FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2017

320 www.fondsprofessionell.de | 4/2017 als auch den gebundenen Vermittler nahe, den Vertretervertrag zu kündigen. Dann wird ein Ausgleichsanspruch fällig. Makler dagegen müssen sich als Sachwalter des Kunden wei- terhin um ihn kümmern, um ihre Courtage zu verdienen. Der abgebende Versicherer wird Leithoff zufolge die Courtagezusage wohl wi- derrufen, weil er keine Prämien mehr aus dem Vertrag einnimmt. Der übernehmende Versi- cherer muss aber, wenn sich der Makler als Betreuer des Kunden bei ihm meldet, die im Vertrag kalkulierten Provisionen zahlen. Makler haben wegen ihres Sachwalterstatus zudem aus Haftungsgründen einige Dinge zu beachten. „Makler müssen ihre Kunden recht- zeitig auf mögliche Änderungen hinweisen. Sie haben schließlich ein Dauerberatungsman- dat, aus dem entsprechende Pflichten erwach- sen“, so Leithoff. Das gelte in erster Linie bei einem externen Run-off, da bei einer internen Abwicklung der Risikoträger nicht wechsle. Dem Juristen zufolge darf es der Makler nicht dabei belassen, den Kunden nur über einen Run-off zu informieren – unter Umständen muss er auch über Alternativen zu der betrof- fenen Police reden. Ein Beispiel: Bei einer Berufsunfähigkeitsversicherung kann es pas- sieren, dass der Kunde zu einem späteren Zeitpunkt eine Änderung des Tarifs wünscht. Bei dem Run-off-Versicherer kann er keine neue abschließen, bei einem anderen be- kommt er womöglich keine, etwa wegen ge- sundheitlicher Probleme. „Wenn der Makler von einer solchen Konstellation Kenntnis hat, den Vertrag aber trotzdem einfach weiter- laufen lässt und dem Kunden durch seine Un- tätigkeit ein Schaden entsteht, trägt er dafür die Verantwortung“, so Leithoff. Allerdings müsse ein Makler nicht fürchten, dass ein Kunde ihn nachträglich in Haftung nehmen könnte, wenn die Run-off- Plattform die Garantien nicht erfüllen kann. „Bei einem externen Run-off überprüft die Bafin im Vorfeld, dass die Kapitalausstattung der aufnehmen- den Gesellschaft ausreichend ist“, so Leithoff. Auf diese Prüfung dürfe sich der Makler verlassen. Vertriebshemmnisse Selbst wenn die Courtage oder eine Ausgleichszahlung sicher ist: Ein Run-off kann für den Vertrieb durch- aus zum veritablen Problem werden – für die Ausschließlichkeitsvertreter eher als für Makler. Aber der Reihe nach: Bei den Run-off-Varianten eins und zwei dürfte der gebundene Vertreter kaum Auswirkungen auf das Neugeschäft spüren. Schließlich sorgt der Versicherer für Ersatz, der Vermittler kann weiterhin auf eine voll- ständige Produktpalette zurückgreifen. „Der Vertrieb muss sich im Lebensbereich ohnehin auf neue und modernere Produkte einstellen“, sagt Klüttgens. Zudem hält der Versicherer an seiner Vertriebseinheit fest – eine gute Nach- richt für alle Vertreter. Kritischer wird es, wenn der Versicherer eine komplette Produktkategorie aussortiert, denn dann steht dem Vermittler kein vollstän- diges Sortiment mehr zur Verfügung. In die- sem Fall sorgt der Versicherer meist für Er- satz, etwa über Ventillösungen oder Koopera- tionen. Andernfalls besteht Klüttgens zufolge die Gefahr, dass Vertriebseinheiten abwan- dern. „Die Arag hat im Zusammenhang mit dem Verkauf ihrer Lebenssparte ein Vertriebs- abkommen mit der Alten Leipziger geschlos- sen, sodass ihre Vertreter künftig die Lebens- policen der Alten Leipziger vermitteln“, be- richtet der Experte. Allerdings ist der teure Vertrieb mitunter gerade der Grund, weshalb ein Anbieter einen Bereich in den Run-off schickt. In diesem Fall müssen die Vertreter damit rechnen, vor die Tür gesetzt zu werden – und sollten sich nach Alternativen umsehen. Makler können ein solches Treiben ent- spannter beobachten. Stellt ein Versicherer das Lebensgeschäft ein, greift er eben auf Produk- te der Wettbewerber zurück. „Problematischer wird es für einen Makler dann, wenn er einen signifikanten Teil seines Geschäfts mit einer Gesellschaft macht, die in den Run-off geht“, so Klüttgens. Allerdings muss sowohl der Makler als auch der Vertreter bei einem externen Run-off mit seinen Kunden reden, damit diese nicht aus Verunsicherung das Weite suchen. Schließlich hatte er seine Kunden vor Jahren einmal davon überzeugt, dass das Produkt eines bestimmten Versicherers das richtige ist. Nun muss er erklären, warum es gar nicht so tragisch ist, dass diese Police nun von einer fremden Gesellschaft weitergeführt wird. Auf diese Weise kann er auch Stornos vorbeugen. Imageschaden In jedem Fall dürfte das Bild, das die Öf- fentlichkeit nun von den Versicherern hat, dem Vertrieb das Leben erschweren. Die Ge- fahr, dass die externen Run-offs die Glaub- würdigkeit der Branche erschüttern, sieht auch mancher Versicherer selbst: „Damit wird (…) das Kernversprechen unserer Branche, lebens- lang für unsere Kunden da zu sein, einfach über Bord geworfen“, schreibt der dreiköpfige Vorstand der Bayerischen Versiche- rung in einem offenen Brief. „Nicht die Einstellung von Neugeschäft, sondern der Verkauf des Kundenvertrauens schmerzt uns. Das trifft uns als Bran- che insgesamt, das wird unsere Partner in den Vertrieben be- sonders fordern.“ Vielleicht besinnt sich die Branche ja noch. Die Generali jedenfalls nimmt den möglichen Imageschaden Medienberichten zufolge plötzlich sehr ernst. Angeblich bevorzugt sie für den geplanten Run-off nun doch eine interne Lösung. JENS BREDENBALS | FP fonds & versicherung I run-off Thomas Leithoff, Kanzlei Johannsen: „Es gilt der Grund- satz, dass die Provision der Prämie folgt.“ Foto: © Stephanie Leisten Bitte kein Private Equity An wen könnten Sie sich einen Bestandsverkauf vorstellen? Willis Towers Watson hat Vorstände von 20 deutschen und 30 weiteren euro- päischen Versicherern befragt, wer bevorzugter Partner bei einem externen Run-off wäre. Einen klaren Favoriten gibt es nicht. Quelle: Willis Tower Watson 2016 0 % 3 % 6 % 9 % Sonstige Private-Equity-Investor Erstversicherer (Ausland) Interner Verkauf Rückversicherer Reine Run-off-Plattform Auslagerung der Verwaltung Erstversicherer (Deutschland) 13 % 12 % 12 % 10 % 6 % 6 % 3 % 3 %

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