FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2017
325 www.fondsprofessionell.de | 4/2017 netzt sein.“ Das und die Schnittstellen zu den Gesellschaften für den digitalen Transport der Daten haben den Start-ups gefehlt, meint Pra- detto. „Statt aber ihre Unerfahrenheit zuzuge- ben und diese Dienste einfach von etablierten Unternehmen aus der Branche zu beziehen, wollten sie von Beginn an alles selbst pro- grammieren.“ Das Resultat: hohe Kosten für die IT-Entwicklung – und zusätzliche Ausga- ben für Mitarbeiter, die hinter der digitalen Oberfläche die nötige Handarbeit verrichten. Zusammenarbeit verweigert Die oftmals ungenügende Technik im Hin- tergrund sorgt auch dafür, dass es immer noch eine geraume Zeit dauert, bis die Policen übertragen und im Ordner verfügbar sind. Einige Kunden, die einen reibungslosen und schnellen digitalen Prozess erwartet haben, sind deshalb wieder abgesprungen. „Eine Onlinevertragseinsicht ohne Verträge ist eben nutzlos“, so Pradetto. Mitunter werden die Policen auch überhaupt nicht übertragen: Bis heute verweigern einige Versicherungsgesell- schaften den jungen Unternehmen die Zusam- menarbeit, etwa weil sie ihre eigenen Vertreter schützen wollen.Gerhardt berichtet, dass eini- ge Versicherer und Makler ihre Kunden nach einemWechsel zu einem Insurtech telefonisch kontaktiert haben, um sie vor einem mögli- cherweise unbedachten Schritt zu bewahren. Viele Kunden wollten lediglich eine digitale Übersicht über ihre Verträge – dass sie mit ih- rer elektronischen Unterschrift gleich den Ver- mittler wechseln, hatten sie nicht beabsichtigt. Einige Kunden haben die Insurtechs daher schon wieder verloren. Maklerpools reagieren Außerdem dauerte es nicht lange, bis die Maklerpools auf die junge Konkurrenz rea- gierten – mit eigenen digitalen Angeboten. Pradetto zufolge konnte Blau Direkt über die App „Simplr“ bislang rund 7.000 neue Kun- den gewinnen, die auf Makler des Lübecker Pools verteilt wurden. Auch Jung, DMS & Cie. stellt Maklern einen digitalen Versiche- rungsordner namens „Allesmeins“ zur Ver- fügung, damit deren Kunden keinen Grund haben, zu einem der neuen Wettbewerber aus- zuweichen. Über die App hätten die ange- schlossenen Partner zudem einige neue Kun- den gewinnen können, berichtet Vorstandschef Sebastian Grabmaier. Dass die Start-ups dennoch von teils statt- lichen Kundenzahlen berichten können, liegt unter anderem daran, dass sie auch anorga- nisch wachsen. „Alle einschlägig bekannten Start-ups in diesem Bereich haben Bestände von anderen Maklern aufgekauft und tun das immer noch“, berichtet Andreas Grimm, Ge- schäftsführer des Beratungsinstituts Resultate, das auf Bestandsübertragungen spezialisiert ist. Dem Experten zufolge haben sowohl klei- ne als auch große Bestände mit einem sieben- stelligen Wert den Betreuer gewechselt. Die Insurtechs würden gern noch weiter einkau- fen, hat er beobachtet. „Viele Makler sträuben sich jedoch, ihre Kunden an eines der jungen Unternehmen zu verkaufen.“ Kooperation statt Konfrontation Die Start-ups haben aber aus ihren Fehlern gelernt – und sich weiterentwickelt. Reiss zum Beispiel hat auf die hohen Werbekosten reagiert: Für Asuro, den digitalen Ableger von Hoesch & Partner, kooperiert er mit Banken, Versicherungsmaklern, Versicherungsgesell- schaften sowie mit Einheiten großer Konzer- ne, die Mitarbeiter in Investment- und Versi- cherungsfragen betreuen. Der Gedanke dahin- ter ist, dass Asuro so zwar auf einen Teil der Marge verzichten muss, im Gegenzug aber Kunden frei Haus geliefert bekommt. Auch Getsafe und Clark haben sich Kooperations- partner gesucht. Clark arbeitet unter anderem mit der ING-Diba zusammen. Zudem haben die Gesellschaften, wie oben schon erwähnt, den reinen Ordner mit Zusatzfunktionen wie einem Policen-Check versehen. Oliver Pradetto, Blau Direkt: „Die App ist nur eine Benutzeroberfläche.“ Ausgewählte Insurtechs Unternehmen Internetseite Geschäftsmodell Gründungsjahr Investoren Anzahl der Mitarbeiter Gewerbeerlaubnis Kooperation mit Beratern TV-Werbung? Kurzbeschreibung Angebot *An Moneymeets sind außerdem zwei Family Offices beteiligt. | **Zum Kreis der Investoren von Wefox zähen ferner Seedcamp, Speedinvest, Victory Park Capital, Target und Horizons Ventures. Quelle: New Players Network (eine Initiative der Versicherungsforen Leipzig) Moneymeets moneymeets.de Financial-Hub 2011 DvH Ventures, Woodman AM, Postfinance* Ca. 30 §§ 34f, 34d GewO Nein k.A. Portal für digitale Finanz- planung und Vertragsver- waltung von Investments u. Policen. Erstattet 25–66 % der Bestandsprovision Okotta okotta.com Versicherungsordner 2014 Rakuten, ITS 10 bis 20 § 34d GewO Nein k.A. App und Webportal für digitale Vertragsverwaltung und Vermittlung neuer Policen; Schadens- bearbeitung Simplr simplr.de Pool-App 2013 Blau Direkt Weniger als 10 Technologiedienstleister Ja (White-Label-Version für Vermittler) k.A. App und Webportal für digitale Vertragsverwaltung und Vermittlung neuer Policen; Schadens- bearbeitung TED ted-versicherung.de Versicherungsordner 2015 Eigenfinanzierung, keine externen Investoren 10 § 34d GewO Nein k.A. App und Webportal für digitale Vertragsverwaltung und Vermittlung neuer Policen; Schadens- bearbeitung Treefin treefin.de Financial-Hub 2014 W&W-Gruppe (75 %) 8 § 34d GewO Ja Nein App und Webportal für digitale Finanzplanung (mit Kontenübersicht), Ver- tragsverwaltung und Ver- mittlung von Policen Wefox wefox.com Versicherungsordner – Partner für Makler 2014 Salesforce Ventures, Angellist, Idinvest** 120 § 34d GewO Ja Nein B2B2C-Lösung für Makler: App und Webportal für digitale Verwaltung und Vermittlung von Policen
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