FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2017
D ie Entscheidung war ein Rück- schlag für den sonst so erfolgs- verwöhnten Branchenriesen Blackrock: Amundi-Chef Yves Perrier verkündete, dass Pioneer Investments nach der Übernahme auf die hauseige- nen IT-Systeme der Franzosen umzie- hen wird. Damit verlor der US-Anbieter einen wichtigen Kunden für sein Risi- ko- und Analyseprogramm Alad- din. Das New Yorker Haus forciert den Ausbau von Datendienstleistungen mit allen Kräften. Amundi- Chef Perrier hingegen heg- te offen Bedenken, eine Dienstleistung der Konkur- renz zu nutzen. „Über eine eigene IT zu verfügen bedeutet, den Schlüs- sel zum Erfolg in Händen zu halten“, sag- te der Franzose. Diese Anekdote verdeutlicht: Wie in ande- ren Branchen spielt auch in der Finanzindus- trie eine leistungsfähige IT eine wichtige Rol- le. Doch oftmals krankt es offenbar daran, dass Computer und Programme nicht auf dem aktuellen Stand der Technik sind. Dies legen jedenfalls die zahllosen Berichte über die ver- altete IT-Infrastruktur bei Banken nahe. So identifizierte etwa Deutsche-Bank-Chef John Cryan nach seinem Amtsantritt die marode Banksoftware als eines der Kernprobleme des größten deutschen Geldhauses – neben den unzähligen Skandalen. Auch in der Fondswelt sieht es oft nicht viel besser aus als bei den Nachbarn in den Banktürmen – jedenfalls global gesehen. Umfragen unter Asset Managern kommen zu dem Ergebnis, dass ein wesentlicher Teil der Gesellschaften mit einer alten IT-Infra- struktur ringt. Das Ausmaß variiert je nach Befragung: Der Softwareanbieter Simcorp kam auf ein Viertel, das Fachmagazin „Funds-Europe“ und die Unternehmensbe- ratung CEB Towers Group in jeweils eige- nen Umfragen auf 50 Prozent oder mehr. Die große Differenz zwischen den drei genannten Umfragen mag einerseits von einer unterschiedlichen Definition von „alt“ herrühren. So werteten die CEB-Experten beispielsweise Software von vor 2007 als Alt- bestand – im Fachjargon auch „Legacy Sys- tems“ genannt. Andererseits unterscheidet sich der Bestand je nach Land zum Teil erheblich. In Deutschland jedenfalls scheinen die Pro- gramme nur selten älter als zehn Jahre zu sein. Damals rüsteten viele Gesellschaften ihre Systeme auf moderne Maschinen um. „In Deutschland gab es in den Jahren 2005 bis ungefähr 2009 eine große Welle der Software- Migration“, berichtet Oliver Widmann, Zen- traleuropa-Vertriebschef von Simcorp. Losgetreten wurde diese Welle, weil die Produktpflege der damals weit verbreiteten Fondsbuchhaltungssoftware V3 eingestellt wurde. Ursprünglich von der Firma SER entwickelt, wan- derten Programm und Firma in die Hände von Forbatec. Diese wurde 2000 wiederum von Sungard geschluckt. Der US-Technologiekonzern ent- schied, die Software auslau- fen zu lassen und eine Neu- entwicklung auf den Markt zu werfen. Dies brauchte jedoch Zeit. Die aufklaffende Lücke nutzten Anbieter wie die dänische Simcorp mit ihrem Programm Dimen- sion oder die Schweizer Gesellschaft Profidata mit Xentis, um in den deut- schen Markt vorzustoßen. „Damals herrschte eine Goldgräberstim- mung“, erinnert sich Widmann. Die beiden Newcomer eroberten Zug um Zug den deut- schen Markt und teilten ihn praktisch unter- einander auf. Den Rest schnappten sich Diamos aus Sulzbach im Taunus sowie das Nachfolgesystem von Sungard. Auf interna- tionaler Ebene konkurrieren neben Blackrock Unternehmen wie Charles River oder Multi- fonds, früher Igefi, um Kunden in der Asset- Management-Industrie. Lohnende Investition Der umfassende Systemwandel Ende des vergangenen Jahrzehnts hierzulande bescherte den Softwarehäusern dicke Auf- tragsbücher, der Fondsbranche aber auch einen vergleichsweise aktuellen Stand der Technik. Die hohen Investitionen in eine neue IT-Infrastruktur dürften sich aus- gezahlt haben. Denn Gesellschaften mit alten Systemen ringen darum, diese an die aktuellen Anforderungen anzupassen. Die nötigen neuen Anwendungen basteln die Programmierer mühsam an den alten Soft- warekern an. Über die Zeit entsteht so ein Flickenteppich – bei dem früher oder später eine der zahllosen Nähte reißen wird. So klagten in einer „Funds-Europe“-Um- Computer-Stein- zeit: Viele Finanz- dienstleister wickeln ihren Be- trieb auf maroden Maschinen ab. Der Aufwand ist hoch, die Effizienz gering. 246 www.fondsprofessionell.de | 3/2017 vertrieb & praxis I it-systeme Foto: © Fotolia |Olexandr Bitte updaten! Reif fürs Museum Alte IT-Systeme sind weit verbreitet. Die Hälfte der Fondshäuser arbeitet zum Teil mit alter IT-Infra- struktur, ein Viertel komplett. Quelle: Umfrage von Funds-Europe, 2015 0 % 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % Weiß nicht/Sonstiges Viel Etwas Gar nicht 0 % 5 % 10 % 15 % S In welchem Ausmaß Fondsanbieter alte IT beim Portfoliomanagement oder der Buchhaltung nutzen: 48 % 16 % 25 % 11 % Viele Asset Manager ringen mit einer alten IT-Infrastruktur. Aber selbst moderne Systeme kommen wegen der vielen neuen Anforderungen ins Straucheln.
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