FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2017

349 www.fondsprofessionell.de | 4/2017 Bankkunde hat das Recht auf Erstattung sei- ner Zuwendungen oder auf die Rückgabe eines Finanzinstruments inklusive Auszahlung aller Provisionen, wenn das Institut diese nachweislich nicht offengelegt hat. Die Idee, einen entsprechenden Anspruch direkt im WpHG zu verankern, liegt also nahe. Den- noch hat die Bundesregierung den Vorschlag abgelehnt. Da es zu mangelnden Qualitätsver- besserungen bisher keine BGH-Urteile gibt, die Bankkunden Rechte einräumen, wurde über einen entsprechenden Anspruch im WpHG gar nicht erst nachgedacht. So fehlt also eine rechtliche Grundlage für die Erstattung von Provisionen, falls Banken die Vorschrift zur Qualitätsverbesserung nicht einhalten. Könnten denn Kunden zivilrecht- lich einen solchen Anspruch erlangen? „Das könnte schwierig werden“, sagt Markus Lan- ge, Partner der KPMG Law Rechtsanwalts- gesellschaft aus Frankfurt. „Denn nicht der Fondsanleger entrichtet die Vertriebs- und Be- standsprovisionen unmittelbar an die Bank, sondern die Investmentgesellschaft.“ Erklärt sich der Anleger damit einverstan- den, einen Ausgabeaufschlag und eine jährli- che Managementgebühr zu zahlen, so hat die Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG) ein Recht darauf. Mit den gezahlten Beträgen kann sie machen, was sie will. Sie kann mit dem Geld Gehälter, Software und Dienstwa- gen finanzieren – oder Provisionen für Ban- ken. „Ob ein Institut diese aufsichtsrechtlich korrekt verwendet, muss die KVG nicht prü- fen, dafür trägt sie keine Verantwortung“, sagt Anwalt Lange. Selbst wenn eine Bank Zu- wendungen mangels Qualitätsverbesserung nachweislich zu Unrecht erhalten hat, begrün- det dies keinen Anspruch des Fondskunden gegenüber der Investmentgesellschaft. Wer bekommt die Rückzahlung? „Die Bank wiederum müsste etwa Be- standsprovisionen zurückzahlen, wenn ein Wirtschaftsprüfer oder die Bafin selbst fest- gestellt hätten, dass diese nicht für Qualitäts- verbesserungen eingesetzt worden sind“, sagt Lange. Die Frage ist aber: An wen? Darauf hat die Finanzaufsicht eine Antwort: Die Zu- wendung könne „durch das Wertpapierdienst- leistungsunternehmen grundsätzlich an den betreffenden Kunden ausgekehrt oder aber wieder an den Zuwendungsgeber zurückge- währt werden“, heißt es. Pech für Fondsanle- ger, wenn die Bank die zweite Variante wählt. Bemerkt ein Fondskunde, dass ein Geld- institut seine Provisionen nicht vorschrifts- mäßig für ihn einsetzt, kann er sich beschwe- ren. Bei der Bank selbst, bei einer Verbrau- cherzentrale oder direkt bei der Finanzauf- sicht. Weiterhelfen kann die Bafin ihm aber nicht, denn diese bewegt sich im Bereich des Aufsichtsrechts. Die Finanzaufseher können eine Bank zwar anweisen, Zuwendungen zu- rückzuzahlen. Aber sie können nicht bestim- men, an wen die Zahlung zu erfolgen hat. Da Bankkunden keinen aufsichtsrechtlichen An- spruch gegenüber ihrem Institut haben und die Bafin zivilrechtlich nicht tätig werden kann, ist demAnleger damit also nicht gedient. Versickerte Provisionen Das war’s dann also. Weg ist die Provision, versickert in einem Rechtsloch. Nicht ganz. „Ein Anleger hat in einem solchen Fall natür- lich die Möglichkeit, Klage zu erheben“, sagt Jurist Lange. Würde er damit bis vor den Bundesgerichtshof gehen, und sollten die Richter zu seinen Gunsten entscheiden, läge ein