FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2018
144 www.fondsprofessionell.de | 1/2018 markt & strategie I prognose-check Foto: © Cornelis Gollhardt Bert Flossbach / Flossbach von Storch 2014 These 1: Die Notenbanken haben den Point of no return überschritten. Des- halb werden die Zinsen „auf breiter Front sehr lange sehr niedrig bleiben“. Realität: An der Zinsfront hat sich im Jahr 2014 de facto nichts getan. Nur die EZB hat den Minizins in zwei weite- ren Trippelschritten auf den Nullpunkt gesetzt. Prognosekraft: +++ These 2: Trotz des gestiegenen Be- wertungsniveaus sieht Flossbach den Aktienbereich als attraktive Anlagemög- lichkeit – insbesondere den der Indus- trienationen. Realität: Tatsächlich konnte der Eurostoxx 50 nach dem Gipfel mehr als vier Prozent an Wert gewinnen, der US-Markt schaffte im selben Zeitraum plus 15 Prozent, der Nikkei gar plus 17 Prozent. Prognosekraft: +++ These 3: Zum Zeitpunkt des Gipfels gab es aus Flossbachs Sicht „kein an- deres Asset, das so negativ gesehen“ wurde, weshalb er Gold auf dem aktu- ellen Niveau als günstige Versicherung sieht, die einen kleinen Teil im Portfolio einnehmen sollte. Realität: Bis Jahresende verlor die Feinunze Gold rund fünf Prozent an Wert, wurde also noch günstiger – ein Trend, der sich bis Jahresende 2015 fortsetzte. Einen veritablen Verfall gab es 2014 jedoch nicht, weshalb die The- se von Gold als Versicherung gegen Kursverluste am Aktienmarkt zumindest nicht komplett falsifiziert wurde. Prognosekraft: – – 2015 These 1: Flossbach bekräftigt seine Meinung, wonach es für die Notenban- ken keinen Weg zurück aus dem Nied- rigzinsumfeld gebe. Realität: Kein Lebenszeichen von den Notenbanken an der Zinsfront. Prognosekraft: +++ These 2: Aufgrund des Niedrigzins- umfelds bleiben Aktien alternativlos, was die Bewertungen nach oben drücken wird. Realität: Sowohl in den USA als auch der Eurozone stiegen die KGVs deutlich an – im S&P 500 etwa von 19 auf 21, im Eurostoxx 50 von 20 auf 25. Prognosekraft: +++ These 3: Aufgrund des niedrigen Ölpreises erhöht sich indirekt die Kauf- kraft der Konsumenten. „Sie müssen sich vorstellen, de facto haben sich die Benzinkosten für die Amerikaner halbiert“, erklärt der Manager. Demzu- folge bleibt den Amerikanern mehr Geld in der Tasche, was sich positiv auf die Konsumgüterindustrie und deren Kurse auswirken sollte. Realität: Der einschlägige Konsum- güter-Index von S&P legt bis Jahres- ende 2015 um satte zehn Prozent zu, wodurch die breiteren Marktindizes wie S&P 500 oder Dow Jones klar out- performt werden. Prognosekraft: +++ 2016 These 1: Flossbach erwartet, dass die öffentliche Hand notleidende halbstaat- liche Kredite decken wird müssen, was den Staatshaushalt belastet und dem- zufolge den Yuan drücken wird. Die herumgeisternden Horrorszenarien von einer Korrektur um 30 Prozent hält er für „vollkommen überzogen“. Wahr- scheinlich sei eine Yuan-Abwertung von fünf bis zehn Prozent. Realität: Die Gelassenheit Flossbachs stellt sich letzten Endes sogar einen Tick zu pessimistisch heraus. Peking bekommt seine Probleme vorerst in den Griff, der Yuan wertet gegen den Euro per Jahresende um gerade einmal 2,5 Prozent ab, gegen den Dollar sind es 6,5 Prozent, global gewichtet liegt die Abwertung somit am unteren Ende der Prognose. Prognosekraft: +++ These 2: „Staatsanleihen, vor allem aus der Eurozone, können fast nur Ver- luste bringen.