FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2017
336 www.fondsprofessionell.de | 4/2017 der laufenden Erträge aus wiederanlegenden Portfolios verschafft ihnen über die Jahre hin- weg bis zum Verkauf der Anteile eine Steuer- stundung. Diese wiederum bringt einen höhe- ren Zinseszinseffekt mit sich. Gibt es auch Nachteile thesaurierender Anteilsklassen? Investieren Fonds zum Beispiel in Wachs- tumsaktien, die oft keine Dividenden an ihre Aktionäre auszahlen, fällt für den Anleger the- saurierender Anteilsklassen künftig trotzdem die Vorabpauschale an. Lagern die Fonds- anteile in deutschen Depots, hat die thesaurie- rende Variante einen weiteren Minuspunkt: Der Anleger muss während der Haltedauer selbst Liquidität für die Steuerzahlungen be- reitstellen. Für Privatinvestoren, die in deut- sche thesaurierende Portfolios anlegen, ergibt sich dadurch eine Änderung: Bisher stellten die Depotbanken ihnen Geld zur Verfügung, damit sie die Abgeltungsteuer an das Finanz- amt abführen können. In Zukunft müssen An- leger wie bei ausländischen thesaurierenden Fonds selbst für die entsprechenden Mittel sorgen (siehe Artikel auf Seite 338). Wann sind ausschüttende Anteilsklassen steuerlich vorteilhafter? Für Anleger, die ihren Sparerfreibetrag noch nicht ausgenutzt haben, können ausschüttende Anteilsklassen von Vorteil sein. Da die ausge- schütteten Erträge in Zeiten niedriger Zinsen meist höher ausfallen als die Vorabpauschale, kann der Freibetrag besser ausgeschöpft wer- den (siehe Artikel auf Seite 338). Sind steuerbefreite Anleger im Nachteil, weil sie die Besteuerung auf Fonds- eingangsseite nicht über Teilfreistellun- gen ausgleichen können? Ja, das ist richtig. Der Gesetzgeber hatte bei der Reform das Ziel, möglichst keine Nach- teile für Anleger zu schaffen. Das ist im We- sentlichen auch gelungen, an dieser Stelle allerdings nicht. Steuerbefreite Anleger haben keine Möglichkeit, die Besteuerung auf Fondsebene über Teilfreistellungen wettzuma- chen. Nach Berechnungen des Bundesfinanz- ministeriums zahlen sie jedoch im Schnitt pro Jahr nur drei Euro mehr Steuern als bisher. Was gilt fürAnleger mit staatlich geför- derten Riester- oder Rürup-Fonds- verträgen und für Inhaber entsprechen- der Fondspolicen? Für Anleger, die in solche Fonds investiert haben, und für Inhaber staatlich geförderter Fondspolicen ändert sich nichts. Für diese Produkte gelten Sonderregelungen. Was gilt für Fondspolicen ohne staatli- che Förderung? „Fondsgebundene Lebens- und Rentenpoli- cen, die vor dem 31. Dezember 2004 abge- schlossen worden sind, sind weiterhin steuer- frei“, sagt Ecovis-Steuerberater Ulf Knorr. Versicherungsnehmer mit Fondspolicen, die nach diesem Datum abgeschlossen wurden, sind von der Investmentsteuerreform aber be- troffen. Investmentfonds in fondsgebundenen Lebensversicherungen werden auf Fondsebe- ne genauso besteuert wie solche ohne Versi- cherungsmantel. Die Inhaber dieser Policen erhalten jedoch keine in der Höhe gestaffelten Teilfreistellungen. „Hier bekommt der Sparer immer eine Teilfreistellung von 15 Prozent auf die Erträge, die er mit den Investment- anteilen in seiner Police erzielt hat“, erklärt Knorr. Selbst die Gewinne aus Rentenport- folios, für die Inhaber von