FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2017

bank & fonds I eirill k. holtvedt | dnb wealth management 292 www.fondsprofessionell.de | 3/2017 Foto: © DNB Wealth Management E irill K. Holtvedt kann sich nicht daran er- innern, wann sie das letzte Mal Bargeld in der Tasche hatte. Skandinavische Länder gelten als Vorreiter bei der Digitalisie- rung des Finanzsektors. Das Fallbeispiel DNB zeigt, warum. Die größte Bank des Landes sieht sich inzwischen als „Technologiekonzern mit Banklizenz“ – und verbucht sehenswerte Erfolge mit digitalen Services. „Banken kön- nen mit Fintechs mithalten“, so Holtvedt, Head of Strategy &Analysis. Ähnlich wie in Deutschland wurden die Berater bisher aber zu wenig in die Digitalisierungsstrategien ein- bezogen, sagt sie. Das soll sich ändern. Frau Holtvedt, im ersten Halbjahr 2016 hat die DNB die Zahl ihrer Filialen auf 57 halbiert. Wo stehen Sie heute? Eirill K. Holtvedt: Ungefähr bei derselben Zahl. Es gibt immer noch in allen 19 Land- kreisen Zweigstellen. Unsere Absicht ist, dass kein Kunde länger als eine halbe Stunde zur nächsten Filiale brauchen sollte. Trotzdem, ist das schon das Ende? Wenn Sie zehn oder zwanzig Jahre nach vorn blicken, wie sieht Ihre Prognose aus? Neun von zehn Norwegern erledigen ihre Bankgeschäfte online, was sehr viel ist. Wir haben im Moment keine Ambitionen, weitere Filialen zu schließen, aber die Kunden ma- chen ihr Banking lieber über digitale Kanäle. Die neue Welt des Banking ist unzweifelhaft digital. Mobile Banking ist gekommen, um zu bleiben. Wenn wir die Kunden fragen würden: „Sollen wir in Filialen oder in digitale Ser- vices investieren?“, fiele die Wahl auf zwei- teres. Man kann bei uns Banking über einen Telefonservice erledigen, der 24 Stunden sie- ben Tage die Woche geöffnet ist, 365 Tage im Jahr. Wir kommunizieren sehr stark über Chat und soziale Medien. Außerdem haben wir „In-Store Banking-Outlets“. Sie meinen den Supermarkt, in dem man auch Bankgeschäfte macht? Wir haben eine Kooperation mit der Post. De- ren Filialen befinden sich oft in Supermärkten. Dort kann man Bankgeschäfte erledigen. Wie hat sich die Umstrukturierung 2016 auf die Effizienzkennzahlen ausgewirkt? Das alles war kein Kostenreduktionspro- gramm. Der Hauptgrund für die massiven Einschnitte bei Filialen und Personal war die Anpassung an die digitale Realität. Wir haben die Auswirkungen nicht auf die Cost-Income- Ratio heruntergebrochen, weil da zu viele Faktoren eine Rolle spielen. Natürlich fielen aufgrund der Filialschließungen 600 Vollzeit- stellen weg. Dafür investieren wir in digitale Infrastruktur. Und im Telefonservice braucht man mehr Leute. Auch die müssen gut sein. Was ist mit älteren Kunden, die bei der Digitalisierung nicht mehr mitkommen? Da sind wir im Vorjahr einen neuen Weg ge- gangen. Wir bieten zwar seit Jahren Kurse an, 2016 und in diesem Jahr haben wir aber alle unsere „nicht digitalen“ Kunden direkt ange- schrieben und zu einem Internet-Banking- Kurs eingeladen. 3.000 Personen sind allein 2016 gekommen. Dann haben wir noch einen „Guide to the Internet“ erstellt: Er speist sich aus Tipps, die erfahrene Internetnutzer den Die größte norwegische Bank, die DNB, hat in einem radikalen Schritt die Hälfte ihrer Filialen geschlossen. Das Institut setzt alles auf digitale Dienstleistungen. Eirill K. Holtvedt , Head of Strategy & Analysis bei DNB Wealth Management , gewährt Einblick in eine Welt, die für deutsche Banken noch Zukunft ist. „Die neue Welt ist digital “ » Die Filialschließungen waren kein Kostensenkungsprogramm. Wir mussten uns an die Kundenwünsche anpassen. « Eirill K. Holtvedt, DNB Wealth Management, Oslo Eirill K. Holtvedt, DNB Wealth: „Kürzlich haben wir die Anlage-App ‚Spare‘ eingeführt. Nur zwei Monate nach dem Launch haben 200.000 Leute die App heruntergeladen – zehn Prozent aller Kunden. Das ist, glaube ich, sehr gut.“ Der norwegische Bankensektor In Norwegen gibt es zwei Arten von Banken: Geschäfts- banken (meist Töchter ausländischer Institute) und Spar- kassen (ursprünglich unabhängige und eigentümerlose Stiftungen). Die Sparkassen sind meist in Allianzen zu- sammengeschlossen. Diese sind keine geografischen Verbünde, sondern Interessengruppen. Sie kooperieren bei Technologie, Abwicklung, Werbung, Einkauf etc. Außerdem haben sie gemeinsame Töchter – etwa Versi- cherer oder Emissionshäuser für Pfandbriefe. 105 der 126 Banken in Norwegen sind Sparkassen. Die DNB Bank vereinigt allein 62 Prozent der Bilanzsumme des Spar- kassensektors auf sich. Sie ist Mitglied des Sparkassen- verbandes, wird aber seit 2015 als Privatbank behandelt, weil der Aktienanteil der Sparkassenstiftungen an der DNB unter zehn Prozent gefallen ist. Quelle: DSGV

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