FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2018

Kraft: Hier muss man differenzieren: Anbieter, die seit vielen Jahren im Geschäft sind und er- folgreiche Fondsserien laufen haben, machen auch heute gutes Geschäft, sowohl im freien Vertrieb als auch mit Banken. Deshalb kann man nicht allgemein von Vertriebsmüdigkeit und auch nicht davon sprechen, dass die Altlasten, die es im Beteiligungsmarkt gab, noch wirken. Heibrock: Aus der Hoffnung, dass der Markt nach der Regulierung besser wird, ist viel geworden, nur nicht so schnell, wie wir damals geglaubt haben. Der Umstellungsprozess auf die neuen Produkte hat nicht ein paar Monate, son- dern ein paar Jahre gedauert. Mir ist bei den Banken und Sparkassen so gut wie kein Institut bekannt, das Vermögensanlagen verkauft. Das Gros der Häuser möchte im regulierten Bereich unterwegs sein. Das ist ein großer Erfolg, und es kommen wöchentlich Häuser hinzu, die sich nun endlich dazu entscheiden, wieder geschlos- sene Fonds anzubieten. Endlweber: Sie finden die Vermögensanlagen aber nicht wirklich gut, oder? Heibrock: Ich bin nicht der Meinung, dass alle Vermögensanlagen schlechte Produkte sind. Es gibt viele Gesellschaften, die in diesem Bereich seit Jahren gutes Geschäft machen. Allerdings können sich bei den Vermögens- anlagen noch Anbieter breitmachen, die es mit dem Wohl der Anleger nicht so ernst meinen. Im voll regulierten Fondsmarkt ist das nicht mehr möglich. Kraft: Auch ich habe gedacht, dass die Kun- den sehr wohl die Vorteile der Regulierung erkennen. Deshalb bin ich überrascht, dass es so viel mehr Vermögensanlagen als AIF gibt. Das hat man vor drei oder vier Jahren so nicht erwartet. Grabmaier: Wir sind als Finanzdienst- leistungsunternehmen froh, dass es noch Vermögensanlagen gibt. Wie viele Anbieter von AIF haben es geschafft, für ihre aktuel- len Produkte bis 3. Januar dieses Jahres eine Zielmarktdefinition gemäß Mifid II zu liefern? Da gab es echt idiotische Aussagen bis hin zu „Wir haben doch einen Prospekt geschrieben, schau doch nach!“. Ende Ja- nuar hatten 13 von 32 Anbietern die Ziel- marktdefinition geliefert. Die Branche muss sich daran gewöhnen, dass sie jetzt in einem Marktumfeld ist, in dem man aufgrund von neuen Anforderungen etwas liefern muss. Heibrock: Was die überwiegende Zahl der An- bieter, die ich kenne, auch getan hat. Wir berück- sichtigen die Mifid-II-Vorgaben seit über einem Jahr, weil klar war, dass sie kommen. Grabmaier: Ich muss zugeben, dass ich bis zum Jahresende noch gar keine Vorstellung davon hatte, was konkret bei der Zielmarktdefinition abgefragt wird. Erst kurz vor Weihnachten wur- de klar, was der europäische Gesetzgeber meint. Respekt, wenn Sie das schon im Prospekt abge- bildet haben. Ich bin mit der neuen Regulierung unglücklich, weil sie keinen Verbraucherschutz bringt, sondern nur Bürokratie schafft, die den Kunden nicht viel bringt. Endlweber: In den vergangenen Jahren haben Krisen und Regulierungsvorhaben das Geschäft ausgebremst . Hat Mifid II das Potenzial, dafür zu sorgen, dass der Betei- ligungsmarkt am Endes dieses Jahres wieder nicht gewachsen sein wird? Heibrock: Nein, Mifid II kann es nicht sein, weil alle Produktanbieter, die Verbandsmitglieder sind, diese Dinge frühzeitig auf den Weg gebracht haben. Hier hat die Branche deutlich besser gehandelt als bei früheren Regulierungs- schritten. Ambrosius: Wir haben bei der Aktie die Möglichkeit, dieses Thema zentral über WM Datenservice einzustellen. Wer das Produkt aufruft, findet automatisch die Zielmarktdefi- nition und alle Daten zur Ex-ante-Kostenbe- rechnung. Noch komfortabler geht es aus heuti- ger Sicht nicht mehr. Deshalb kann das kein Grund für etwaige Einbrüche bei den Platzie- rungszahlen sein. Kraft: Es hat zwar in den ersten Tagen etwas geklemmt, aber jetzt läuft es. Seppelfricke: Sind die geschlossenen Fonds nach KAGB auch depotfähig? Heibrock: Wir haben eine ISIN-Nummer für unsere Fonds. Seppelfricke: Ich habe als gelernter Vermögens- verwalter die ganzen Jahre vermisst, dass die Fonds im Depot nicht sichtbar sind. Ambrosius: Unsere Aktie ist komplett depot- fähig. Sie wird nach der Zeichnung direkt in das Depot des Kunden eingebucht. Die komplette Dokumentation für den Anleger und Berater erfolgt über das Aktiendepot des Kunden. Und der Prozess, der bisher über den Treuhänder gelaufen ist, wird künftig durch die Depotbanken durchgeführt. Das ist eine massive Erleichterung für den Berater und Kunden. Endlweber: Warum gehen Sie denn den Weg über die Aktie? Funktionieren die Fonds im Vertrieb nicht? Oder wie darf man diesen Schritt verstehen? Ambrosius: Wir haben uns gefragt, wie wir die Anleger wieder erreichen können. Die Vertriebs- landschaft verändert sich, und wir haben viele Kunden, die autark handeln und online investie- ren. Deshalb haben wir ein Instrument gesucht, Marco Ambrosius, HTB: „Wir haben uns gefragt, wie wir die Anleger wieder erreichen können. Die Vertriebslandschaft verändert sich, und viele Kunden handeln autark.“ 170 www.fondsprofessionell.de | 1/2018 roundtable I sachwer te Foto: © Christoph Hemmerich » Bei den Vermögensanlagen können sich noch Anbieter breit- machen, die es mit dem Wohl der Anleger nicht so ernst nehmen. Im voll regulierten Fondsmarkt ist das nicht mehr möglich. « Andreas Heibrock, Patrizia

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