FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2017

327 www.fondsprofessionell.de | 3/2017 glied im BVI-Arbeitskreis Mifid II. „Wir gehen aber davon aus, dass ein Verkauf außerhalb des Zielmarktes nur äußerst selten vorkommen wird.“ Beratungsprozess ergänzt Doch die Product Governance bringt mehr Neuerungen mit sich als nur die Zielmärkte. Auch die Ansprüche an die Fondsauswahl steigen. Allerdings sehen darin weder Targo- bank noch Commerzbank große Probleme. Der grundsätzliche Prozess der Fondsselek- tion für die Empfehlungsliste ändere sich unter Mifid II nicht, er werde lediglich an einigen Stellen ergänzt, so Engel. Und eine kontinuierliche Produktüberwachung, wie sie Mifid II künftig fordere, gebe es bei der Targobank schon seit Jahren. „Wir aktualisie- ren quartalsweise die Einschätzungen zu allen Fonds, die wir jemals empfohlen haben. Wenn ein Kunde einen Fonds im Depot hat, dessen Rating wir auf ‚negativ‘ gesetzt haben, informieren wir ihn darüber“, erklärt Engel. Anpassungen wird es auch im Beratungs- prozess geben, schon wegen der neuen Ge- eignetheitsprüfung, an deren Details die EU- Wertpapieraufsicht ESMA derzeit noch arbei- tet. Engel sieht jedoch auch diesem Punkt ent- spannt entgegen: „In unserem IT-gestützten Beratungsprozess ‚Persönliche Finanzpla- nung‘, mit dem wir bereits seit 14 Jahren arbeiten, fragen wir schon heute zahlreiche Daten von den Kunden ab. Diesen Prozess müssen wir an der einen oder anderen Stelle anpassen, an das Prinzip haben sich unsere Kunden und Berater aber längst gewöhnt.“ Daenert berichtet, dass die Commerzbank ohnehin gerade dabei sei, die Wertpapier- beratung zu digitalisieren. „Die neuen Anfor- derungen von Mifid II setzen wir dabei gleich mit um“, sagt er. „So wird unser Beratungs- prozess durch Mifid II nicht zwingend kom- plizierter, sondern teilweise sogar anwender- freundlicher und damit besser.“ Anspruchsvoller Kostenausweis Wer im EMT nach unten scrollt, findet zwei weitere wichtige Kategorien – für die Kostenangaben. Dort füllen die Fondsanbieter in Summe 18 Felder aus. Schon das zeigt, dass dieses Thema als komplex gelten darf. Die Banken brauchen diese Angaben, um damit den neuen Kostenausweis erstellen zu können. Sie müssen ihren Kunden künftig auf Euro und Cent vorrechnen, was sie ihr Invest- ment kostet – inklusive Depotentgelt, Fonds- gebühr und Provision beziehungsweise Honorar. Das hat sowohl vor Abschluss des Geschäfts (ex ante) zu passieren als auch jähr- lich im Rückblick (ex post). „Aus Sicht des Anlegerschutzes ist die absolute Kostentransparenz der nächste logi- sche Schritt, den wir auch begrüßen“, sagt Machts von Blackrock. „Den Vertrieb wird das allerdings vor eine große Herausforderung stellen. Wenn der Kunde vor jedemAbschluss sieht, mit welchen Kosten sein Investment heute und in den kommenden Jahren verbun- den sein wird, kann das den Berater durchaus in Rechtfertigungsdruck bringen. Die Bera- tungsgespräche werden vermutlich um einiges länger dauern als heute schon.“ Auch Commerzbank-Manager Daenert ver- mutet, dass damit im Sektor der Finanzdienst- leitungen einiges in Bewegung kommen wird. „Wenn Mifid II eine regulatorische Zäsur dar- stellt, dann mit Blick auf die Kostentrans- parenz. Dieses Thema wird die Branche ver- ändern, weil die Kunden einen umfassenden Blick auf alle Gebühren bekommen“, sagt er. „Die Kostentransparenz könnte eine Diskus- sion über das Preis-Leistungs-Verhältnis in der Wertpapieranlage entfachen. Bankberater soll- ten am besten jetzt schon beginnen, dies bei ihren Kunden zu thematisieren.