FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2018

277 www.fondsprofessionell.de | 1/2018 Während Männer über diese Minuspunkte aber offensichtlich leichter hinwegsehen, ist das bei Frauen nicht der Fall. So gaben die weiblichen Befragten öfter als die männlichen an, es sei für sie wichtig, einen Job mit ihren moralischen Prinzipien vereinbaren zu kön- nen. In der Finanzindustrie halten die meisten dies jedoch nicht für umsetzbar. 99 Prozent aller Teilnehmer nehmen die Finanzbranche als sehr kompetitiv wahr. 75 Prozent der Studenten haben Spaß daran, in Wettbewerbssituationen zu arbeiten. Bei den Frauen sind es jedoch nur 50 Prozent. Zudem bewerten die Studentinnen die Branche als wenig familienfreundlich und männerdomi- niert. Wenn sie überhaupt im Asset Manage- ment arbeiten würden, dann am liebs- ten im Marketing. Männer dagegen bevorzugen das Portfoliomanagement. „Die Finanzbranche hat ein Image- problem, das ist ja nichts Neues“, sag- te Studienleiterin Alexandra Niessen- Ruenzi, Inhaberin des Lehrstuhls für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Corporate Governance an der Universität Mannheim. „Interessant ist aber, dass Frauen dies viel stärker wahrnehmen als Männer.“ Mit Imagekampagnen allein könn- ten die Unternehmen nicht dafür sor- gen, mehr Frauen für Jobs und Füh- rungspositionen zu begeistern, betonte Sonja Albers, Bereichsleiterin Konzern Personal bei Union Asset Manage- ment. Es komme vielmehr darauf an, an die Hochschulen zu gehen und jun- ge Frauen darüber zu informieren, welche Chancen in der Finanzindus- trie liegen. In Norwegen gebe es sol- che Aktionen schon seit einiger Zeit, berichtete Alexandra Morris, Chefan- lagestrategin bei Skagen Funds. Aller- dings bräuchten die angehenden Akademike- rinnen echte „Role Models“, weibliche Vor- bilder also. Für Frauen, die bereits bei Asset Managern tätig sind, wird durchaus schon einiges getan, damit sie auf der Karriereleiter leichter nach oben steigen können. „Hier bestehen aber Unterschiede zwischen großen und kleineren Fondsgesellschaften“, erklärte Elmar Schobel, Partner bei KPMG. Eigenen Wert bewusst machen Die Förderung von Frauen sei auch für sie ein Grund gewesen, zu einem großen Unter- nehmen zu gehen, berichtete Alexandra Haggard, Leiterin Beratungsmanagement für Europa, den Nahen Osten und Afrika (EMEA) bei Blackrock. Mentoren- und Coaching-Programme seien hier längst üblich. Ähnlich sei es auch bei Fidelity, sagte Ferdi- nand-Alexander Leisten, Leiter des Deutsch- landgeschäfts von Fidelity International. Frauen in der Finanzbranche sollten sich ihrer eigenen Fähigkeiten und ihres Wertes für das Unternehmen viel bewusster werden, konsta- tierte Leisten. Nur so könnten sie für sich die Position beanspruchen, die ihren Leistungen wirklich entspricht – und das passende Gehalt dazu. „Nur 6,9 Prozent der Frauen verhandeln überhaupt über ihr Einstiegsgehalt“, sagte Alexandra Morris. Das müsse sich dringend ändern, befand sie. „Wir müssen ihnen zu- rufen: ‚Steht endlich auf!‘“ Eine, die längst aufgestanden ist, ist die Herzchirurgin Dilek Gürsoy. Von Fondsfrauen-Mitgründerin Anne E. Connelly auf dem Podium befragt, berichtete Gürsoy von ihrem bisweilen steinigen Karriereweg in einer eben- falls männerdominierten Branche. Gürsoy zählt heute zu den Topnamen in der deutschen Herzchirurgie. Sie ist die erste Frau in Europa, die einem Patienten ein Kunstherz eingesetzt hat. „Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Frauen eher sagen, sie könnten etwas nicht“, berichtete sie aus ihrem Metier. „Männer hingegen operieren schon mal, auch wenn sie nicht ganz firm in der Sache sind.“ Frauen, ob in der Medizin oder in der Finanzbran- che, sollten deutlich selbstbewusster werden – nicht nur fleißig arbeiten, sondern mit Leidenschaft das verfol- gen, was sie ernsthaft wollen. Für sie steht fest: „Wir müssen uns jeden Tag sagen: ‚Ich bin gut!‘“ ANDREA MARTENS | FP Auf dem Podium (v. l.): Anke Dembowski (Fondsfrauen), Alexandra Niessen-Renzi (Uni Mannheim), Sonja Albers (Union AM), Alexandra Morris (Skagen), Elmar Schobel (KPMG) Abschlussrunde: Anne E. Connelly, Mitgründerin der Fondsfrauen (l.), befragt die renom- mierte Herzchirurgin Dilek Gürsoy zu ihrer Karriere in einer männerdominierten Sparte. Attraktive Jobs Wo Männer und Frauen im Asset Management arbeiten möchten Während es Männer am stärksten ins Portfoliomanagement zieht, bevorzu- gen Frauen Jobs im Marketing. Quelle: Universität Mannheim 1 sehr negativ 2 3 4 positiv 5 Personal Marketing IT Produkt- entwicklung Vertrieb Kundenservice Portfolio- management ♀ ♂ Weibliche Studierende Männliche Studierende

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