höchstrichterliches Urteil vor. „Auf ein solches Urteil könnte sich die Bafin unter bestimmten Umständen stützen“, erklärt Lan- ge. Dann hätte die Aufsicht eine Handhabe und könnte die betreffende Bank – in gleich gelagerten Fällen auch andere Institute – an- weisen, zu Unrecht einbehaltene Zuwendun- gen an die betreffenden Kunden zurückzu- zahlen. Auch eine Rücknahme des Finanzin- struments gegen Auszahlung aller bezahlten Gebühren und Provisionen könnte die Bafin anordnen. Und dann wäre es repariert – das Loch im Geflecht der Rechtsbereiche. ANDREA MARTENS | FP Markus Lange, KPMG Law: „Fondsgesellschaften müssen nicht prüfen, wie Banken Provisionen verwenden.“ Keine Regel ohne Ausnahme: Wann Provisionen künftig erlaubt bleiben Grundsätzliches Provisionsverbot: Unter dem Regime von Mifid II und des Zweiten Finanzmarktnovel- lierungsgesetzes (2. Fimanog) gilt für Provisionen in der „nicht unabhängigen Anlageberatung“ bei Banken weiter- hin ein sogenanntes Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. In der Delegierten Richtlinie (EU) 2017/593 vom 7. April 2016 und in Paragraf 70 des neu gefassten Wertpapierhandels- gesetzes (WpHG) ist festgelegt, dass ein Wertpapier- dienstleistungsunternehmen keine Zuwendungen von Drit- ten annehmen darf. Ausnahmen: Die Delegierte Richtlinie (EU) 2017/593 und Paragraf 70 WpHG lassen Gebühren, Provisionen oder nicht monetäre Vorteile unter bestimmten Voraussetzungen jedoch ausnahmsweise zu. Und zwar dann, wenn die Zuwendungen dazu bestimmt sind, die Qualität der für den Kunden erbrachten Dienstleistung zu verbessern, einer Erbringung der Dienstleistung im bestmöglichen Interesse des Kunden nicht entgegenstehen und dem Kunden vor Abschluss eines Geschäfts offengelegt werden. Beispiele für Qualitätsverbesserung: Die Delegierte Richtlinie (EU) 2017/593 hat drei Beispiele dafür auf- geführt, wie Wertpapierfirmen die Qualität von Dienstleis- tungen für den Kunden erhöhen können. Diese Beispiele für Qualitätsverbesserungen sind mit der neu gefassten Wertpapierdienstleistungs-Verhaltens- und Organisations- verordnung (WpDVerOV) in deutsches Recht umgesetzt worden: • Eine „nicht unabhängige“ Anlageberatung kann mit dem Zugang zu einer großen Auswahl geeigneter Finanzinstrumente kombiniert werden. Darunter sollte sich eine „angemessene“ Anzahl an Produkten von Drittanbietern finden, die keine enge Verbindung zur Bank oder dem Finanzdienstleister aufweisen. • Eine „nicht unabhängige“ Anlageberatung kann mit dem Angebot kombiniert werden, für den Kunden ein- mal im Jahr die Geeignetheit seiner Finanzinstrumente zu überprüfen. Wahlweise kann auch eine andere nütz- liche laufende Dienstleistung angeboten werden. • Dem Kunden kann eine große Auswahl geeigneter Fi- nanzinstrumente inklusive Produkten von Drittanbietern zur Verfügung gestellt werden. Das Angebot sollte mit nützlichen Tools verbunden werden, die dem Kunden helfen, Anlageentscheidungen zu treffen oder das Depot zu überwachen. Es ist auch möglich, dem Kunden regelmäßige Berichte über die Wertentwicklung und die Kosten der Finanzinstrumente zukommen zu lassen. Breites Filialnetz: Der deutsche Gesetzgeber hat die drei Beispiele der EU-Kommission um ein weiteres ergänzt. Die WpDVerOV sieht vor, dass Wertpapierfirmen Zuwendungen auch einbehalten dürfen, wenn sie ein weit- verzweigtes Filialnetz unterhalten.

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