FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2017

Berater auf Honorarbasis als heute, deswegen hatten wir kaum Kontakte“, sagt Gaab. So blieben sie zunächst in der Beobachterposition – zwei Jahre lang, bis ausgerechnet eine Ba- chelorarbeit Schwung in die Sache brachte. Vorbild Schweden „Unser heutiger Mitarbeiter Tobias Müller hatte damals gerade seine Arbeit zum Thema Honorarberatung geschrieben“, sagt Huber. Dort war zu lesen, dass in Schweden inner- halb von nur drei Monaten ein Provisionsver- bot eingeführt worden war. Da dachten sich Huber und Gaab: „Wenn sich die Vermittler dort in so kurzer Zeit umgestellt haben, dann müssen wir jetzt auch endlich mal ran.“ Nach einem Kongress, der Huber und Gaab gute Kontakte zu Honorarberatern und viele Inspi- rationen brachte, ging es los. „Am 1. April 2014 haben wir unseren Piloten gestartet“, berichtet Huber. Bis zum Jahresende berieten er, Gaab und ein Mitar- beiter die Aquitus-Kunden ausführlich über das Honorarmodell, zum Jahresende zeigte sich: 82 Prozent der Klientel waren bereit, den Weg in diese neue Welt mitzugehen. „Das hat uns natürlich gut gefallen“, schmunzelt Huber. Zwar verging noch ein Jahr, bis Aquitus end- gültig mit der Umstellung beginnen konnte, aber Anfang 2016 gaben die Firmengründer und ihr Kollege Johann Arnold Gas. Jeder übernahm ein Drittel des Kunden- stamms, es folgten Monate der Besuche, Ge- spräche, Beratungen und Rechenbeispiele. Alte Kunden überzeugen, neue gleich als Honorarkunden gewinnen, lautete die Parole. „Das war manchmal sehr frustrierend“, erin- nert sich Huber. Manche Kunden fragten, ob er sie denn früher nicht gut beraten hätte, wenn das neue Modell jetzt so viel besser sei. „Da sieht man, dass es mit Innovationen in der Finanzberatung schwierig ist“, erklärt Huber. Auf die Idee, einen Telefonverkäufer zu fragen, ob das alte Handy denn schlecht ge- wesen sei, nur weil er heute ein Smartphone empfehle, käme schließlich wohl niemand. „Aber wenn man zum Beispiel einem Neu- kunden vorrechnen kann, dass er durch die Umstellung auf günstige Nettotarife, auf Ein- malhonorar und eine laufende Betreuungs- pauschale zwischen 15 und 20 Prozent mehr herausholen kann, dann zieht das schon“, sagt Huber. Und 15 bis 20 Prozent seien je nach Kunde durchaus zu schaffen. Doch Thorsten Huber und Michael Gaab machen gar kein Hehl daraus, dass ihnen ihr neues Beratungs- modell nicht nur deswegen so gut gefällt, weil sie es ihrer Klientel gegenüber für fairer halten. „Natürlich verfolgen wird damit auch unsere eigenen Ziele“, sagt Huber offen. „Da- zu zählen eine bessere Work-Life-Balance und höhere Einnahmen.“ Das funktioniere, und etwas Besseres könne er sich gar nicht wünschen, erklärt Michael Gaab. Schwierige Umstellung Nur die Anzahl der Kunden, die das Hono- rarmodell nutzen, dürfe noch weiter steigen. Etwa 15 Prozent sind es derzeit, da ist noch jede Menge Luft nach oben. „Man darf dabei nicht vergessen, dass wir schon immer ver- sucht haben, unseren Kunden möglichst günstige Produkte, etwa rabattierte Fonds, zu vermitteln“, gibt Huber zu bedenken. Daher ist eine Umstellung auf Honorarberatung nicht für jeden günstiger. Und wie sieht es bei ihnen selbst mit einer kompletten Umstellung aus? Wollen sie eines Tages den Finanzanlagenvermittler an den Nagel hängen, unter den Mantel des Paragra- fen 34h Gewerbeordnung schlüpfen und als Honorar-Finanzanlagenberater tätig sein? „Dann könnten wir unsere Provisionskunden nicht weiter betreuen, und wir wollen uns schließlich nicht von ihnen trennen“, erklärt Huber. Aber neue Kunden haben keine Wahl mehr, ihnen steht nur eine Tür offen – die zur Honorarberatung. ANDREA MARTENS | FP Fair zu den Kunden, fair zu sich selbst: Die Aquitus-Gründer Michael Gaab (l.) und Thorsten Huber haben 2005 erste Erfahrungen mit der Honorarberatung gemacht. Zwölf Jahre später stellten sie im eigenen Unternehmen darauf um. » Natürlich verfolgen wir mit der Umstellung auf das Honorarmodell auch unserere eigenen Ziele wie eine bessere Work-Life-Balance und höhere Einnahmen. « Thorsten Huber, Aquitus 212 www.fondsprofessionell.de | 4/2017 vertrieb & praxis I geschäftsmodelle Foto: © Aquitus Thorsten Huber und Michael Gaab Thorsten Huber , Jahrgang 1974, studierte an der Bun- deswehruniversität in München Elektrotechnik. 1997 ab- solvierte er ein Fernstudium zum Finanzwirt. Seit 1998 ist er hauptberuflich im Finanzsektor tätig. Im Jahr 2002 gründete er sein erstes Beratungsunternehmen, das nach kurzer Zeit mit einem großen Finanzdienstleister koope- rierte und schließlich in diesen integriert wurde. Zwischen 2005 und 2008 war Huber selbstständiger Handelsver- treter für das Unternehmen, in dieser Zeit machte er erste Erfahrungen mit der Honorarberatung. 2011 gründete er zusammen mit Michael Gaab das Beratungsunternehmen Aquitus in Karlsruhe. Thorsten Huber ist Finanzanlagen- vermittler mit Erlaubnis nach Paragraf 34f Gewerbe- ordnung (GewO) und Versicherungsmakler mit Erlaubnis nach Paragraf 34d GewO. Michael Gaab , Jahrgang 1975, ist gelernter Großhan- delskaufmann und arbeitete zunächst in der Automobil- branche. 1998 bildete er sich im Fernstudium zum Fi- nanzwirt weiter, arbeitete danach zuerst nebenberuflich im Finanzsektor, 2001 machte er sich selbstständig. Gaab war wie Huber zwischen 2005 und 2008 Handelsvertreter beim demselben Finanzdienstleistungsunternehmen. Da- nach war Gaab knapp drei Jahre bei der damaligen Citibank, heute Targobank, tätig, die versuchte, eine mobile Anlageberatung aufzubauen. Nachdem die Bank diese Idee aufgab, stieg Gaab aus. 2011 gründete er zusammen mit Thorsten Huber Aquitus. Michael Gaab ist Finanz- anlagenvermittler (Paragraf 34f GewO) und Versicherungs- makler (Paragraf 34d GewO).

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