“ Realität: Nimmt man exemplarisch spanische Anleihen, so sind die Ren- diten von Benchmark-Papieren im Jah- resverlauf leicht gesunken. Deutsche Anleihen stellten tendenziell ein Null- summenspiel dar. Prognosekraft: ++ These 3: Der Aktienmarkt stellt derzeit eine Chance dar, zu attraktiven Kursen die Investitionen an der Börse zu erhö- hen. Realität: Flossbach agiert zwar opportunistisch als Stockpicker, doch in diesem Fall hätte auch ein Index- investment funktioniert: Nach einem holprigen Start ins Jahr legte der S&P 500 mit einem Plus von 15 Prozent nach dem Gipfel bis Jahresende eine überzeugende Leistungsschau vor, der Eurostoxx lag immerhin vier Prozent im Plus. Prognosekraft: +++ 2017 These 1: „So billig sind Zykliker nicht. Sie notieren bei mitunter recht sport- lichen KGVs.“ Eine Strategie, die darauf setzt, defensive Titel zu verkaufen und zyklische Titel zu kaufen, sei aus dieser Sicht zu einfach. Realität: Die KGVs von Zyklikern sind in den USA im Jahresverlauf weiter leicht gestiegen, in der Eurozone hin- gegen gesunken. Mit einem Setzen auf Euro-Zykliker konnte man jedoch eine Überrendite gegenüber einem reinen Indexinvestment erzielen. Der MSCI- Zykliker-Index schaffte ein Plus von fast 19 Prozent, defensive Titel kamen auf 16 Prozent, der Stoxx 50 erzielte relativ moderate 6,6 Prozent. Prognosekraft: + / – These 2: Flossbach glaubt vor allem für Europa an weiterhin künstlich niedrig gehaltene Zinsen, da sich die Staaten aufgrund der hohen Ver- schuldung keine höheren Zinsen leis- ten könnten. Auch in den USA hält er kurz- und mittelfristig „Anstiege auf 3,5 oder vier Prozent für extrem un- wahrscheinlich“. Realität: Während die EZB untätig blieb, hat die US Federal Reserve drei- mal die Zinsen angehoben. Der drei- monatige Euribor verharrte regungslos bei minus 0,3 Prozent, während der dazu analoge Dollar-Libor von rund einem auf 1,7 Prozent kletterte. Prognosekraft: +++ These 3: Die Aktienmärkte sind so stark, dass man „jeden Dip sofort kaufen sollte“. Realität: 2017 stiegen alle relevanten Aktienmärkte ausnahmslos und mit- unter spektakulär an. Kontinuierliches Zukaufen war also, so man genug Pulver hatte, die richtige Strategie. Prognosekraft: +++ Bert Flossbach FAZIT Bert Flossbachs Mut zu einem kon- sequent bullishen Ansatz hat sich über die vergangenen Jahre bewährt. Sucht man nach Haaren in der Suppe, lag Flossbach bei Gold kurzfristig nicht ganz richtig, über seine Einschätzung zu Zyklikern konnte man Ende 2017 auch diskutieren. Gesamt-Score: +++ Flossbachs Rat damals: Kaufen, kaufen, kaufen … Im Vorjahr bekamen manche Höhenangst, nicht so Flossbach Der Manager riet zu Jahresbeginn 2017, jeden Dip zu kaufen. Das war ein coura- gierter, aber auch extrem lukrativer Ansatz für den Jahresverlauf. Quelle: Bloomberg 2.700 2.600 2.500 2.400 2.300 1,5 B 0,55 B S&P 500 Index S Volumen 2017 Feb Dez Keine Angst bei hohen Bewertungen – das war bislang eine richtige Strategie.
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