FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2017

zum Beispiel eine qualifizierte Wertpapier- beratung vor Ort und umfangreiche Kunden- informationen zur Verfügung stellen. Damit erleichtern wir allen Kunden den Zugang zu Wertpapierdienstleistungen.“ Und auch bei der kleinsten Raiffeisenbank Deutschlands in Struvenhütten, Schleswig- Holstein, die nur vier Mitarbeiter zählt, wird schon ein Konzept entwickelt. „Wir werden unseren Kunden wahrscheinlich mit der Endabrechnung einen Depotcheck zu Jahres- beginn anbieten“, berichtet Vorstand Heinz- Egon Behn. Das klappt selbst bei dem Mini- institut, immerhin ist die Zahl von Behns Kunden mit Fonds überschaubar. Teure Technik Was in Struvenhütten künftig aber nicht mehr funktionieren wird, ist die Beratung über Fondsanlagen am Telefon. Der Grund dafür sind die neuen Aufzeichnungspflichten für telefonische Beratungsgespräche. Dieses „Taping“ soll Berater und Kunden hinsichtlich der vereinbarten Vertragsinhalte absichern. Daher müssen alle Teile des Gesprächs, die potenziell zu einer Order führen, aufgenom- men werden. Und dafür bietet nicht jede Telefonanlage die nötigen Voraussetzungen. „Für die Aufzeichnung telefonischer Bera- tungsgespräche haben wir nicht die entspre- chende IT“, sagt Behn. „Wir müssten dafür eine ganz neue Telefonanlage anschaffen, das wäre extrem teuer. Wir werden daher über Fonds künftig wohl überhaupt nicht mehr am Telefon beraten. Die Kunden müssen dafür dann eben in die Filiale kommen.“ Bei größeren Instituten sieht das natürlich anders aus. „Kunden der Targobank werden auch künftig über den Telefonweg Orders auf- geben können“, erklärt Engel. „Die techni- schen Voraussetzungen dafür haben wir be- reits geschaffen.“ Santander-Bereichsleiterin Kern äußert sich ähnlich, Commerzbank- Manager Daenert ebenfalls. „Wenn das Tele- fon klingelt, wird der Kunde darüber infor- miert, dass das Wertpapiergespräch aufge- zeichnet wird“, sagt er. „Dann läuft das Band mit.“ Alle datenschutzrechtlichen Anforderun- gen würden selbstverständlich berücksichtigt. Zielmärkte und Product Governance, Kos- tenausweis, Qualitätsverbesserungen und Taping: Alles in allem scheint die Finanz- branche es ganz gut gezähmt zu haben, das Monster Mifid II, das sie zunächst einmal das Fürchten lehrte. Doch ohne Überstunden lässt es sich nicht bezwingen, und manches Institut ordnet für die heiße Phase um den Jahres- wechsel Urlaubssperren an. Dazu kommen hohe IT-Kosten. Konkrete Summen nennen die Banken nicht. Doch wer weiß, dass allein der Maklerpool Fondsnet in diesem Jahr 1,2 Millionen Euro investiert, um seine IT an die neuen Vorgaben anzupassen, der ahnt, um welche Summen es bei einer Großbank gehen könnte. „Praktisch alle IT- Module sind von den regulatorischen Ände- rungen betroffen“, sagt Fondsnet-Geschäfts- führer Georg Kornmayer. „Selbst ein an sich recht simpler Fondsvergleich wird unter Mifid II künftig um eine Product-Governance-Ana- lyse ergänzt.“ Kunden informieren Nicht vergessen werden darf der Aufwand, den es benötigt, um alle Mitarbeiter zu schu- len. Die Berater der Santander Bank werden von Oktober bis Dezember zu Fortbildungen gebeten. Ende Oktober sollen die Kunden über die anstehenden Änderungen informiert werden. Die Commerzbank plant den Versand der entsprechenden Unterlagen für Ende November, spätestens Anfang Dezember. Schließlich sollen die Kunden behutsam auf die neue Welt vorbereitet werden. Auf dass sie keinen Schreck bekommen – von Mifid II, dem Monsterchen. ANDREA MARTENS, BERND MIKOSCH | FP Heinz-Egon Behn, Volksbank Struvenhütten: „Wir werden künftig wohl nicht mehr am Telefon beraten.“

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