemfehler im Wettbewerb ausgehen, den er durch schärfere Gesetze auszumerzen versuchen würde. Damit es gar nicht erst so weit kommt, mahnt Kartellrecht- ler Dietrich die Asset Manager zur Vorsicht bei öffentlichen Äuße- rungen und interner Kommunikation: „Investoren sollten jeglichen Ein- druck vermeiden, der auf wettbe- werblich problematische Strukturen hindeuten könnte.“ Das wiederum widerspricht der Philosophie mancher Häuser. So äußert etwa Blackrock – auch als passiver Investor – regelmä- ßig seine Vorstellungen über ethisch, sozial und ökologisch verantwor- tungsvolle Unternehmensführung – ein Vorgehen, das wohl kaum zu ver- dammen ist. SEBASTIAN ERTINGER | FP Michael Dietrich, Herbert Smith Freehills: „Kartellbehörden schrecken nicht davor zurück, Neuland zu betreten.“ Wem Deutschlands Topkonzerne gehören Institutionelle Dax-Investoren 2015 (Veränderung gegenüber 2014) Anteilsvolumen institutioneller Investoren an Dax-Konzernen. *2014: Deutsche Asset & Wealth Management | Quelle: Monopolkommission, Dt. Investor Relations Verband, Ipreo 0 Mrd. USD 10 20 30 40 UBS Asset Management Natixis Asset Management Capital Group Legal & General Investment Mgmt. Union Investment Privatfonds Deka Investment Allianz Global Investors Amundi Asset Management Lyxor Asset Management State Street Global Advisors Deutsche Asset Mgmt.* Vanguard Group Norges Bank Investment Mgmt. Blackrock 52,52 Mrd. USD | + 7,96 Mrd. 25,14 Mrd. USD | + 1,14 Mrd. zu 2014 21,8 Mrd. USD | + 5,3 Mrd. 17,61 Mrd. USD | + 4,6 Mrd. 16,2 Mrd. USD | –0,4 Mrd. 16,03 Mrd. USD | –2,83 Mrd. 13,27 Mrd. USD | + 3,03 Mrd. 12,15 Mrd. USD | + 1,9 Mrd. 11,67 Mrd. USD | –0,12 Mrd. 8,92 Mrd. USD | –0,74 Mrd. 8,32 Mrd. USD | + 0,22 Mrd. 8,15 Mrd. USD | –9,02 Mrd. 6,82 Mrd. USD | + 0,33 Mrd. 5,99 Mrd. USD | + 1,26 Mrd.

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