FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2017
184 www.fondsprofessionell.de | 4/2017 Vertriebspartner, dürfen in Zukunft nur dann geleistet werden, wenn die Tätigkeit, die ver- gütet wird, zu einem Mehrwert für den Anle- ger führt. Führt der Anleger aber seine Inves- tition online über die Plattform durch, ist dieser Mehrwert schwer darstellbar“, sagt Rechtsanwalt Heinz-Gerd Pinkernell, Partner der Sozietät GGV Grützmacher Gravert Viegener. Der Jurist beobachtet einerseits „Euphorie, bei der manche kritische Aspekte zu wenig beachtet werden“, und anderseits Berührungsängste zwischen der alten Offline- und der neuen Online-Welt. Inzwischen interessieren sich aber auch tra- ditionelle Banken zunehmend für das Thema Crowdfunding. Manche werden sogar selbst aktiv. Im Sommer 2016 startete beispielsweise die Commerzbank die Plattform „Main Fun- ders“, über die sich mittelständische Bankkun- den alternative Finanzierungen von Investoren besorgen können. Im Februar 2017 betrat die GLS Bank den Markt: In einem Joint Venture mit dem Dienstleister Crowddesk ging die „GLS Crowd“ für nachhaltige Projekte online. Im Herbst 2017 hat sich die Berlin Hyp im Rahmen einer strategischen Kooperation an Brickvest beteiligt, einem in London ansässi- gen Internetportal für gewerbliche Immobi- lieninvestments. Während sich der Großteil der Crowdinvesting-Plattformen an Privatan- leger richtet, legt Brickvest den Fokus eigent- lich auf institutionelle Anleger. Investments sind aber schon ab 1.000 Euro möglich. Barrieren abbauen Die Plattformen und ihre Vertriebspartner stehen vor mehreren Herausforderungen, einerseits regulatorisch durch Mifid II und die Priip-Verordnung, andererseits durch den Druck von Anlegern und Vermittlern, dass die Investments transparent und plausibel sein müssen. Allen Beteiligten muss klar sein: Online gelten dieselben Regeln wie offline. Die Produkte müssen Qualitätsansprüche hin- sichtlich des Emittenten, seines Konzepts und seiner Partner erfüllen, kalkulatorisch nach- vollziehbar und darüber hinaus transparent sein. „Stärker noch als bisher werden die Crowd-Plattformen und der Vertrieb die Ge- eignetheit der konkreten Investition für den betreffenden Anleger anhand konkreter Anga- ben prüfen müssen“, erklärt Pinkernell. Hierzu ist für jede Investition ein Protokoll über die Geeignetheitsprüfung zu erstellen. Daneben gibt es in der praktischen Zusam- menarbeit zwischen Emittenten, Plattformen und klassischem Finanzvertrieb nach wie vor drei Hürden: Einerseits darf die Platzierung der Crowdinvestments, die ohne Prospekt an- geboten werden, nur online über Plattformen erfolgen. Andererseits sind die relativ kleinen Fundraisingvolumen häufig sehr schnell plat- ziert, weshalb es sich nicht lohnt, externe Part- ner intensiv auf jedes Produkt vorzubereiten. Außerdem sind die Provisionen nach wie vor nicht so hoch, wie das klassische Vertriebe von Sachwertinvestments gewohnt sind und immer noch gern einfordern. Letztlich stehen die Plattformen sogar in direkter Konkurrenz zum Finanzvertrieb, denn sie übernehmen die Vertriebs- und Strukturie- rungsrolle für die Emittenten. Dank des tech- nischen Fortschritts ist es möglich, schnell und günstig auch kleine Emissionen von durchschnittlich 500.000 Euro aufzulegen. Damit lässt sich zudem leicht eine größere Angebotsvielfalt darstellen. „Die Schwarmfi- nanzierungsplattformen sind somit Vorboten einer anstehenden Disruption im Vertrieb von Sachwertinvestments“, glaubt Crowddesk- Geschäftsführer Johannes Laub. Neue Produkte vorbereiten Die Produktvielfalt im Crowdfunding- Markt wird schon bald breiter werden, was nicht nur an der Zahl der Plattformen und den Investitionsthemen liegt. Es werden künftig mehr voll regulierte Angebote auf den Markt kommen. Exporo Investment hat sich dafür bei der Bafin die Erlaubnis nach Paragraf 32 Kreditwesengesetz besorgt und plant, künftig unter anderemAnleihen und größervolumige Produkte auf den Markt zu bringen. Das Wachstum der Crowdfunding-Branche zeigt, dass der digitale Vertrieb funktioniert. „Das merken auch die Emissionshäuser der Offline- Produkte, weshalb sie sich langsam für die Digitalisierung öffnen“, so Exporo-Vorstand Simon Brunke. ALEXANDER ENDLWEBER | FP sachwerte I crowdinvesting Foto: © Thomas Tratnik Wohn- und Sozialimmobilien sind sehr beliebt Die wichtigsten Crowdinvesting-Themen Die Anleger haben bis Herbst 2017 über Crowd-Projekte insgesamt 280 Millionen Euro in die Realwirtschaft investiert. Quelle: crowdfunding.de | Stand: 30.9.2017 0 50 100 150 200 Sonstiges Immobilien Unternehmen Energie 167,8 Mio. Euro 88,3 Mio. Euro 1,7 Mio. Euro 22,7 Mio. Euro Fundraisingvolumen F Mio. Euro M Immobilienanbieter führt die Truppe an Die größten Crowdinvesting-Plattformen Unter den Topvermittlern sind die Plattformen Companisto und Seedmatch, die sich schwerpunktmäßig mit Start-ups beschäftigen. Quelle: crowdinvest.de | Stand: 15.10.2017 0 20 40 60 80 100 Zins- baustein Berg- fürst Zins- land Seed- match Com- panisto Exporo 93,7 Mio. Euro 15,7 Mio. Euro Fundraisingvolumen F Mio. Euro Heinz-Gerd Pinkernell, GGV: „Die Geeignetheit der Anleger muss noch stärker geprüft werden.“
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