FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2017
seres Modells verbessern. Billig ist nicht mit Value gleichzusetzen – das ist essenziell! Ein wahrer Schatz unseres Unternehmens ist unsere Datenbank, in die wir jede Woche für 4.000 Aktien jeweils 70 verschiedene Kenn- zahlen einspeisen. Die Daten rei- chen zurück bis 1989. Das gibt uns die Möglichkeit, ausführlich zu testen, aus welchen Kennzah- len oder Kombinationen wir auf eine Unterbewertung einer Aktie schließen können. Wichtig ist, nicht nach Faktoren zu suchen, die uns in der Vergangenheit eine gute Rendite beschert hätten. Sondern? Wir entwickeln erst ein sinnvol- les Konzept und überprüfen da- nach im Backtest, ob und wie diese Idee aufgegangen wäre. So wollen wir sichergehen, dass wir nicht unsere eigenen Ideen schönrechnen. Picasso soll ein- mal gesagt haben: „Computer sind nutzlos. Sie können nur Antworten geben.“ Die richtigen Fragen muss man schon selbst stellen. Frank Lingohr konnte Sie 2011 davon überzeugen, dass antizyklisches Investie- ren der richtige Ansatz ist. Die meiste Zeit seither ging diese Idee jedoch nicht auf. Ist es denn überhaupt rich- tig, dem Value-Ansatz treu zu bleiben? Auf jeden Fall. Ich bin fest davon überzeugt, dass Value-Investing vor einem Comeback steht: Qualitätstitel und Growth-Aktien sind in den vergangenen Jahren viel zu gut gelau- fen, da ist eine Trendwende überfällig. Wir glauben fest an das Phänomen der „Mean Reversion“. Langfristig finden jede Aktie und jeder Markt zur fairen Bewertung zurück. Ein Beispiel: Die US-Börse läuft denen anderer Industriestaaten seit Jahren davon, doch lang- fristig ist an jedemAktienmarkt eine ähnliche Rendite zu erzielen. Auf Sicht von 40 Jahren haben japanische und amerikanische Aktien eine vergleichbare Performance gezeigt. Des- halb ist für die Rendite eines Investments die Bewertung am Startzeitpunkt der Anlage so entscheidend. Es gibt gute Gründe, die nach wie vor für Qualitätsaktien sprechen: Solide Unternehmen mit gut prognostizierba- ren Gewinnen und stabilen Dividenden gelten zunehmend als Anleihenersatz. Entsprechende Aktien mögen teuer aus- sehen, gemessen am Zinsniveau sind sie das aber nicht. Die Erklärung, dass niedrige Zinsen eine höhe- re Bewertung rechtfertigen, ist zu kurz ge- dacht. Die Wachstumskomponente wird dabei völlig vernachlässigt oder nicht mehr hinter- fragt. Ich erinnere nur an das vergangene Jahr, als einige Gesundheitswerte regelrecht einge- brochen sind. Nach der jahrelangen Rally war das früher oder später zu erwarten gewesen, aber die Anleger waren regelrecht schockiert. Oder denken Sie an die Zeit der „Nifty Fifty“- Aktien in den 1970er-Jahren zurück, als einige US-Blue-Chips absurd hoch bewertet waren. Einer der größten Fehler bei der Kapitalanlage ist es, die künftigen Unsicherheiten auszublen- den. Unsicherheiten gibt es immer, auch bei vermeintlich unzerstörbaren Geschäftsmodel- len. Darum ist es so wichtig, bei seinen Invest- ments einen Sicherheitspuffer einzukalkulie- ren. Oder anders gefragt: Was ist wahrschein- licher? Dass ein Unternehmen mit rekordhoher Umsatzrendite seine Marge noch weiter stei- gert oder dass sich die Marge einer Firma, die eine schwierige Zeit hinter sich hat, auf ein normales Niveau erholt? Entscheidend ist, was bereits eingepreist ist. Mit sinkender Unge- wissheit steigt die Chance, eine Überrendite erwirtschaften zu können. Dafür muss man aber anders agieren oder mehr wissen als der 155 www.fondsprofessionell.de | 4/2017 » Ein wahrer Schatz unseres Unternehmens ist unsere Datenbank, in die wir jede Woche für 4.000 Aktien jeweils 70 verschiedene Kennzahlen einspeisen. Die Daten rei- chen zurück bis 1989. « Goran Vasiljevic, Lingohr & Partner AM
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