FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2017
341 www.fondsprofessionell.de | 3/2017 men auf den Makler unterschiedliche Pflich- ten zu: Bei einer Vermittlung mit Beratung muss eine Geeignetheitsprüfung erfolgen. Das bedeutet, dass ein Kunde zu seinen Kennt- nissen und Erfahrungen, finanziellen Verhält- nissen sowie Wünschen und Anlagezielen befragt werden muss. Auf Basis dieser Anga- ben hat der Berater eine Entscheidung über die Eignung bestimmter Produkte zu treffen. Ist diese nicht gegeben, besteht ein Empfeh- lungsverbot für eine Police. Alle entsprechen- den Schritte muss der Vermittler dokumentie- ren (siehe Kasten unten). Bei der Vermittlung eines Versicherungs- anlageprodukts ohne Beratung muss eine Angemessenheitsprüfung erfolgen, und Ver- mittler müssen Kunden zu ihren Kenntnissen und Erfahrungen imAnlagebereich befragen. Ziel ist festzustellen, ob dem Kunden klar ist, worauf er sich einlässt. Verweigert dieser alle Angaben, ist dennoch eine Vermittlung mög- lich. „Der Vermittler muss dem Kunden in diesem Fall jedoch Warnhinweise geben und speziell vermerken, dass bei fehlenden oder unzureichenden Angaben eine Prüfung nicht möglich ist oder die Prüfung sogar die fehlen- de Angemessenheit ergeben hat, der Kunde das Produkt aber dennoch zeichnen wollte“, erklärt Korn. Auch die Angemessenheits- prüfung ist zu dokumentieren. Einen möglichen Verzicht auf eine Ange- messenheitsprüfung sieht das Gesetz auch vor, wenn das Versicherungsanlageprodukt kein komplexes Produkt im Sinne der Finanz- marktrichtlinie Mifid II ist, der Kunde die Ver- mittlung initiiert hat und klar auf die fehlende Angemessenheitsprüfung hingewiesen wurde. Der Haken: Noch gibt es keine Definition, welche Produkte komplex und welche das nicht sind. Eine entsprechende Entscheidung der EU-Kommission steht noch aus. Beipackzettel Weiterhin müssen Berater ihren Kunden künftig neue Informationsblätter überreichen: Für die Versicherungsanlageprodukte wird es wie für Fonds einen Dreiseiter geben, der nach den Vorgaben der EU-Verordnung über Basisinformationsblätter für verpackte Anla- geprodukte für Kleinanleger und Versiche- rungsanlageprodukte (PRIIP) gestaltet werden muss. In den Informationsblättern müssen die Produktgeber alle einmaligen und laufenden, expliziten und impliziten Kosten offenlegen, also auch die Vertriebskosten – in Prozent und Euro. Für alle anderen Policen gibt es das „Insurance Product Information Document“, kurz: IPID. Dieser bis zu drei Seiten lange Beipackzettel muss Angaben zur Art der Ver- sicherung, zum Umfang der gedeckten Risi- ken, zu den Prämien und deren Zahlungswei- se enthalten. Provisionen müssen nicht offen- gelegt werden, wie die EU-Kommission kürz- lich abschließend entschied. Bundestag muss zustimmen Damit wissen Vermittler inzwischen also, was grundsätzlich auf sie zukommt. Für die Klärung weiterer Details werden sie aber sehr wahrscheinlich noch einige Wochen warten müssen: Der Bundestag beschloss, dass die VersVermV durch das BMWi in Zusammen- arbeit mit dem Finanz- sowie dem Justiz- und Verbraucherschutzministerium erlassen wer- den soll. Die Parlamentarier haben in das IDD-Umsetzungsgesetz aber eingefügt, dass die Verordnung vor Inkrafttreten dem Bundes- tag vorgelegt werden muss („Parlamentsvor- behalt“). Da sich das Parlament nach der Bun- destagswahl erst konstituieren muss, dauert