FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2018

335 www.fondsprofessionell.de | 1/2018 destens eine Angemessenheitsprüfung vorneh- men und sich nicht auf die in Paragraf 7c VVG enthaltene Ausnahme für nichtkomple- xe Policen berufen – auch wenn das den Ver- trieb vereinfachen würde. Die entsprechende EU-Verordnung listet in Artikel 16 zwar Kri- terien auf, die ein solches Produkt erfüllen muss, um als nicht komplex eingestuft zu werden. Die Aufsichtsbehörde diskutiert aber laut Kroll noch, auf welche deutschen Le- benspolicen diese zutreffen. Das IDD-Umsetzungsgesetz schreibt ferner vor, dass die Versicherer für jedes Produkt einen klar umrissenen Adressatenkreis be- schreiben müssen. Dazu gehört, dass sie einen geeigneten Vertriebskanal für die Produkte wählen müssen. Wie sie das genau machen sollen, gibt der Rechtsakt für den Zielmarkt vor. Für Vermittler sind die Details der Zielmarktbestimmung zwar uninteressant. Sie müssen aber Maßnahmen treffen, um sicher- zustellen, dass sie die Vorgaben der Versiche- rer entsprechend umsetzen. „Wer bisher schon korrekt gearbeitet hat und beispielsweise einer 80-Jährigen keine 40 Jahre laufende Lebens- police vermittelt, wird bei diesem Thema auch in Zukunft kein Problem haben“, meint Wirth dazu. Höhe der Provisionen Der für die meisten Vermittler sicher wich- tigste Passus des IDD-Gesetzes, bei dem sie momentan auf Sicht agieren, betrifft die Re- geln zur Vermeidung von Interessenkonflik- ten: Die Vergütungen dürfen laut dem neuen Paragraf 48 Versicherungsaufsichtsgesetz nicht derart gestaltet sein, dass sie ein Anreiz sind, dem Kunden ein ungeeignetes Produkt zu vermitteln. Details regelt das Bafin-Rund- schreiben. Im Entwurf heißt es: „ Ein Fehl- anreiz kann sich zunächst aus der Höhe der Provision für den einzelnen Vertragsabschluss ergeben. (…) Dabei ist als Teil der maßgeb- lichen Abschlussprovision auch eine an den bloßen Fortbestand des einzelnen Vertrags anknüpfende Bestandsprovision anzusehen .“ Präzise Angaben, ab welcher Höhe eine Pro- vision als zu hoch anzusehen ist, fehlen im Rundschreiben. Allerdings erwägt die Behör- de in dem Zusammenhang die Einführung von „Provisionsrichtwerten“ für Lebenspoli- cen. Was sie darunter versteht, ließ sie Ende 2017 durchblicken: Abschlusscourtagen bis 25 Promille sind in Ordnung. Provisionen zwischen 25 und 40 Promille stuft die Bafin als noch tragbar ein, während über 40 Promil- le nicht mehr im Kundeninteresse seien. Die Vorgaben zur Vermeidung von Inter- essenkonflikten wirken sich auch auf die Courtagevereinbarungen der Vermittler aus. Die Bafin weist selbst darauf hin, dass ihr Schreiben aufsichtsrechtlicher Natur ist. Die Behörde kann also nicht in die zivilrechtlichen Vereinbarungen zwischen Versicherer und Vertrieb eingreifen. Allerdings schreibt sie vor, dass Altverträge schnell angepasst werden müssen, soweit dies zivilrechtlich zulässig ist. „Seitens des Vertriebs sollte daher mit Blick auf vorgenommene Anpassungen der Versi- cherer zunächst geprüft werden, ob die Ver- triebsvereinbarungen eine sofortige Anpas- sungsmöglichkeit überhaupt rechtlich zulässig vorsehen“, rät Kroll. „Oder anders formuliert, ob es wirksame Anpassungsklauseln in den Verträgen gibt – und ob die vorgenommenen Änderungen