FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2017
ED I TOR I A L www.fondsprofessionell.de | 3/2017 9 Willkommen in Absurdistan Die EU-Richtlinie Mifid II zielt darauf ab, den Anleger- schutz zu verbessern, unter anderem mit einer höheren Kostentransparenz. Klingt löblich, wird aber scheitern. Ab Januar muss eine Bank ihrem Kunden noch vor einem Abschluss auf Euro und Cent vorrechnen, mit welchen Kosten sein Invest- ment voraussichtlich ver- bunden sein wird. Depotgebühren und Provisionen oder Honorare spielen dort genauso hinein wie die Fondskosten. Und da beginnt das Problem. Denn zu den Fondskosten gehören die Transaktionskosten, die sich vorab nicht berechnen lassen. Schließlich weiß der Fondsmanager nicht, wie oft er sein Portfolio umschichten wird, geschweige denn zu welchen Konditionen. Also muss ein Schätzwert her. Die ein- fachste Lösung wäre, den Durchschnitt der vergange- nen Jahre anzusetzen. Das wird auch möglich sein. Die EU-Wertpapieraufsicht ESMA empfiehlt aber aus- drücklich ein Verfahren, das geradezu absurd anmu- tet: Beim sogenannten „Arrival Price“-Verfahren die- nen nicht die tatsächlich angefallenen Spesen als Basis, sondern die Differenz zwischen dem tatsächli- chen Kaufkurs und dem Eröffnungskurs (siehe Seite 327). Mit der Realität hat das höchstens zufällig etwas zu tun. Ein Beispiel: Kauft ein Fondsmanager nach- mittags für elf Euro eine Aktie, die morgens zu zehn Euro in den Handel gestartet ist, fließt für dieses Ge- schäft ein Euro an Transaktionskosten in die Ex-ante- Berechnung ein – völlig unabhängig davon, was der Broker für seine Dienste tatsächlich verlangt. Doch es wird noch toller: Fällt die Aktie im Tagesverlauf bis zur Order auf neun Euro, werden negative Transaktions- kosten verbucht. Willkommen in Absurdistan. Das „Arrival Price“-Verfahren kommt aus der PRIIP- Verordnung, die ab Jahresbeginn unter anderem für Fondspolicen greift. Dort müssen die Anbieter die be- schriebene Methode tatsächlich anwenden. Für den Kostenausweis unter Mifid II können die Fondshäuser auf andere Verfahren ausweichen, da die ESMA-Emp- fehlung nicht bindend ist. Das grundlegende Dilem- ma löst das aber nicht. Im Gegenteil: Die Fondsan- bieter müssen nicht einmal offenlegen, wie sie die Ex- ante-Transaktionskosten berechnet haben. Solange sich kein neuer Standard etabliert hat, werden die Angaben also schlicht nicht vergleichbar sein. Unter Kostentransparenz hatten sich die Anleger wahr- scheinlich etwas anderes vorgestellt. Ihr Bernd Mikosch Chefredakteur
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