dies noch einige Zeit. JENS BREDENBALS | FP Diese Punkte muss die Politik noch klären Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) wird gemeinsam mit weiteren Ministerien die Versicherungsvermittlerverordnung (VersVermV) erarbeiten. Nach Angaben des Berliner Rechtsanwalts Norman Wirth ste- hen folgende Punkte sicher oder zumindest wahrscheinlich auf der Liste des BMWi: Beratung zu Versicherungsanlage- produkten: Die Details der Beratungs- und Dokumentationspflichten zu Versi- cherungsanlageprodukten müssen noch geklärt werden. Diese werden den Vor- schriften in der Finanzanlagenvermittlungs- verordnung (FinVermV) angeglichen, die derzeit noch im Zusammenhang mit der Umsetzung von Mifid II geändert wird. Weil aller Voraussicht nach die elektroni- sche Aufnahme von Kundengesprächen („Taping“) Einzug in die FinVermV halten wird, könnte es Wirth zufolge möglich sein, dass dies auch bei einer fernmündlichen Vermittlung von Fondspolicen Pflicht wird. Auch die Details, wie die vorgeschriebene laufende Betreuung der Produkte gestal- tet werden soll, muss die VersVermV fest- legen. Erstinformationen: Weiter müssen die Beamten des BMWi klären, wie die Erstinfor- mationen für die Kunden genau aussehen sollen. Vermittler haben Klienten vor der Bera- tung offenzulegen, von wem sie vergütet werden: vom Kun- den, von der Versicherungs- gesellschaft oder mittels eines Mischmodells. Vermögensschadenhaftpflicht (VSH): Die Vorschriften für die Haft- pflichtpolicen müssen – nach bisherigem Informationsstand – umgeschrieben wer- den, weil die Mindestversicherungssum- me erhöht wird. Weiterbildung: Jeder Vermittler und alle unmittelbar an der Beratung mitwirkenden Personen müssen sich jährlich für 15 Stunden weiterbilden. Noch offen ist, wer überhaupt die Vermittler schulen darf und welche Vor- aussetzungen diese Anbieter von Weiterbildungsmaßnahmen zu erfüllen haben. Klar dürfte sein, dass die Brancheninitiative „Gut beraten“ kein Monopol bekommen wird. Im Raum steht auch noch, dass es bei den Schulungen eventuell Erfolgs- kontrollen geben soll. Eine Al- ternative wäre etwa eine Zertifi- zierung der Schulungsanbieter. Interessenkonflikte: Die Verordnung könnte zudem präzisieren, wie die im Gesetz vorgeschriebenen Vorkehrungen zur Vermeidung von Interessenkonflikten aussehen sollen. Vermittler müssen ihren Kunden gegenüber „ehrlich, redlich, pro- fessionell und in deren besten Interesse handeln“, wie es in der IDD heißt. Onlineberatung: Eventuell klärt die Ver- ordnung auch, wie sich der Beratungs- und Dokumentationsverzicht bei einer On- lineberatung in der Praxis umsetzen lässt. Zumal findige Vermittler wegen der Er- leichterung versuchen könnten, diesen zur Grundlage ihres Geschäftsmodells zu ma- chen: „Der Beratungs- und Dokumenta- tionsverzicht ist vom Gesetzgeber nur als Ausnahmemöglichkeit gedacht“, ergänzt Fachanwalt Oliver Korn von der Rechtsan- waltsgesellschaft GPC Law. „Für Makler ist es nicht sinnvoll, auf eine Beratung und die nachfolgende Dokumentation zu ver- zichten, da beides den Vermittler im Falle einer Schadensersatzklage schützen kann. Außerdem dürfte der Vermögensschaden- haftpflichtversicherer in solchen Fällen den Deckungsschutz verwehren.“ Norman Wirth, Kanzlei Wirth: „Verkündung heißt Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt.“
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