FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2017
206 www.fondsprofessionell.de | 3/2017 vertrieb & praxis I fondsplattformen Foto: © Fotolia | peterzayda E igentlich können die deutschen Fonds- plattformen nicht klagen: Das Geschäft läuft. Im vergangenen Jahr wuchs das betreute Vermögen der Dienstleister im B2B- Bereich um 12,1 Prozent auf rund 205 Mil- liarden Euro, zeigen Zahlen des britischen Be- ratungshauses Platforum. „Wichtigster Grund ist die anhaltende Nachfrage nach Investment- fonds in Deutschland aufgrund der Minizin- sen“, sagt Platforum-Analyst Rodolfo Crespo. Die Nachfrage locke zudem ausländische Asset Manager an, die ihre Produkte auf den deutschen Plattformen registrieren ließen und so für weiteres Volumenwachstum sorgten. Die Plattformmanager können sich aber nicht zurücklehnen und hoffen, dass ihnen der Fondsboom weiterhin Assets beschert. Sie ha- ben eine Reihe von Hausaufgaben zu machen: „Die Umsetzung der EU-Finanzmarktrichtli- nie Mifid II und der Investmentsteuerreform sind die beiden Punkte, die die Branche im Moment und in näherer Zukunft am meisten beschäftigen“, benennt Christian Dicke, Ge- schäftsführer der Fondsdepot Bank, die aktu- ell größten Herausforderungen für die Bran- che. Dazu kommen die digitale Transforma- tion sowie perspektivisch Änderungen in den Vergütungsmodellen. All dies beschert den IT- Abteilungen der Anbieter Überstunden. Die Mifid II zwingt die Finanzdienstleis- tungsbranche im Moment dazu, sich sehr mit sich selbst zu beschäftigen. Mifid II soll den Verbraucherschutz stärken. Daher will das Re- gelwerk beim Vertrieb von Finanzanlagepro- dukten für mehr Transparenz und Klarheit sorgen. Die Fondsindustrie – und mit ihr die Plattformen als zentrales Bindeglied zwischen Anbietern und Vertrieben – muss den Banken und Vermittlern mit zahlreichen Gebühren- angaben dabei helfen, demAnleger die gefor- derte Kostentransparenz sicherzustellen. Der Kunde wird gleich zweifach aufgeklärt: Vor der Vermittlung (ex ante) erhält er Informa- tionen über sämtliche Kosten des Produkts, inklusive Depotgebühren und Provisionen. Danach (ex post) muss der Vertrieb dem Anleger einmal im Jahr offenlegen, was ihn sein Investment tatsächlich gekostet hat (siehe auch das Mifid-II-Spezial ab Seite 316). In der Theorie hört sich das recht einfach an, in der Praxis tun sich jedoch jede Menge Fragen auf. Nicht zuletzt die, wer sich feder- führend um die Umsetzung der Vorschriften kümmert: Fondsplattform, Maklerpools oder Berater? „Die finale Verantwortung für das Einhalten der Mifid-II-Anforderungen hat das letzte Glied der Kette, der Vermittler“, sagt Wesselin Kruschev, Managing Principal der Beratungsfirma Capco in Frankfurt. Dem Wunsch der EU-Wertpapieraufsicht ESMA zufolge sollen bei mehrstufigen Vertriebsket- ten jedoch alle Beteiligten dazu beitragen, dass die Informationen fließen. Alles andere wäre auch praxisfern, schließlich kennt jeder in der Kette meist nur einen Teil der Daten. Bezogen auf den einzelnen Anleger können die Fondsplattformen beispielsweise nur die Angaben zu den Depotgebühren liefern. Wie viel Provision beim einzelnen Berater an- kommt, weiß meist nur der Maklerpool. Zahlreiche Puzzleteile Die Frage, wer welches Puzzleteil zum Kostenausweis beisteuert, ist noch verhältnis- mäßig einfach zu klären. Der eigentliche Knackpunkt für die Plattformen und die an- deren Beteiligten ist die technische Umset- zung der Mifid-II-Vorgaben. Es gehe darum, „Komplexität in den Griff zu bekommen“, wie Kruschev es formuliert. Die vielen Daten und Dokumente müssen aufbereitet und in die Systeme integriert werden, damit sie in Echt- zeit reibungslos zwischen allen Teilnehmern ausgetauscht werden können. Ein Beispiel: Klar ist, dass der Frankfurter Dienstleister WM Datenservice die Angaben zu den Fondskosten und den künftig vorge- schriebenen Zielmarktdefinitionen bei den Kapitalverwaltungsgesellschaften einsammeln und im Markt verteilen wird. Die Plattformen haben zwar alle schon entsprechende Schnitt- stellen, allerdings müssen sie diese nun um zusätzliche Felder ergänzen. „Als Fondsplatt- form muss man bei all diesen unterschied- lichen Datenaufstellungen dem Digitalisie- rungsgrad der Partner Rechnung tragen. Eini- ge sind vollkommen digital unterwegs, andere haben noch viele analoge Prozesse“, ergänzt Rudolf Geyer, Geschäftsführer der European Bank for Financial Services (Ebase). Die Investmentsteuerreform, die Anfang kommenden Jahres in Kraft tritt, verlangt den IT-Abteilungen ebenfalls viel Arbeit ab. Ein wichtiger Teil der Reform ist die Vorabpau- schale, die Anleger dem Fiskus entrichten müssen (lesen Sie hierzu den Artikel in FONDS professionell 2/2017, Seite 310). In der Praxis wird es Aufgabe der Fondsplattfor- men sein, diese Vorabpauschale bei den End- kunden zu erheben und an das Finanzamt weiterzuleiten. Das Geld kann beispielsweise vom Verrechnungskonto eingezogen werden, Die Regulierung fordert die Fondsplattformen heraus. Perspektivisch bedeutet sie nicht nur Überstunden für die IT, sondern auch Änderungen im Geschäftsmodell. Vielbeschäftigte Großhändler Die Fondsplattformen sind die Großhändler der Investmentbranche: Sie lagern die Produkte, die Finanzvertriebe mithilfe ihrer Berater an die Kunden vermitteln. Der Druck auf die Marge steigt.
RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=