FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2018

auf die Kollegen zu. Alle Portfoliomanager sind auch Analysten. Allerdings konzentrieren sie sich nicht auf einen Sektor, wie das sonst oft üblich ist. Manche haben zwar eine beson- dere Expertise für eine Branche, besuchen aber dennoch Unternehmen aus anderen Sek- toren. Das ist ausdrücklich so gewollt. Port- foliomanager müssen Generalisten sein, um einen guten Überblick über den gesamten Markt zu haben. So kann jeder von uns den anderen herausfordern, statt nur dessen Ideen zu übernehmen, weil er nun mal der Experte für die Automobilindustrie ist. Welche Rolle spielt externes Research? Eine große. Wir haben uns über die Jahre ein enges Netz mit Analysten und Volkswirten von Banken und Brokern aus der ganzen Welt aufgebaut. Um eine Investmentidee zu über- prüfen, ist es wichtig, auch mal mit einem echten Branchenexperten zu sprechen. Da hilft es ungemein, auf solche gewachsenen Beziehungen setzen zu können. Seit diesem Jahr müssen die Fondshäu- ser für Research bezahlen – die Finanz- marktrichtlinie Mifid II schreibt das vor. Inwieweit hat das Ihren Umgang mit Analysen externer Anbieter verändert? Eigentlich kaum. Mifid II wird wahrscheinlich die großen Häuser und die kleinen Research- Boutiquen stärken. Das Mittelfeld dagegen wird es schwer haben, sich am Markt zu be- haupten, aber mit diesen Anbietern haben wir schon in der Vergangenheit kaum zusammen- gearbeitet. Klar ist, dass wir die Analysen, die wir benötigen, auch bezahlen. Da sparen wir nicht am falschen Ende. Sie hatten anfangs schon erwähnt, dass Sie derzeit gern in Finanzwerte investie- ren. Auch Energietitel sind recht promi- nent im Fonds vertreten. Wie kommt es zu dieser Sektorgewichtung? Ich bin sehr davon überzeugt, dass bei den Euroland-Aktien eine große Rotation der Sek- toren bevorsteht. 2016 hatten wir das schon in Ansätzen gesehen, aber nun dürfte die Rotation noch stärker ausfallen. Für Value- Titel sprechen gleich mehrere Faktoren, unter anderem die starke Wirtschaft, die hohen Unternehmensgewinne und die Tatsache, dass die Politik den Märkten weniger Stress berei- tet als in den vergangenen Jahren. Dazu kommt die Inflation, die zumindest ein biss- chen anzieht – und natürlich die Tatsache, dass Value-Titel derzeit besonders günstig be- wertet sind. Ich mag die Mischung aus sich erholenden Gewinnen und niedriger Bewer- tung. Das trifft übrigens auch auf manche Aktien aus dem Telekomsektor zu. Bei der Ländergewichtung fällt auf, dass Deutschland in Ihrem Portfolio im Ver- gleich zur Benchmark eine recht geringe Rolle spielt. Warum? Ich habe nichts gegen Deutschland. Aber wenn Sie etwa die Bankenbranche oder den Ölsektor ernstnehmen, müssen Sie nicht un- bedingt in Deutschland zu suchen beginnen. Ist der Vergleichsindex für Sie überhaupt von Interesse? Das schon – aber nur um zu wissen, wie ich mich davon entfernen kann. Es spielt schon eine Rolle, welches Gewicht ein großes Un- ternehmen im Index hat. Denn nur dann ist klar, ab welchem Niveau ich überhaupt einen aktiven Investmentansatz verfolge. Wenn ich eine Aktie, die drei Prozent des Index aus- macht, wirklich gut finde, sollte sie in meinem Fonds entsprechend höher gewichtet sein. Denn wenn ich Sie nur mit drei Prozent gewichte, verhalte ich mich ja nur neutral. Langfristig kann Ihre Performance überzeugen. 2017 schnitten Sie allerdings schlechter ab als der durchschnittliche Wettbewerber. Warum? Mit unserer Idee von der Branchenrotation waren wir zu früh. 2016 hat sie schon gut funktioniert, und ich habe erwartet, dass sich dieser Trend fortsetzt. Doch das ging nicht auf. Die verzögerte Rückkehr der Inflation hat uns wehgetan. Die Logik, die für diese Rota- tion spricht, ist heute allerdings deutlich aus- geprägter als noch vor einem Jahr, was mich für die Zukunft sehr zuversichtlich stimmt. Das zweite Problem war die Energiebranche, die 2017 wegen des stark schwankenden Öl- preises ein schwieriges erstes Halbjahr hatte. Einige Schwierigkeiten hatten wir auch auf Einzeltitelebene. Da war zum Teil eine sach- liche Neubewertung nötig. Sie verantworten aus Großbritannien heraus einen Fonds, der in Festland- Europa investiert. Wissen Sie, was der Brexit für Ihre Arbeit bedeuten wird? Das hängt von den Politikern ab (lacht). Stel- len Sie mir diese Frage nächstes Jahr noch mal! Invesco ist ein flexibles Unternehmen. Falls es ein Problem geben sollte, werden wir eine Lösung finden. Die Titel in meinem Port- folio hängen jedenfalls kaum von der briti- schen Wirtschaft ab. Vielen Dank für das Gespräch. BERND MIKOSCH | FP markt & strategie I jeff taylor | invesco 110 www.fondsprofessionell.de | 1/2018 » Die Analysen, die wir benötigen, bezahlen wir auch. Da sparen wir nicht am falschen Ende. « Jeff Taylor, Invesco Foto: © Christoph Hemmerich Jeff Taylor: „Ich bin sehr davon überzeugt, dass bei den Euroland-Aktien eine große Rotation der Sektoren bevorsteht. 2016 haben wir das schon in Ansätzen gesehen, aber nun dürfte die Rotation noch stärker ausfallen.“

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