FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2018

290 www.fondsprofessionell.de | 1/2018 „Fast jeder zweite unserer Partner bezeichnete den Prozess als ‚gut‘ oder ‚sehr gut‘, und nur sieben Prozent waren gar nicht zufrieden“, sagt Hammer. „So kurz nach der Einführung und mit Blick auf die vielen Umstellungen hätte ich mit einem deutlich schlechteren Ergebnis gerechnet.“ Auch der neue Kostenausweis stellt eine geringere Hürde dar als anfangs erwartet. Noch im Herbst hatten Fondsanbieter und Bankmanager die Befürchtung geäußert, die Kostentransparenz könnte die Kunden deut- lich kritischer werden lassen. Schließlich müssen Berater ihnen jetzt bereits vor einem Abschluss auf Euro und Cent vorrechnen, welche Kosten mit der Kapitalanlage verbun- den sind. „Die Kostentransparenz war in der Commerzbank schon immer recht hoch und ist damit nichts Neues für unsere Kunden“, sagt Daenert. Deutsch-Banker Christmann äußert sich ähnlich. „Wir bekommen jeden- falls nicht die Rückmeldung, dass Kunden abspringen, weil sie unsere Dienstleistung nun als zu teuer erachten würden“, ergänzt er. Alfredo Garces, Direktor Vorsorge und Ver- mögen bei der Targobank, glaubt allerdings nicht, dass das Mehr an Information tatsäch- lich die Aufklärung verbessert. „Im Gegenteil, manche Kunden fühlen sich davon regelrecht erschlagen“, berichtet er. Auch dass Kosten bei jeder Order wieder aufs Neue erklärt wer- den müssen, ist umständlich. „Es würde so- wohl den Beratern als auch den Endkunden helfen, wenn standardisierte Kostenmodelle nur einmal erläutert werden müssten“, meint NFS-Chef Hammer. Dass etwa eine Aktien- order 0,25 Prozent des Ordervolumens kostet, wolle keiner 20-mal im Jahr hören. Skurrile Transaktionskosten Im Zusammenhang mit dem Kostenaus- weis müssen sich Banken und Finanzvertriebe auch überlegen, wie sie mit den zum Teil irre- führenden Angaben der Fondsanbieter umge- hen. Die Gesellschaften müssen mittlerweile Schätzwerte für die Transaktionskosten ihrer Produkte angeben, und je nach Berechnungs- verfahren können dabei negative Zahlen herauskommen. Das ist gar nicht so selten: Für vier Prozent aller Anteilsklassen rechnen die Anbieter mit negativen Transaktionskos- ten, zeigt eine Auswertung von FONDS pro- fessionell (siehe Seite 16). Das würde den Fonds billiger erscheinen lassen, als er es in Wirklichkeit ist. „Das Problem ist uns be- kannt“, sagt Daenert. Die Lösung der Com- merzbank: „Wir setzen den Wert auf null, um die Kosteninformation nicht zu verfälschen und den Kunden nicht zu verwirren.“ Die Deutsche Bank handhabt es genauso. Wie sich die Änderungen durch Mifid II auf einen Punkt bringen lassen? Vielleicht mit einem Blick in den Aktenschrank in Röselers Filiale. „Die Protokolle sämtlicher Gespräche des Jahres 2017 füllten zwei Leitz-Ordner“, sagt der Berater. 2018 war der erste Ordner schon Ende Januar voll. „Und für das gesam- te Jahr brauchen wir wahrscheinlich 13 oder 14.“ BERND MIKOSCH, ANDREA MARTENS | FP bank & fonds I mifid II Foto: © Volksbank Struvenhütten, Frankfurter Sparkasse Heinz-Egon Behn, Volksbank Struvenhütten: „Wir überlegen, das Wertpapiergeschäft ganz einzustellen.“ Thorsten Haus, Frankfurter Sparkasse: „Die Berater bekommen den Unmut der Kunden zu spüren.“ Fehlende Daten behindern den freien Vertrieb Ausgangslage: Mifid II schreibt unter anderem vor, dass Anlageberater ihren Kunden nur geeignete Produkte an- bieten (Zielmarktabgleich) und schon vor dem Abschluss über die Kosten des Investments aufklären (Ex-ante-Kos- tenausweis). Dafür sind die Vertriebe auf Kosten- und Ziel- marktdaten der Produktanbieter angewiesen. Problem: Einige Fondshäuser konnten die benötigten Daten nicht pünktlich zum Mifid-II-Start am 3. Januar 2018 zur Verfügung stellen. Doch das war die Minderheit. Meistens lagen die entsprechenden Angaben zwar vor, kamen jedoch nicht immer fehlerfrei bei den Vertrieben an. Problematisch war anfangs, dass die Fondshäuser ihre Daten in verschiedenen Formaten lieferten. In Deutschland hatten sich Verbände, Anbieter und Banken schon im Sommer 2017 gemeinsam mit dem Dienstleister WM Datenservice, der die Daten an die Finanzdienstleister verteilt, auf einen Standard geeinigt. Viele ausländische Fondsgesellschaften setzen aber auf das „European Mifid Template“ (EMT), dessen Spezifikationen zum Teil erst Ende 2017 feststanden. Anfangs kam es beim Import der EMT-Angaben in die WM-Datenbank deshalb zu Unstim- migkeiten. Bei manchen Vertrieben klemmte auch die Schnittstelle zu WM, sodass für die Berater nicht immer die aktuellsten Daten zu sehen waren. Konsequenz: Beim Haftungsdach NFS Netfonds fehlten am 8. Januar für rund zwei Drittel aller Anteilsklassen im Fondsbestand die benötigten Zielmarkt- und Kostenan- gaben über die WM-Schnittstelle. Die NFS-Mitarbeiter mussten die Zahlen zum Teil selbst bei den Anbietern recherchieren und in ihren Datenbanken nachtragen. „Sonst hätten wir in den ersten Tagen überhaupt kein Geschäft machen können“, sagt NFS-Geschäftsführer Christian Hammer. Der Maklerpool Fondsnet, der seine Mifid-II-Daten von Morningstar bezieht, berichtete von geringeren Problemen. Doch auch dort fehlten anfangs für hunderte Anteilsklassen die benötigten Angaben. Aktueller Stand: „Die Qualität der Mifid-II-relevanten Daten hat sich seit Jahresbeginn deutlich verbessert“, sagt Hammer. „Die nötigen Kostenangaben liegen inzwischen zu fast allen Fonds vor, nur bei den Zielmarktdaten klemmt es mitunter noch.“ So gebe es beispielsweise Fonds, bei denen der negative und der positive Zielmarkt deckungs- gleich seien. Das ist natürlich problematisch. „Würden wir diese Angaben übernehmen, könnten wir den Fonds de facto nicht mehr vertreiben“, so Hammer. „Da hat ent- weder der Anbieter ein Feld falsch ausgefüllt, oder bei der Übertragung sind Fehler passiert. Das kommt insbeson- dere bei ausländischen Anbietern ohne großes Deutsch- landgeschäft vor, die in ihrem Heimatmarkt mit einem anderen Datenformat arbeiten.“ Inzwischen stellen fehlen- de oder falsche Daten immerhin kein Vertriebshindernis mehr da, meint Hammer. „Bei wichtigen Fonds arbeiten wir zum Teil mit eigenen Risikoszenarien und Zielmarkt- definitionen, damit unsere Haftungsdachpartner sie wei- terhin vertreiben können“, berichtet er.

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