FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2018
250 www.fondsprofessionell.de | 1/2018 vertrieb & praxis I systematische vermögensverwalter Foto: © Cornelis Gollhardt Wolfgang Leoni, HQ Asset Management „Unser Rezept bleibt im Panzerschrank “ Wolfgang Leoni baut für die Harald-Quandt-Gruppe eine Asset-Management-Boutique auf. Der Schwerpunkt liegt auf quantitativen Ansätzen. Im Interview verrät der ehemalige Sal.-Oppenheim-Chef, welche Strategien er entwickelt. D er ehemalige Vorstandschef des Bank- hauses Sal. Oppenheim, Wolfgang Leoni, arbeitet nun für die Industriel- lenfamilie Quandt. Diese baut ihr Engagement im Investmentgeschäft aus. Ein halbes Jahr nach Leonis Abgang zerschlug die Eignerin Deutsche Bank das Kölner Traditionsinstitut. Herr Leoni, Sie wechselten von Sal. Oppenheim zur Investmentgruppe der Quandt-Familie. Was haben Sie dort vor? Wir bauen dort ein Asset-Management-Ge- schäft mit dem Fokus auf quantitativen In- vestmentansätzen auf. Diese Ansätze gewin- nen weltweit in der Vermögensverwaltung an Bedeutung. Die neue Gesellschaft HQ Asset Management ist eine Schwester des Family- Office HQ Trust und der auf Alternative Investments spezialisierten HQ Capital. Welche Strategien entwickeln Sie? Wir konzentrieren uns auf zwei Gebiete: ein- mal auf den Multi-Asset-Bereich mit der so- genannten Global Technical Asset Allocation (GTAA). Wir verstehen darunter taktische Asset-Allocation-Strategien, die auf quantita- tiver Analyse fußen. Die Ergebnisse können wir in sehr unterschiedliche Portfolios gießen, von einer einfachen Aktien-Renten-Mischung bis hin zu echten Multi-Asset-Portfolios, die sich auf viele Anlageklassen stützen. Der zweite Bereich ist die Auswahl von Aktien- Einzeltiteln nach quantitativen Methoden. Daraus konstruieren wir ebenfalls Portfolios mit unterschiedlichen Rendite-Risiko-Pro- filen. Manche können sich stark an einem Vergleichsindex orientieren, andere davon lösen. Wir können deutsche, europäische oder weltweite Aktien auswählen sowie Long- only- oder Long-Short-Strategien verfolgen. Wir richten uns dabei sehr flexibel nach den Wünschen der Kunden. Nach welchen Kriterien gehen Sie vor? Bei GTAA stützen wir uns auf makroöko- nomische Daten und Marktkennzahlen, zum Beispiel das Momentum. Bei der Einzeltitel- auswahl identifizieren wir bestimmte funda- mentale und technische Faktoren, die in der Lage sind, zwischen „guten“ und „schlech- ten“ Aktien zu unterscheiden. Dazu zählen etwa Qualität, Value oder Momentum. Wieso haben Sie diese Faktoren ausge- wählt? Alles, was wir als quantitative Manager un- ternehmen, fußt auf theoretischen wissen- schaftlichen Erkenntnissen. Hinzu tritt die Frage, ob die Theorie auch empirisch Be- stand hat – sprich, ob die Strategien nicht nur auf dem Papier, sondern auch in der Praxis funktionieren. Nur wenn im Zeitablauf faktisch eine stabile Beziehung zwischen der Theorie und der Wirklichkeit besteht, ver- wenden wir einen Faktor. Die Leistung von Quant-Managern ist es, eine taugliche Defi- nition eines Faktors und funktionierende Modelle zu entwickeln, sodass eine Strategie über längere Zeit nachhaltig die gewünschten Ergebnisse erzielt. Bei den derzeit so angesagten Smart- Beta-ETFs findet sich noch eine Vielzahl weiterer Faktoren. Da gibt es weniger gute und bessere Ansätze. Der Punkt ist: Im ETF-Bereich müssen sie die Regeln offenlegen, nach denen sie das Portfolio konstruieren. Das würden wir nicht machen. Das Rezept von Coca-Cola bleibt im Panzerschrank, und wir rücken es nicht heraus (lacht). Wenn ich ein Verfahren ent- wickelt habe, von dem ich überzeugt bin, dass es grundsätzlich gut funktioniert, dann stelle ich das nicht ins Internet. Ich nutze meine Erkenntnisse, um sie erfolgreich anzu- wenden und vor allem meine Kunden am Erfolg teilhaben zu lassen. Welche Titel schauen Sie sich an? Nur Standardaktien oder auch Nebenwerte? Der Vorteil von Quant-Managern ist: Das Re- search-Universum ist um ein Vielfaches grö- ßer als bei traditionellen Managern. Wir kön- nen weltweit 18.000 Aktien analysieren – und das jeden Monat. Ein klassischer Manager bräuchte dafür eine Heerschar an Analysten. Dank der großen Auswahl haben wir nicht nur die üblichen Verdächtigen im Blick, son- dern auch Nebenwerte. Diese stehen nicht so genau unter der Beobachtung von Analysten und bieten daher oftmals Mehrrenditen. Wie kommen Sie an die Daten für Ihre Analyse? Das ist eine entscheidende Frage für einen Quant-Manager: Besonders im Einzeltitel- bereich ist es wichtig, dass man saubere, ver- lässliche Daten erhält. Auch die Aufbereitung der Daten ist ein großes Thema. Wir müssen eine Vergleichbarkeit herstellen und etwa die Rechnungslegungsstandards in verschiedenen Ländern berücksichtigen. Denn: Wenn Sie Müll ins System kippen, kommt hinten auch nur Müll heraus. Wenn Sie schlechte Daten haben, produzieren Sie auch nur schlechte Ergebnisse. Vielen Dank für das Gespräch. Wolfgang Leoni, HQ Asset Management: „Wenn Sie Müll ins System kippen, kommt hinten nur Müll heraus.“
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