FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2018
Werteverständnis übereinstimmt, stellt sich kaum jemand. Und wer nimmt schon die ein- zelnen Positionen eines Fonds auseinander? Also müssen Ihre Kundenberater viel Aufklärungsarbeit leisten? Wir haben es da etwas einfacher als die her- kömmlichen Banken. Wir sind sozusagen der reinrassige Bioladen. Wir bieten nur Produkte an, die unseren Nachhaltigkeitskriterien genü- gen und auch ein Siegel besitzen. In unseren Aktienfonds nehmen wir nur die Unterneh- men auf, die unseren Anforderungen gerecht werden. Auch bei der Anlage unserer Kun- dengelder berücksichtigen wir diese Kriterien. Auf der Anlageseite spielt das Thema Nachhaltigkeit bei Ihnen eine große Rolle. Wie sieht es im eigenen Unterneh- men aus? Wir bringen seit 2017 einen Nachhaltigkeits- bericht für unsere Bank heraus. So haben wir beispielsweise eine komplette Photovoltaikan- lage installiert und sind in Sachen der Strom- versorgung autark. Überschüssige Kapazitäten speisen wir ins Netz ein. Wir achten auch auf unseren Wasserhaushalt. Auch soziale The- men kommen bei uns nicht zu kurz. Als Ethikbank stellen Sie sich Ihrer sozialen Verantwortung. Bekommen das auch die Kundenbetreuer zu spüren? Wie steuern Sie Ihre Berater? Gibt es Einzel- oder Teamziele für die Kollegen im Vertrieb? Mir war gar nicht bewusst, wie wichtig dieses Thema für die Berater ist. Nach der Finanz- marktkrise hatten wir einen Tag der offenen Tür für zukünftige Berater und Beraterinnen veranstaltet. Wir rechneten mit rund zehn In- teressenten, es kamen aber über 90 Berater, die fast alle frustriert waren. Für uns gehört eine faire Beratung seit jeher zum Standard. Natürlich haben wir auch Gesamtbankziele, die wir der Bankenaufsicht kommunizieren müssen. Doch kein Berater hat bei uns Ein- zelziele. Dennoch gibt es auch bei uns eine Erwartungshaltung an die Mitarbeiter im Ver- trieb. Wir vereinbaren ein Aktivitätsniveau, dabei berücksichtigen wir das Kundenportfo- lio eines Beraters und seine persönliche Ent- wicklung. Wir haben keine Vertriebsaktionen im Sinne von „Heute müssen wir Fonds A und morgen Bausparverträge verkaufen“. Wie kommt Ihre Ausrichtung an? Ge- winnen Sie neue Kunden dazu? Das betreute Kundenvermögen wuchs von 2015 auf 2016 um knapp sieben Prozent. Auch im Wertpapiergeschäft wachsen wir deutlich. Da könnten wir viel mehr machen. Es ist bei uns jedoch eine Frage der Kapazi- täten. Und im Marketing sind wir finanziell nicht in der Lage, das Wetter vor den Nach- richten zu präsentieren oder großflächig Zei- tungsanzeigen zu schalten. Wir kommen eher durch Mund-zu-Mund-Propaganda an neue Kunden. Stichwort fehlende Kapazitäten: Viele kleinere Banken im genossenschaftlichen und öffentlich-rechtlichen Lager denken über Fusionen mit benachbarten Kredit- instituten nach. Ist das auch ein Thema für Ihre Bank? Eine Fusion ist kein Thema für uns. Für unse- re Gesellschafter ist es wichtig, dass wir solide arbeiten und keine unnötigen Risiken einge- hen. Es geht nicht um Wachstum um jeden Preis. Wir sind auch ein Fundraiser für die Steyler Missionare. Im Lauf der 50 Jahre un- seres Bestehens haben wir rund 100 Millionen Euro erwirtschaftet. Unterstützung erhalten wir auch vom genossenschaftlichen Banken- verband, der uns insbesondere beim Thema Mifid II beraten hat. Noch eine letzte Frage: Die Steyler Bank besitzt ein eigenes Stiftungszentrum. Was ist dessen Aufgabe? Dieser Bereich kümmert sich um die Grün- dung von Treuhandstiftungen. Durch unsere Gesellschafter besitzen wir Zugang zu ge- meinnützigen Projekten, als Bank bieten wir eine professionelle Vermögensverwaltung an, und gleichzeitig haben wir Kunden, die mit ihrem Geld dauerhaft – auch über ihr Ableben hinaus – etwas Gutes tun wollen. Deshalb ha- ben wir vor vielen Jahren das Treuhandmodell etabliert und die Steyler Bank Stiftung als ge- meinnützige, rechtsfähige Stiftung gegründet. Mittlerweile ist die Stiftung Treuhänder für über 200 Treuhandstiftungen. Die Treuhand- stiftung hat den Vorteil, die materiellen Dinge genau wie bei einer rechtsfähigen Stiftung ab- zubilden, aber viel weniger Kosten zu produ- zieren. Man bekommt jedes Jahr einen Report und kann bereits mit vergleichsweise geringen Beträgen Gutes tun. Vielen Dank für das Gespräch. MARCUS HIPPLER | FP bank & fonds I norber t wolf | steyler bank 300 www.fondsprofessionell.de | 1/2018 » Neben der normalen Geschäftstätigkeit fungiert die Bank auch als Fundraiser für die Mission. « Norbert Wolf, Steyler Bank Foto: © Cornelis Gollhardt Norbert Wolf: „Nach der Finanzmarktkrise hatten wir einen Tag der offenen Tür für zukünftige Berater veranstaltet. Wir rechneten mit rund zehn Interessenten, es kamen aber über 90 Berater, die fast alle frustriert waren.“
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