FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2018

173 www.fondsprofessionell.de | 1/2018 Endlweber: Die Risikodarstellung ist das eine, das andere ist die Transparenz, vor allem für die Performance der Investments und den Track Record der Anbieter. Leistungsbilan- zen gibt es im Crowdinvesting nicht, diese wären aber wichtig, um einschätzen zu kön- nen, ob der Anbieter von dem Geschäft Ah- nung hat. Vor diesem Hintergrund haben die „Dinosaurier“ des Beteiligungsmarktes einen Vorteil: Es sind in erster Linie noch dieje- nigen am Markt, die eine aktuelle Leistungs- bilanz veröffentlichen und eine zumindest gute Performance vorweisen können. Seppelfricke: Das Volumen des Crowdinvest- mentmarktes ist noch relativ gering. Deshalb läuft er bei vielen noch unter dem Radar, viel- leicht im Glauben, dass die Anleger, die hier investieren, ohnehin Zocker sind. Und es geht um keine hohen Summen. Endlweber: Die Immobilien-Crowdplatt- formen machen inzwischen nennenswerten Umsatz, die Zuwachsraten sind enorm. Das offensive Marketing kommt bei den Kunden an, während sie von einem voll regulierten Immobilien-AIF etwa in München nichts mitbekommen. Heibrock: Da bin ich bei Ihnen. Aber trotzdem müssen sich die „Dinosaurier“ fragen, ob die Anleger, von denen Sie sprechen und die nur 500 oder 1.000 Euro investieren, ihre gewünsch- te Kundschaft sind. Und ist die Kampagne rich- tig, mit bis zu sechs Prozent schon ab 500 Euro zu werben? Nur der aufgeklärte Anleger weiß, dass er dafür viel höhere Risiken eingeht. Wir fragen uns daher, ob die Crowd-Plattformen tat- sächlich unsere große Konkurrenz sind oder ob wir uns nur verrückt machen lassen. Heuser: Digitalisierung und Fintechs üben aber Druck auf den klassischen Vertrieb aus. Sehen Sie das nicht so? Heibrock: Aber auch wir müssen Beratern und Anlegern immer weitere digitale Möglichkeiten zur Verfügung stellen, um dieses Geschäft ein- facher zu machen. Es darf aber nicht weniger sorgfältig sein, sondern muss mit der Digitalisie- rung einfacher gemacht werden. Das ist ein Stück weit schon sehr gut gelungen. Endlweber: Meine These: Die „Dinosaurier“ werden den Anschluss an die jungen, schnel- len Fintechs verlieren. Deren Produktpalette wächst zum Beispiel mit derAnleihe und dem Investmentsparplan. Wenn die „Old Econo- my“ weiterhin nur den klassischen Fonds mit zehn bis zwölf Jahren Lauf- zeit und mit einer Mindestbeteiligung von 10.000 Euro auflegen will, wird sie die jungen Kunden und Kleinanleger verlieren. Heibrock: Da stimme ich Ihnen zu, und die Gefahr besteht, dass sich eine Platt- form etabliert, die alle Produkte anbietet – für den 20-Jährigen, der 500 Euro hat, und für den 70-Jährigen, der auch mal 100.000 Euro in ein Produkt investiert. Grabmaier: Den großen Antagonismus se- he ich noch nicht. Es gibt Poolplattformen, die alles vom AIF bis zum Crowdinvesting imAngebot haben, aber mit geprüften Pro- dukten, die über den Berater zum Kunden kommen. Zwei Dinge können junge Fin- techs nicht so gut: Kundenakquisition, die unheimlich teuer ist, und das Beratungsge- spräch. Als Betreiber der großen Plattform Geld.de kann ich sagen, dass 70 Prozent der Online-Kunden noch einmal eine mensch- liche Stimme hören wollen, die ihnen die Kaufreue nimmt und ihnen sagt, dass ihre Entscheidung richtig ist. Deswegen müssen der Beratermarkt und die Qualitätsanbieter keine große Angst haben. Kraft: Wir bieten Investoren schon seit Jahren Investitionen in Projektentwicklungen mit Mez- zanine-Kapital an. Als wir begonnen haben, hat man noch gar keine Crowdplattformen gekannt. Das Geschäft ist hochkomplex und beratungsin- tensiv, und es braucht Know-how und Erfah- rung. Das Mindestinvestment beträgt 250.000 Euro, und ich glaube, dass wir damit genau die richtige Klientel erreichen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass dieses komplexe und mit Chan- cen und Risiken versehene Geschäft mit sechs Prozent zu den Kunden, die da in der Regel ein- steigen, passt. Da haben wir andere Erfahrungen und eine gute Leistungsbilanz über fast 80 Pro- jekte. Jetzt kann man über Crowdinvesting in das gleiche Geschäft gehen. Das passt in meiner Welt nicht zusammen. Endlweber: Es steht täglich in der Zeitung, dass derAnleger mit Sparbuch und Festgeld- verträgen Geld verliert. Ein paar Klicks wei- ter taucht die Werbung von Fintechs auf, die rentierliche Investments mit kurzer Laufzeit ab 500 Euro anbieten. Dann kauft der Kunde – auch wenn das nicht zu Ihrer Philosophie passt. Er tut es einfach, weil er offensichtlich investieren und vor allem etwas mit Immobi- lien haben will: die Eigentumswohnung, das vermietete Pflegeapartment, das Nachrang- darlehen bei einer Projektentwicklung oder eine Anleihe mit Immobilien. Heibrock: Ich glaube nicht, dass der, der 500 Euro investiert, parallel eine Eigentumswohnung kauft. Endlweber: Für viele sind 500 Euro als Crowdinvestment Spielkapital, weil sie bei- spielsweise die Wohnung schon haben. Heibrock: Dann investiert der Anleger nicht 500 Euro. Martin Eberhard, Fondskonzept: „Für den Vertrieb der AIF braucht es wieder Vertrauen in die Anbieter und in das Produkt.“ » 70 Prozent der Online-Kunden wollen noch einmal eine menschliche Stimme hören, die ihnen sagt, dass ihre Ent- scheidung richtig ist. Deswegen muss der Beratermarkt keine große Angst haben. « Sebastian Grabmaier, JDC

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