FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2017
314 www.fondsprofessionell.de | 4/2017 den Provisionseinnahmen ein langsamer, aber stetiger Wachstumstrend ablesen (siehe die Grafik „Von wegen Flaute“ unten links). „Das Wertpapiergeschäft mit Privatkunden macht nach wie vor nur einen relativ geringen Anteil an den Gesamteinnahmen aus“, hält Barkow fest. „Die Umstellung auf diese Ertragsquelle ist ein langwieriger Prozess, aber er ist zumin- dest erkennbar.“ Abschied vom Fondsgeschäft Bei ihrem Versuch, neue Einnahmen auf- zutun, stehen die Finanzinstitute vor mehreren Hürden. „In der Tat versuchen einige Banken und Sparkassen aufgrund der niedrigen Zins- erlöse neue Ertragsquellen zu erschließen“, sagt Dirk Vater, Leiter der Praxisgruppe Ban- king bei der Unternehmensberatung Bain & Company. „Das Wertpapiergeschäft ist aber nur für große oder spezialisierte Häuser eine Alternative.“ Denn die Finanzmarktrichtlinie Mifid II und die damit verbundenen Kosten erforderten eine erhebliche Skalierung, um dieses Geschäft profitabel betreiben zu kön- nen. „Deshalb werden sich viele Banken auf- grund von Mifid II aus dem Wertpapierge- schäft verabschieden“, sagt Vater. „Die verbleibenden Anbieter müssen deut- lich investieren: in Mifid-konforme Prozesse, neue digitale Angebote wie Robo-Advice oder in die Qualifikation ihrer Mitarbeiter“, erläu- tert der Consultant. Für die erfolgreichen Anbieter würden sich diese Investitionen loh- nen, da sie das Geschäft der abgebenden Ban- ken übernehmen und mit dem Gesamtmarkt wachsen könnten. „Denn die andauernde Nullzinspolitik wird zu weiterem Wachstum im Investmentgeschäft führen“, so Vater. Dass die Geldhäuser dieses Wachstum ein- fach nur abzuschöpfen brauchen, glaubt hin- gegen kaum ein Beobachter. „Deutsche Retail- kunden legen ihr liquides Vermögen weiterhin überwiegend in Einlagekonten an“, sagt Tho- mas Schnarr, Partner bei der Unternehmens- beratung Oliver Wyman. Das Volumen in aktiv und passiv verwalteten Fonds habe über die vergangenen Jahre zwar zugenommen, der Anteil sei aber nach wie vor gering. „Die Sta- tistik zeigt, dass auch das anhaltende Niedrig- zinsumfeld nur einen geringen Einfluss auf das Spar- und Investitionsverhalten der Anle- ger hat.“ Faktoren wie die Altersstruktur, die Vermögenshöhe und vor allem der Grad der Risikoaversion scheinen für die Anleger eine deutlich wichtigere Rolle für ihre Entschei- dung zu spielen, sagt Schnarr. Ähnlich sieht dies der Düsseldorfer Berater Barkow. „Das Sparverhalten der Deutschen ist bislang anders gestrickt. Eigentlich ist es paradox: Die Zinsen verharren schon lange auf niedrigem Niveau, das Gros des Geldes fließt aber noch in Anlagen, die im Grunde Vermögen vernichten“, erläutert der Finanz- fachmann. Auch Oliver-Wyman-Experte Schnarr glaubt, dass die innige Liebe der Deutschen zum Sparbuch trotz aller Widrig- keiten nicht so rasch abkühlt. „Vor diesem Hintergrund ist es fraglich, ob es Banken ge- lingen wird, bei deutschen Kunden lediglich durch bessere oder andere Angebote eine Ver- haltensveränderung hin zu mehr direkten An- lagen herbeizuführen“, argumentiert Schnarr. Ausweg aus der Misere Banken müssten die Sparer viel besser mit dem Ausgleich zwischen Risiken und Ren- ditechancen an den Kapitalmärkten vertraut machen, um einen nennenswerten Wandel an- zustoßen, plädiert der Branchenkenner. Die Institute sollten Interesse an Finanzprodukten wecken und Finanzwissen aufbauen. „Alter- native Anbieter wie Robo-Advisor machen bereits vor, wie das funktionieren könnte“, sagt Schnarr. „Banken müssen innovative Wege finden, um die Bedürfnisse der Kunden gesamtheitlich zu bedienen.“ Doch bis dies gelingt, dürfte noch Zeit vergehen – wenn die- se Mission überhaupt von Erfolg gekrönt ist. Daher lautet die Schlussfolgerung des Bran- chenkenners Barkow: „Die Banken werden das Problem der niedrigen Zinsen nicht über das Wertpapiergeschäft lösen können.“ Der Unternehmensberater sieht einen ande- ren Ausweg aus der Misere. „Der große Hebel für die Banken ist die Einführung von Gebüh- ren“, erläutert der Consultant. „Bei den rund 80 Millionen privaten Girokonten in Deutsch- land würde schon eine Gebühr von einem Euro im Monat im Jahr fast eine Milliarde bank & fonds I wer tpapiergeschäft Foto: © Barkow Consulting Peter Barkow, Barkow Consulting: „Banken werden ihr Zinsproblem nicht über das Wertpapiergeschäft lösen.“ Von wegen Flaute Provisionseinnahmen der Sparkassen und Genossenschaftsbanken Bei diesen Gruppen spiegeln sich am ehesten Kontogebühren und das Retail-Wert- papiergeschäft im Provisionsergebnis wider. Quelle: Barkow Consulting, Deutsche Bundesbank 0 2 4 6 8 10 12 14 2016 2015 2014 2013 2012 2011 2010 2009 2008 2007 2006 – Mrd. Euro Provisionseinnahmen Sparkassen Provisionseinnahmen Genossenschaftsbanken 5,85 Mrd. Euro 3,95 Mrd. Euro 6,97 Mrd. Euro 4,58 Mrd. Euro Auf Effizienz getrimmt Aufwand-zu-Ertrags-Relation nach Gruppen in Prozent (operative Erträge) Die Genossenschaftsbanken drücken ihre Kosten. Den Privatinstituten beschert ihr Investmentbanking Schwankungen. Quelle: Deutsche Bundesbank | Stand: September 2017 Cost-Income-Ratio in % 55 % 60 % 65 % 70 % 75 % 80 % 85 % 90 % 95 % 100 % 2016 2014 2012 2010 2008 2006 2004 2002 2000 Privatbanken Sparkassen Genossenschafts- banken G
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