FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2017
340 www.fondsprofessionell.de | 3/2017 schließen, ist der schwerstmögliche Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit der Versiche- rungsmakler“, urteilte unter anderem Rechts- wissenschaftler Schwintowski. Weiterhin wäre vielen Maklern der ge- schäftliche Boden unter den Füßen weggezo- gen worden, da sie im Falle einer fehlgeschla- genen Produktvermittlung auf den Kosten für die vorgeschriebene Beratung sitzengeblieben wären – ohne Chance, einen Cent an Vergü- tung zu sehen. Diese und eine Reihe anderer Argumente überzeugten die Abgeordneten der Regierungskoalition offenbar. Provisionsabgabeverbot Dem unkomplizierten Abschluss von Ho- norarverträgen steht aber das Provisionsabga- beverbot im Weg, das es Vermittlern unter- sagt, die in Bruttopolicen enthaltenen Courta- gen mit Kundenhonoraren zu verrechnen. Bei Nettopolicen ohne Provisionen besteht dieses Problem nicht (lesen Sie dazu auch den Bei- trag zu Honorarvereinbarungen auf Seite 218). Das aus dem Jahr 1934 stammende Provi- sionsabgabeverbot bleibt trotz der von Politi- kern und Juristen massiv geäußerten Kritik nicht nur bestehen, das Umsetzungsgesetz hat es sogar explizit in einen Gesetzesrang erho- ben. Bislang handelte es sich lediglich um eine Verordnung – nun ist es im Versiche- rungsaufsichtsgesetz (VAG) verankert. Eine Ausnahme gilt nur für Versicherungsberater, die ab dem 23. Februar auch Policen vermit- teln dürfen: Wenn keine Nettopolicen verfüg- bar sind, müssen sie den Versicherer anwei- sen, dem Kunden 80 Prozent der Courtagen gutzuschreiben – die übrigen 20 Prozent dür- fen die Gesellschaften für Verwaltungsauf- wendungen einbehalten. Allerdings werden Versicherer und ihre Ausschließlichkeitsvertriebe das Provisions- abgabeverbot wohl umgehen können. In der vom Parlament gebilligten Formulierung des Gesetzentwurfs heißt es nämlich weiter, das Verbot finde „keine Anwendung, soweit die Sondervergütung zur dauerhaften Leistungs- erhöhung oder Prämienreduzierung des ver- mittelten Vertrages verwendet wird“. „Das nützt in erster Linie der Ausschließlichkeit oder eventuell großen Vertriebsorganisatio- nen“, so Korn. „Denn wie sollen Makler eine Leistungserhöhung oder Prämienreduzierung mittels der Rückführung der eigenen Courtage durchsetzen?“, fragt der Jurist rhetorisch. Die Finanzaufsicht Bafin weist darauf hin, dass es sich beim Provisionsabgabeverbot um eine Marktverhaltensregel handelt. Die Vor- schrift soll die Marktteilnehmer also vor un- lauteren geschäftlichen Handlungen schützen. Damit kann ein Vermittler zivilrechtlich gegen einen anderen vorgehen, wenn dieser gegen das Abgabeverbot verstößt. In der Vergangen- heit war die Frage, ob das Verbot eine Markt- verhaltensregel ist, häufig Gegenstand recht- licher Auseinandersetzungen – nun herrscht Klarheit. In anderer Hinsicht fehlt diese je- doch: Denn Verstöße von Vermittlern gegen das Verbot sind auch Ordnungswidrigkeiten. Derzeit streiten Juristen aber, ob die Bafin oder die Erlaubnisbehörden diese verfolgen müssen. Vielleicht wird die von der Bafin an- kündigte Neuauflage ihres Vermittlerrund- schreibens die Frage klären. Allerdings sind viele Juristen skeptisch, ob das Abgabeverbot Bestand haben wird. Sie verweisen dabei auf eine Reihe von Urteilen, zuletzt den Entscheid des Oberlandesgerichts Köln vom 11. November 2016, denen zufolge das Verbot der Gewährung von Sondervergü- tungen nicht hinreichend bestimmt ist und deshalb dem Grundgesetz widerspricht. Ge- gen eine Verbotslösung spricht auch die nach- vollziehbar begründete Prognose des OLG Köln: Langfristig angemessenere Beträge für Vermittlungsleistungen entwickeln sich nach den Regeln des freien Wettbewerbs am Markt – und nicht durch ein Provisionsabgabeverbot, das in erster Linie die finanziellen Interessen der bereits am Markt befindlichen Versiche- rungsvermittler absichert. Wie dem auch sei, das Verbot ist beschlos- sen worden. Wichtig ist, dass es nicht erst mit der IDD am 23. Februar 2018 in Kraft tritt, sondern schon seit 28. Juli gilt. Im IDD-Um- setzungsgesetz steht, dass das Verbot mit der Verkündung in Kraft tritt. „Verkündung heißt Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt“, sagt Wirth – das war Ende Juli. Allerdings könnte man auch argumentieren, dass das Verbot für Makler dennoch erst ab Februar gilt. Denn das VAG, in dem die Untersagung verankert ist, bezieht sich auf Versicherer und ihre Aus- schließlichkeit, nicht auf Makler. Das Rabatt- verbot für diese wird im überarbeiteten Para- grafen 34d der Gewerbeordnung geregelt, der aber erst im Februar in Kraft tritt. „Das ist in sich nicht konsistent und wohl ein Redak- tionsfehler des Gesetzgebers“, sagt Wirth. Onlineberatung An einer anderen Änderung von Paragraf 6 Absatz 6 VVG durch das BMWi hatten die Parlamentarier dagegen nichts auszusetzen. Also wird eine Beratung bei der Vermittlung von Policen künftig für alle Vertriebskanäle Pflicht – auch für Direktversicherer, Internet- makler und Vergleichsportale. Heute können sich Direktversicherer noch auf eine Passage in dem Absatz berufen, nach der eine Bera- tung entfällt, wenn es sich um einen Vertrag im Fernabsatz im Sinne von Paragraf 312c Bürgerliches Gesetzbuch handelt. Einige Juristen zogen daraus den Schluss, dass dieses Privileg auch für Onlinemakler gilt, andere Rechtsexperten widersprachen vehement. Nun ist klar, dass künftig alle bera- ten müssen, da diese Passage gestrichen wur- de (zu den Details einer Onlineberatung lesen Sie den Artikel in FONDS professionell 2/2017, Seite 302). Allerdings erlaubt das Gesetz im „fernmündlichen“ Vertrieb künftig einen Verzicht auf Beratung. Dieser Verzicht kann per E-Mail oder in anderer elektroni- scher Form erfolgen, eine Unterschrift ist nicht nötig (siehe auch den Kasten unten). Versicherungsanlageprodukte Eine andere für Vermittler relevante Neue- rung betrifft die sogenannten Versicherungs- anlageprodukte. Unter diese von der EU neu geschaffene Gruppe fallen in erster Linie alle kapitalbildenden Lebensversicherungen, ein- geschlossen Fondspolicen und Hybridproduk- te. Für deren Vermittlung gelten künftig weit- gehend die gleichen Vorschriften wie für Fonds. Eine Erlaubnis gemäß Paragraf 34f GewO ist aber nicht erforderlich, die 34d-Er- laubnis bleibt maßgeblich. Je nachdem, ob es sich um eine Vermitt- lung mit oder ohne Beratung handelt, kom- steuer & recht I idd-richtlinie Foto: © GPC Law, Christof Rieken Oliver Korn, GPC Law: „Bei den Honoraren für Makler und gebundene Vertreter bleibt alles beim Alten.“
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