“ Entwürfe für den neuen Kostenausweis hat die Commerzbank intern schon erstellt, die Tom Engel, Targobank: „Wir sind mit dem Stand der Umsetzung der Mifid-II-Regeln zufrieden.“ Wirrwarr um Transaktionskosten Mehr Transparenz angestrebt: Unter dem Regime von Mifid II müssen Berater ihren Kunden schon vor dem Abschluss einer Vermittlung (ex ante) auf Euro und Cent vorrechnen, welche Kosten mit einer Kapitalanlage ver- bunden sind. Reine Prozentangaben reichen künftig nicht mehr aus. Auch die Transaktionskosten müssen in die Gesamtkostenzahl einfließen. Weil die Transaktionskosten im Vorhinein nicht ermittelt werden können, sind Schät- zungen nötig – was für Verwirrung sorgen kann. Vergleichbarkeit mit PRIIP-Produkten: Die Verord- nung über verpackte Anlage- und Versicherungsprodukte (PRIIP) wird am 1. Januar 2018 in Kraft treten. Auch für PRIIP-Produkte wie Fondspolicen ist eine Ex-ante-Kosten- berechnung vorgesehen. Für die Vorausberechnung der Transaktionskosten von Fonds in Policen hat der europäi- sche Gesetzgeber zwingend zwei Methoden vorgeschrie- ben: die Schätzmethode für Fonds, die kürzer als drei Jahre am Markt sind, und die sogenannte „Arrival Price“- Methode für ältere Portfolios. Um eine Vergleichbarkeit von Publikumsfonds und PRIIP-Instrumenten zu gewähr- leisten, empfiehlt die ESMA, die Methoden für die Trans- aktionskostenberechnung auch auf alle Produkte anzuwen- den, deren Vertrieb durch Mifid II geregelt wird. New-PRIIP-Methode: Für Fonds, deren Auflage noch keine drei Jahre zu- rückliegt, ist nach PRIIP die New-PRIIP- Methode für die Berechnung der Ex-ante- Transaktionskosten vorgeschrieben. Dabei werden die bis zum Zeitpunkt des Erwerbs der Police in den Fonds tatsächlich angefallenen durchschnittlichen Transaktionskosten mit einer Proxy-Zeitreihe auf fünf Jahre geschätzt. Arrival-Price-Methode: Bei älteren Fonds kommt die Arrival-Price-Methode zum Einsatz: Bei ihr werden die Ex-ante-Transaktionskosten ermittelt, indem von den im Jahresbericht des Fonds ausgewiesenen tatsächlichen Transaktionspreisen der Eröffnungskurs des entsprechenden Geschäftstages abgezogen wird. Kauft ein Fondsmanager beispielsweise an einem Nachmittag eine Aktie für 15,30 Euro, die morgens zu 15 Euro in den Handel gegangen ist, werden 30 Cent Transaktionskosten veranschlagt. Mit den realen Handelskosten hat das meist nichts zu tun, zumal auch negative Transaktionskosten denkbar sind. Für PRIIP-Angaben ist die Methode dennoch Pflicht. Kein Durchblick: Da die ESMA die Anwendung der Schätz- und der Arrival- Price-Methode für Fonds zwar empfiehlt, aber nicht vorschreibt, dürfen die Fonds- anbieter die Ex-ante-Transaktionskosten auch auf jedwede andere Weise errechnen. Eine Angabe, nach welcher Methode die Berech- nung erfolgt ist, ist nicht vorgeschrieben. Damit werden die Fondskosten unter Mifid II keines- wegs besser vergleichbar sein als heute. Der Branchenverband BVI hofft, dass der Regulierer hier noch nachlegt – und eine sowohl einheitliche wie auch praxisnahe Berechnungsmethode findet.

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