Fondssparplänen gar keine Teilfreistellung erhalten, bleiben bei Fondspolicen zu 15 Prozent steuerfrei. Sind Fondspolicen künftig also steuer- lich günstiger als entsprechende Fonds- sparpläne? „Ob nach dem Inkrafttreten des Investment- steuerreformgesetzes Fondssparpläne oder Fondspolicen steuerlich vorteilhafter sind, lässt sich nur im Einzelfall beantworten“, sagt Knorr. Generell ist davon auszugehen, dass Sparpläne auf Aktienfonds im Vergleich zu Fondspolicen, die solche Portfolios besparen, besser abschneiden werden als bislang. Schließlich sieht das Investmentsteuerreform- gesetz für die Dividenden und Veräußerungs- gewinne aus Aktienfonds eine Teilfreistellung von 30 Prozent vor, bei fondsgebundenen Le- bensversicherungen sind es nur 15 Prozent. Setzen Sparer auf Mischfonds, dürfte ein Pro- duktvergleich aufgrund desselben Teilfreistel- lungssatzes ähnlich ausfallen wie heute. Lie- gen in einer Police hingegen viele Renten- fonds, punktet sie in Zukunft stärker. Schmälert die Besteuerung auf Fonds- ebene bei Policen mit Aktien- und Mischfonds in der Ansparphase den Zinseszinseffekt? In der Ansparphase zahlen Inhaber von fonds- gebundenen Versicherungen auf Zinsen, Divi- denden und Kursgewinne auch künftig keine Steuern. Daher können sie die neue Besteue- rung von Dividenden auf der Fondseingangs- seite nicht durch Teilfreistellungen ausglei- chen. Der Zinseszinseffekt von Fondspolicen auf Aktien- und Mischfonds fällt künftig also geringer aus. ANDREA MARTENS | FP investmentsteuer-spezial I die grundlagen So errechnet sich der steuerpflichtige Veräußerungsgewinn Besteuerung von Gewinnen aus dem Verkauf von Fondsanteilen ab 2018 Beispiel: Ein Privatanleger erwirbt am 1. Januar 2018 Anteile an einem thesaurierenden Aktien- fonds. Am 15. Januar 2019 verkauft er die Anteile mit Gewinn. Für Kauf und Verkauf gelten folgende Annahmen: Kaufpreis der Anteile am 1.1.2018 (=Rücknahmepreis am 1.1.2018) 100,00 Euro Rücknahmepreis der Anteile am 31.12.2018 105,00 Euro Veräußerungspreis der Anteile am 15.1.2019 107,00 Euro Basiszins nach Bewertungsgesetz für 2018 1 1 % Steuerpflichtige Vorabpauschale für 2018 2 = Rücknahmepreis der Anteile am 1.1.2018 (100 Euro) * 70 Prozent * Basiszins (1 Prozent) 0,70 Euro Steuerliche Teilfreistellung für Aktienfonds 30 % Der steuerpflichtige Veräußerungsgewinn errechnet sich damit wie folgt: Einnahmen aus Veräußerung/Rückgabe der Anteile am 15.1.2019 107,00 Euro – Anschaffungskosten 100,00 Euro = unbereinigter Veräußerungsgewinn 7,00 Euro – steuerpflichtige Vorabpauschale für 2018 (in voller Höhe auch bei Anwendung der Teilfreistellung) 0,70 Euro = Veräußerungsgewinn 6,30 Euro – steuerbefreiter Anteil (nach Teilfreistellung) 6,30 Euro * 30 Prozent = 1,89 Euro = steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn 4,41 Euro 1 Der tatsächlich geltende Basiszins ist noch nicht bekannt und wurde für das Beispiel mit 1 % angenommen. 2 Die Vorabpauschale für 2018 gilt am ersten Werktag des folgenden Kalenderjahres, d.h. Anfang 2019, als zugeflossen. Quelle: BVI Mehr erfahren? Hier geht’s zur „Investmentsteuer- Schule“ von FONDS professionell: QR-Code scannen oder www.fponline.de/Steuer417 eingeben
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