tatsächlich den Vorgaben der Ba- fin im Einzelnen entsprechen“, so der Jurist. Pflicht zur Weiterbildung Aufgrund der fehlenden VersVermV sind ferner die Details für die Fort- und Weiterbil- dung noch nicht festgezurrt. Für sie müssen Vermittler in diesem Jahr voraussichtlich min- destens 12,5 Stunden investieren, ab 2019 dann 15 Stunden. Unklar ist unter anderem, wie der Lernerfolg kontrolliert werden soll. In der Diskussion waren Tests nach einer Prä- senzveranstaltung. Doch dieser Vorschlag ist wohl vom Tisch. „Es sieht so aus, dass es bei Präsenzseminaren statt einer Prüfung strikte Anwesenheitskontrollen geben wird“, so Wirth. Bei Online-Veranstaltungen müssen sich Vermittler aber voraussichtlich auf Tests einstellen. Allerdings sollten diese Ungewissheiten Maklern kein Kopfzerbrechen bereiten. AfW- Vorstand Frank Rottenbacher rät, sich einfach für jedes besuchte Seminar eine Teilnahme- bescheinigung gemäß VersVermV-E ausstel- len zu lassen. „Zudem sollte es für Makler und Mitarbeiter kein unüberwindbares Pro- blem sein, die vorgeschriebenen 12,5 Stunden notfalls in der zweiten Jahreshälfte zu leisten. Das entspricht letztlich nur zwei Stunden im Monat“, so Rottenbacher. Neue Erstinformation Offen ist auch noch, wie die Erstinforma- tion im Detail gestaltet sein soll, die ein Ver- mittler Kunden übergeben muss. Der Entwurf der VersVermV enthält in Paragraf 15 eine Fülle an Vorgaben, darunter die Frage, ob man gegen Provision oder Honorar berät und ver- mittelt. „Die Vermittler könnten sich schon auf die Umstellung vorbereiten und die be- reits bekannten Punkte aus dem Entwurf der VersVermV in ihre Erstinformation aufneh- men. Notwendig ist das jedoch noch nicht“, so Anwalt Wirth. Bleibt zu hoffen, dass die Verordnungen bald in Kraft treten – selbst wenn dann immer noch nicht alle Unklarheiten behoben sind. „Viele Punkte im Umsetzungsgesetz und den Verordnungen sind schwammig“, sagt Wirth. „Letztlich muss sich vieles in der Praxis klären.“ JENS BREDENBALS | FP Norman Wirth, AfW: „Viele Punkte im Umsetzungs- gesetz und den Verordnungen sind schwammig.“ Wann startet die VersVermV? Die Termine für den Start der Versicherungsvermittlungsverordnung (VersVermV) und des Bafin-Rundschreibens „Hinweise zum Versicherungsvertrieb“ standen bei Redaktionsschluss nicht fest. Die Aufsicht ließ sich auf Anfrage kein Datum entlocken. Ein Referentenentwurf der VersVermV liegt seit Oktober 2017 vor. Wegen der ver- zögerten Regierungsbildung existiert aber kein Kabinettsentwurf. Das federführende Bundeswirtschaftsministerium hat nur vage angekündigt, dass die Endfassung der Verordnung im Frühjahr vorliegen soll. Branchenkenner rechnen damit, dass der Text Ende März oder im April vom Bundeskabinett verabschiedet werden könnte. Dann muss er in den Bundestag . Das Parlament hatte sich einen Zustimmungsvorbehalt eingeräumt: Die Verordnung muss den Abgeord- neten vorgelegt werden, bevor sie verabschiedet wird. Der Bundestag hat vier Wochen Zeit, um sich zu äußern. Dann geht die Verordnung an den Bundesrat . Die Länderkammer wiederum möchte einen Text in der Regel sechs Wochen vor der Lesung im Haus haben. Daher ist es nicht unwahrscheinlich, dass die Verordnung erst im Sommer vorliegt.

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