FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2017
weniger Erfahrenen via soziale Medien gege- ben haben. Wenn es immer wieder heißt, dass ältere Leute nicht mitkommen, ist das aber ohnehin zu hinterfragen. Laut der Studie „Norwegian Daily Banking Survey 2016“ ist die Zahl der über 66-Jährigen, die Online- Banking nutzen, in den vergangenen vier Jah- ren von 53 auf 75 Prozent gestiegen. Wie hat die Digitalisierung bei Ihnen die Vermögensberatung verändert? Natürlich verlagert sich seit Jahren die Kun- dennachfrage von klassischen Beratungs- gesprächen hin zu zeitsparenderen Kontakt- formen. Dazu kommt aber, dass neue Regeln den traditionellen Dialog mit den Konsumen- ten sehr teuer gemacht haben. Man ist also ge- zwungen, in digitale Lösungen zu investieren, um mit der Regulierung fertig zu werden. Wir arbeiten daran, Hybridangebote aus persönli- cher und digitaler Expertise zu finden. Welche zum Beispiel? Kürzlich haben wir eine Anlage-App namens „Spare“ ( norw. Ersparnisse, Anm. ) eingeführt. Da können Kunden nicht nur unsere, sondern jeden Fonds am norwegischen Markt sowie Aktien handeln und persönliche Sparziele de- finieren. Diese App wird weiterentwickelt um Investmentberatung. Nur zwei Monate nach dem Launch haben 200.000 Leute die App heruntergeladen – zehn Prozent aller Kunden. Sie haben dabei 35.000 Sparpläne aufgesetzt. Das ist, glaube ich, sehr gut. Wir erhalten au- ßerdem durch die Regierung Vorschub. Die will die Quote des Aktienbesitzes heben und hat ein „Aktiensparkonto“ geschaffen. Inner- halb dessen kann man Aktien steuerfrei han- deln. Wir haben dieses Konto mit unserer „Spare“-App verknüpft. Hinkt das Asset Management in Sachen Digitalisierung im Vergleich zum Bank- kundengeschäft hinterher? Sicher ist imAsset Management oft eine Re- gulierung der erste Grund für digitale Schritte. Mifid II verteuert die persönli- che Beratung. Man muss das Advisory daher so effizient machen, dass es auch auf kleinere Kunden angewendet wer- den kann. Am Ende ist es so: Man braucht eine digitale Lösung, und da setzt man eine persönliche Beratung drauf. Anders wird es zu teuer. Wie viele Norweger nutzen für ihre Investments Onlinekanäle? In den vergangenen Jahren hat es hier eine rasante Entwicklung gegeben. Heutzutage wird bereits der Großteil aller Produkte online erworben – vom Sparkonto bis zum Fonds. Bankberater klagen oft über mangeln- den digitalen Support. Was bietet die DNB da an? Vor zehn Jahren haben die Berater noch wie Fondsmanager agiert, Fonds selektiert und dann eine taktische Beratung gemacht. Das gibt es heute nicht mehr. Digitale Innovatio- nen gab es aber vor allem für Kunden, kaum für Berater. Wir sehen es als großen Trend, dass wir Banken die Berater bei den digitalen Lösungen einbinden müssen. Ihr Haus sieht sich offiziell als „Tech- nologieunternehmen mit Banklizenz“. Kann und soll eine Bank das sein? Ich sehe den Weg, den wir gehen, nicht als Wahl zwischen Technologie oder Bank. Wir müssen unsere Kernkompetenz erhalten und gleichzeitig die technologische Änderung mit- einbeziehen. Auf DNB-Initiative wurde zum Beispiel „Vipps“ geschaffen. Daraus wurde der größte P2P-Bezahldienst in Norwegen. Wir haben dafür nun Allianzen innerhalb und außerhalb des Bankensektors geschmiedet. Vipps wird ein eigenständiges Unternehmen werden mit anderen Banken an Bord, die die- ses Tool weiterentwickeln. Wir haben gezeigt, dass wir mit wendigeren Start-ups mithalten können, wenn wir konsumentenorientierte Produkte anbieten. Wegen der EU-Zahlungsdiensterichtlinie PSD II müssen Banken der Konkurrenz ab 2018 Zugang zu ihren Kundendaten gewähren. Wie gehen Sie damit um? Vipps ist ein gutes Beispiel. Schon von Be- ginn an konnte man Vipps nutzen, ohne bei der DNB zu sein. In kurzer Zeit hatten wir zwei Millionen User. Norwegen hat fünf Mil- lionen Einwohner. Es stand von vornherein fest, dass wir den gesamten P2P-Markt er- obern wollen. Jetzt wird der Service auch in Richtung Geschäftskunden erweitert. Organi- sationen mit einem kleinen Shop können etwa Rechnungen direkt in den Vipps-Account schicken. Es gibt also laufend Diskussionen, wie wir uns im Markt positionieren können. PSD II ist sicher eine der größten Veränderun- gen für die Banken, und wir werden neue Player sehen. Wir bereiten uns darauf vor. Was denkt ein Norweger, wenn er in eine deutsche Bankfiliale kommt? Vielleicht würden die meisten Norweger eine deutsche Filiale etwas überholt finden. Wir haben bei uns seit Jahren schon keinen Kas- sier mehr gesehen. Wenn Touristen kommen, sind sie schockiert, dass es keinen Kassen- schalter gibt. Eine Bank ist mehr ein Bera- tungszentrum. Nicht einmal Bargeld bekommt man dort. Generell nicht? In den meisten nicht. Man kann Geld am Automaten oder in den Supermärkten abhe- ben, mit denen wir kooperieren. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal Cash in der Geldbörse hatte. Ich habe Karten und Vipps auf dem Handy. Bares nutze ich nur, wenn mein jüngstes Kind, das zu jung ist für eine Karte, etwas braucht. Aber wenn es zehn ist, ist das vorbei. Vipps gibt es bald auch für Kin- der. Ich kann dann vom Smartphone Geld auf das Handy des Kindes übertra- gen, und das Kind kann bezahlen. Vielen Dank für das Gespräch. EDITH HUMENBERGER-LACKNER | FP 293 www.fondsprofessionell.de | 3/2017 » Bares nutze ich nur, wenn mein jüngstes Kind, das zu jung ist für eine Karte, etwas braucht. Aber wenn es zehn ist, ist das vorbei. « Eirill K. Holtvedt, DNB Wealth Management, Oslo Die größten skandinavischen Bankengruppen Gruppe Land Bilanzsumme Nordea Bank Schweden 581 Mrd. Euro Danske Bank Dänemark 442 Mrd. Euro DNB Group Norwegen 276 Mrd. Euro Quelle: www.relbanks.com , Dt. Sparkassen- und Giroverband, 2017 Drastischer Unterschied Bankgeschäftsstellen pro 100.000 Einwohner Die wenigen Filialen wurden in den vergangenen Jahren noch einmal deutlich reduziert. Quelle: Internationaler Währungsfonds, DSGV, 2017 0 10 20 30 40 2012 2013 2014 2015 Norwegen Europa Durchschnitt
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