FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2018

Endlweber: Es heißt ja „ab 500 Euro“. Und es gibt Crowdinvestments mit 1.000 Euro Mindestinvestition, die sich von den 100- Euro-Kampagnen abgrenzen. Ein Schlüssel für den Erfolg von Crowdinvesting ist doch, dass die Eintrittshürde so niedrig ist. Dagegen sind 5.000 oder 10.000 Euro Mindestbeteili- gung bei einemAIF eine große, vielfach auch gewollte Barriere. Ambrosius: In unseren Zweitmarktfonds 7 und 8 haben wir eine durchschnittliche Zeichnungs- summe von rund 35.000 Euro. Wir wollten in unserem neuen Produkt zunächst eine Mindest- beteiligung von 20.000 Euro festlegen. In vielen Diskussionen – auch mit Journalisten – bekamen wir den Hinweis, dass wir bei diesem Produkt die Einstiegssumme reduzieren und uns nicht anmaßen sollten, der belehrende Faktor für den Kunden zu sein. Daraufhin haben wir die Anlagebedingungen geändert und die Min- destbeteiligung auf 1.000 Euro reduziert. Ich bin gespannt, wie hoch die durchschnittliche Zeichnungssumme sein wird. Wir müssen uns fragen, was die Entwicklung der vergangenen Jahre durch das Internet und durch die Digita- lisierung mit uns macht. Müssen wir nicht sagen, dass wir Anbieter einer Lösung sind und die Kunden nach ihren Bedürfnissen be- raten? Grabmaier: Es ist eine großartige Ent- wicklung, dass wir jetzt Kunden haben, die auch mit kleinen Beträgen Geldwert in Sachwert tauschen. Das ist eine riesi- ge Chance. Deshalb sollten wir den Crowdinvestingplattformen als Innova- tionstreiber dankbar sein. Jetzt geht es darum, dass auch die kleinen Beträge in gute Anlagen gehen. Die Risikoaufklä- rung darf nicht auf der Strecke bleiben, und den Kunden muss bewusst gemacht werden, was sie machen. Ein Nachrang- darlehen oder eine Mezzanine-Finan- zierung ist vielleicht nicht die richtige Risikoklasse für eine Erstinvestition mit 500 Euro. Sonst geht es uns wie bei der Telekom-Aktie. Man sollte sich aber nicht darauf zurückziehen, dass Sach- wertinvestments nichts für den kleinen Sparer sind, sondern stattdessen lieber die richtigen Produkte bauen. Heibrock: Trotzdem muss das einzelne Unternehmen weiterhin die Freiheit haben zu sagen, dass es eine bestimmte Anlegergruppe bei sich gar nicht haben möchte. Ich glaube schon, dass die Fintechs etwas in Gang gebracht haben. Es muss dem Anleger aber bewusst werden, was er tut. Denn er ist mündig! Heuser: Ich würde sagen, dass die Leute nicht mündig sind, weil sie nicht kundig sind. Es fehlt vielen das Verständnis für Geldanlagen: wie sie funktionieren und was man sich so- wohl ertrags- als auch risikomäßig erwarten kann. Das wird einfach nicht vermittelt. Heibrock: Da muss es in unserem Land eine Denkumkehr geben. Die Leute sind für alle anderen Dinge auch verantwortlich. Wenn ich im Winter bei Schnee mit dem Auto den Berg nicht hochkomme, kann ich auch nicht zum Händler gehen und mich beschweren, warum ich dafür Winterreifen und vielleicht einen All- radantrieb brauche. Jeder und auch die Richter würden sagen, dass ich dafür selbst verantwort- lich bin und Entscheidungen treffen kann. In der Kapitalanlage wird so getan, als ob der unbe- scholtene Bürger an jedem Bankschalter und bei jedem freien Vermittler über den Tisch gezogen wird und selbst dafür keine Verantwortung trägt. Endlweber: Das AfW-Vermittlerbarometer führt uns jedes Jahr vor Augen, dass das Publikum den AIF als viel zu komplex und zu kompliziert ansieht. Solange das der Fall ist, wird das Gros derAnleger eben nicht AIF zeichnen, sondern irgendwelche Alternativen – selbst wenn sie genau betrachtet nicht gut sind. Das fällt aber keinem auf, wenn die Story gut ist. Wie wollen Sie den „weißen“ Fondsmarkt wieder zum Leben erwecken, obwohl Ihre Multiplikatoren das Produkt als unverkäuflich erachten? Grabmaier: Es ist gar nicht so schlimm, wenn 90 Prozent der Kunden sagen, dass ein AIF gar nichts für sie ist. Es ist eine unternehmerische Beteiligung, die komplexe Risken hat. Sie werden deshalb im Prospekt auch sehr komplex Pascal Seppelfricke, Seppelfricke & Co. Family Office: „Ich habe immer gesagt, dass der geschlossene Fonds die trans- parenteste Geldanlage ist, die wir in Deutschland haben.“ » Anbieter, die seit vielen Jahren im Geschäft sind und erfolg- reiche Fondsserien laufen haben, machen auch heute gutes Geschäft, sowohl im freien Vertrieb als auch mit Banken. « Marcus Kraft, BVT Hans Heuser, FONDS professionell: „Es fehlt vielen das Ver- ständnis für Geldanlagen: wie sie funktionieren und was man sich sowohl ertrags- als auch risikomäßig erwarten kann.“ 174 www.fondsprofessionell.de | 1/2018 roundtable I sachwer te Foto: © Christoph Hemmerich

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