FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2017

222 www.fondsprofessionell.de | 4/2017 richtlinie Mifid II könnten diesen Trend noch beschleunigen. „Angesichts der Regulierungs- wut wird sich jeder selbst fragen, ob er sich das noch antun möchte“, meint Grünewald. Langwierige Suche Ficon-Geschäftsführer Beckmann jedenfalls kann die Nachfolgefrage als geklärt ansehen, zumindest zum Teil. „Es wäre gut, einen wei- teren Berater – noch lieber eine Beraterin – an Bord zu holen, der oder die perspektivisch in Geschäftsführung und Gesellschafterkreis aufsteigen kann“, sagt er. Heute jedenfalls ist er froh, immerhin schon einen Kandidaten gefunden zu haben. Seine Geschichte zeigt, wie kompliziert und langwierig sich diese Suche gestalten kann. Viele Gespräche seien letztlich an den Ge- haltsvorstellungen gescheitert. „Wer aus guter Position von einer Großbank oder Privatbank kommt, ruft oft ein sechsstelliges Gehalt auf. Zumindest anfangs ist das kaum realisierbar“, sagt Beckmann. Das Problem sei vor allem der fehlende Kundenstamm. „Ein Bankbera- ter, der kündigt, wird meist sofort freigestellt“, betont Beckmann. Dann habe er je nach Kün- digungsfrist drei bis sechs Monate keinen Kontakt mehr zu seinen alten Kunden. „Ein Kollege übernimmt die Kunden und versucht, sie bei der Bank zu halten. Und nach einer so langen Zeit wird es sehr schwer, ehemalige Kunden zu einem Wechsel zu überreden – zumal zu einem Vermögensverwalter, dessen Namen nur wenige kennen.“ Selbst wer es schaffe, 15 Millionen Euro Bestand mitzunehmen und darauf ein Prozent Gebühren zu vereinnahmen, spiele bei Ge- haltskosten von 150.000 Euro gerade mal sein Salär ein – ohne auch nur einen Cent der rest- lichen Kosten zu decken. „Das ist vielen gut verdienenden Bankern, die mit einem Wech- sel in die unabhängige Vermögensverwaltung liebäugeln, gar nicht klar“, so Beckmann. Bei anderen Kandidaten scheiterten die Gespräche daran, dass sie nicht Partner wer- den möchten, sich also nicht ins Unternehmen einkaufen wollen. „Sie wollten lieber im Angestelltenverhältnis bleiben. Doch das hilft uns langfristig nicht weiter“, sagt Beckmann. Er hatte auch Versuche unternommen, mit einem anderen Vermögensverwalter zu fusio- nieren. „In einer solchen Konstellation könn- ten die jüngeren Berater weitermachen, und die älteren ziehen sich nach und nach zurück.“ Doch aus verschiedensten Gründen wurde auch aus diesen Plänen nichts. Entscheidender Schritt Vor einigen Monaten gelang der entschei- dende Schritt dann doch. Seit Anfang Septem- ber ist ein neuer Berater, Jahrgang 1972, an Bord. Er war bereits geschäftsführender Ge- sellschafter bei einem anderen Vermögens- verwalter, bringt also die nötige Erfahrung mit – und die Bereitschaft, sich ins Unternehmen einzukaufen. Auch in die Ficon-Geschäfts- führung soll der neue Kollege aufrücken – die Bestellung durch die Bafin läuft. „Wir werden Verträge aufsetzen, nach denen der neue Kollege Anteile an der Gesellschaft übernehmen kann, sobald vereinbarte Ziele er- reicht worden sind“, erläutert Beckmann. Ei- nen guten Teil seiner Anteile möchte er behal- ten. „Ich hoffe, dass sich unser Unternehmen weiterhin gut entwickelt und Gewinnausschüt- tungen vornehmen kann. Das sehe ich auch als einen Teil meiner Altersvorsorge.“ Noch ist es für den Ruhestand aber zu früh – schon wegen seiner Kunden, deren Port- folios er nach wie vor persönlich managt. Wenn Beckmanns Plan aufgeht, kann er sich über die Jahre schrittweise aus dem Tagesge- schäft zurückziehen. „Denkbar wäre hier, dass ich mich eher um die Kundenakquise küm- mere und die Rolle eines Senior-Partners ver- körpere.“ Mit Ende 60 oder Anfang 70 hätte er sich das auch verdient. BERND MIKOSCH | FP vertrieb & praxis I vermögensverwaltung Foto: © Ficon Börsebius Invest, Axel Gaube Rainer Beckmann, Ficon: „Bis ich mich aus dem Geschäft verabschiede, werden ein paar Jahre vergehen.“ Andreas Grünewald, VuV: „Viele nähern sich jetzt mit großen Schritten dem Ruhestandsalter.“ Die Uhr tickt Alter der unabhängigen Vermögensverwalter abhängig von der Zahl der Geschäftsführer 233 Geschäftsführer von 116 Vermögensverwaltungen legten der Hochschule Aschaffenburg ihr Alter offen. Bei Firmen mit zwei Chefs ist jeder Fünfte älter als 60 Jahre. Quelle: Institut für Vermögensverwaltung (Hochschule Aschaffenburg) 2017 Jünger als 55 Jahre 55-59 Jahre 60-64 Jahre 65-69 Jahre 70 Jahre und älter 0 % 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % 70 % 80 % 90 % 100 % 5 Geschäftsführer 4 Geschäftsführer 3 Geschäftsführer 2 Geschäftsführer 1 Geschäftsführer Gesamtmarkt 63,9 % 2,6 % 59,5 % 2,7 % 67,7 % 3,9 % 68,3 % 1,7 % 54,2 % 0 % 40,0 % 0 %

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